Die Asset-Management-Branche glänzt anhaltend mit hohen Gewinnmargen und Wachstum. Und doch gilt für die Industrie alles andere als «Business as usual», schreibt CFA-Chef Christian Dreyer auf finews.ch.

Die relativ junge Disziplin Asset Management hat in den letzten Jahrzehnten ein geradezu explosives Wachstum gezeigt. Ein Grund dafür ist die Finanztheorie, welche einen konzeptionellen und methodischen Rahmen für die Skalierung des Geschäfts liefert, indem dessen Fertigkeiten lehrbar wurden. Es ist kein Zufall, dass die Anzahl Kandidaten im CFA-Programm weltweit von 284 im Jahr 1963 auf weit über 200 000 im Jahr 2019 anstieg.

Ungeachtet dieser Erfolgsgeschichte ist es der Branche gelungen, eine durchschnittliche globale Betriebsgewinnmarge von satten 35 Prozent des Nettoumsatzes zu erzielen und zu halten.

Jeff Bezos: Wichtig ist, was Bestand hat

Natürlich macht die Digitalisierung vor dem Asset Management nicht halt. Manuelle Tätigkeiten werden mittels neuer Technologien laufend ersetzt. Doch das Geschäftsmodell als solches wurde nie wirklich in Frage gestellt.

Laut Jeff Bezos, dem Gründer des Online-Giganten Amazon, ist es wichtiger und interessanter zu fragen, was in zehn Jahren immer noch Bestand haben wird, als sich auf Veränderungen zu fokussieren. Denn auf diese Felsen in der Brandung kann eine Strategie aufgebaut werden.

Beständigkeit erwarten wir bei den folgenden drei Punkten:

  • Erfolgreiche Anlagestrategien werden durch Nachahmung zum günstigen Massenangebot. Damit wird ihr Alpha langsam aber sicher zum Beta.
  • Die Märkte entwickeln sich für gewöhnlich schneller als ihre intellektuelle Aufarbeitung, da die akademische Forschung meist Finanzfragen der Vergangenheit bearbeitet.
  • Jede erfolgreiche Investitionsstrategie stösst aufgrund beschränkter Marktkapazitäten irgendwann an ihre Grenzen.

Sowohl die Debatte um aktive und passive Anlagen als auch die jüngste Nachfrageexplosion nach ESG-Produkten fallen in diese letztere Kategorie. 

Dennoch setzt das Asset Management nach wie vor auf «Business as usual». Dabei untersteht das Asset Management selber den Triebkräften des Wandels. Hier sind die vier wichtigsten:

1. Blockchain

Im Zentrum steht die Tokenisierung von Wertpapieren und die Verschiebung der erwähnten Wertpapier-Wertschöpfungskette auf Blockchains. Die Auswirkungen auf das Geschäftsmodell wären enorm.

2. Künstliche Intelligenz und Big Data

Die Wahrheit ist: Die praktische Anwendung im Investment Management ist immer noch sehr begrenzt. Ein kürzlich veröffentlichter Bericht des CFA Institute («AI Pioneers in Investment Management») hat drei Einsatzbereiche von Künstlicher Intelligenz und Big Data identifiziert. Dies sind natürliche Sprachverarbeitung zur Analyse von Text, Bild- und Audiodaten, maschinelles Lernen zur Verbesserung von Algorithmen für Investmentprozesse und Künstliche Intelligenz zur Verarbeitung grosser Datenmengen. Es gibt jedoch bisher keine Anhaltspunkte, dass sie im Investment Management die menschliche Intelligenz, bzw. das Urteil von Anlagespezialisten verdrängen.

3. Gebührenmodelle

Das am weitesten verbreitete Vergütungsmodell im Asset Management, die in Basispunkten des verwalteten Vermögens denominierte Gebühr, ist über Kritik nicht erhaben. Es schafft einen Anreiz für die Asset Manager, ständig neue Vermögen anzuziehen, weniger aber, die Renditen für bestehende Anleger zu steigern. Anspruchsvolle Kunden verlangen zunehmend eine Kombination aus einer fixen nominalen Verwaltungsgebühr und einer leistungsabhängigen Performancegebühr.

4. Private und öffentliche Märkte

Das traditionelle Zusammenspiel zwischen den privaten Märkten als Inkubatoren für die kotierten Handelsplätze ist in letzter Zeit etwas durcheinander geraten. So haben viele kotierte Märkte damit begonnen, beispielsweise über Aktienrückkäufe Kapital an Investoren zurückzugeben. Demgegenüber bleiben nichtkotierte Unternehmen in der Regel viel länger privat als in der Vergangenheit. In Private Equity zu investieren, unterscheidet sich jedoch stark vom Anlegen in kotierten Märkten und erfordert andere Fähigkeiten.

Der Einsatz der Blockchain wird die wichtigsten Auswirkungen aufs Geschäftsmodell im Asset Management haben– sofern er branchenweit übernommen wird. Um wirksam zu sein, muss eine Blockchain aber auf gemeinsamer Infrastruktur aufbauen. Das heisst, die Akteure im Asset Management müssen entscheiden, ob sie weiterhin im Status quo konkurrieren oder beim Übergang zu einer neuen Infrastruktur kooperieren wollen.

Geschieht dies, würden auch die genannten Triebkräfte zwei bis vier direkt beeinflusst: Big Data durch die wesentlich höhere Dichte an verfügbaren Informationen, die Gebührenfrage durch neue Vergütungsmodelle, und der Bereich private und öffentliche Märkte durch die Verwischung der Grenzen zwischen kotierten und privaten Märkten.


Christian Dreyer ist seit April 2013 Geschäftsführer der CFA Society Switzerland. Seine Laufbahn begann er 1994 als Assistent des CEO bei der sanierungsbedürftigen Solothurner Kantonalbank. Im Jahr 2000 wurde Leiter des Investment Research bei der Basler Kantonalbank. Zuletzt arbeitete der gebürtige Basler als Executive Director für J.P. Morgan (Schweiz).

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.56%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.9%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.97%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.03%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.53%
pixel