Der 112-Millionen-Euro-Prozess zwischen dem Ex-UBS-Banker Andrea Orcel und der spanischen Bank Santander in Madrid ist mehrmals verschoben worden. Nun findet ein weiterer Anlauf statt – dabei könnten die Emotionen hoch gehen.

Am (heutigen) Mittwoch morgen ist es so weit: Nach zwei Anläufen findet im spanischen Madrid der Prozess zwischen dem ehemaligen Investmentbank-Chef der UBS und heutigen Unicredit-CEO Andrea Orcel und Santander statt. Während Orcel sich vertreten lassen kann, soll Santander-Präsidentin Ana Botin (Bild unten) als Zeugin auftreten. Ebenfalls geladen ist Axel Weber, Präsident der Schweizer Grossbank UBS.

Seit Generationen im Geschäft

Der Einsatz ist kolossal. Orcel, der bis 2018 die UBS als Chef der Investmentbank verliess, hat Santander auf 112 Millionen Euro verklagt. Dies, nachdem die Bank sich einseitig von ihm trennte, bevor er im Jahr 2019 seinen Job als deren neuer CEO antreten konnte. Der Prozess in Madrid dreht sich im Wesentlichen um die Frage, ob bereits ein Arbeitsvertrag bestanden hatte (sagt Orcel) – oder nur eine unverbindliche Übereinkunft (die Position von Santander).

Doch es geht auch um eine langjährige Beziehung, die in Brüche gegangen ist, und persönliche Verletzungen. So hatte der heute 58-jährige italienische Finanzprofi Orcel über Dekaden lang mit Santander zusammengearbeitet und noch mit Ana Botins Vater Emilio Investmentbank-Deals klargemacht. Als er 2019 als CEO bei der spanischen Grossbank antreten sollte, war es eine Art Heimkommen.

Botin 500

Bank Unicredit als verdrossene Dritte

Umso schmerzlicher für Orcel, als ihm der Chefposten bei Santander in einer beispiellosen Aktion entrissen wurde. Auch hatte er für seine Tochter bereits eine Schule in Madrid gefunden und war drauf und dran, dort eine Villa zu kaufen. Der Rechtsstreit mit Santander ist von beiden Seiten seither mit harten Bandagen geführt worden; Medienberichten zufolge soll es gar zu geheimen Abhöraktionen gekommen sein.

Gegenüber der Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) zeigte sich Santander nun zuversichtlich, bei der Nicht-Einstellung von Orcel rechtlich alles richtig gemacht zu haben.

Dass Orcel auch nach seiner letzten April erfolgten Wahl zum Chef der italienischen Grossbank Unicredit am heutigen Prozesstermin festhielt, spricht jedoch Bände. Bei seiner neuen Arbeitgeberin sieht man den Streit ungern; ebenfalls hat Unicredit klar gemacht,  Orcel keinesfalls für entgangene Boni bei der UBS zu entschädigen.

Ruf und Geld aufs Spiel gesetzt

Die UBS wiederum hält noch gesperrte Boni von über 50 Millionen Franken, die Orcel laut geltenden Regeln verliert, wenn er seinen Job bei einem Konkurrenten der Schweizer Grossbank annimmt. Santander soll Orcel einst versprochen haben, ihn beim Antritt mit 35 Millionen Euro für die entgangenen Boni zu entschädigen. UBS-Präsident Weber hat sich bereits unmissverständlich zum Thema geäussert: «Leave, lose» – verlasse die Bank, und du verlierst deine Boni, erklärte er letzten Januar an die Adresse des früheren Managers. 

Der Streit zwischen den einstigen Geschäftspartnern, die zu Feinden geworden sind, erscheint damit äusserst verfahren. Beide Seiten setzen nicht nur viel Geld, sondern auch ihren Ruf aufs Spiel. Eine aussergerichtliche Einigung wäre aus dieser Sicht die elegante Lösung: Eine solche steht beiden Parteien weiterhin offen. Der Entscheid des Gerichts wird «Bloomberg» zufolge Wochen, wenn nicht Monaten auf sich warten lassen – und kann erneut angefochten werden.

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