Lange galt Singapur als Musterbeispiel für eine erfolgreiche Prävention in Sachen Coronavirus. Ein markanter Anstieg neuer Fälle in den vergangenen Wochen hat die Regierung nun aber dazu bewogen, ebenso drastische Massnahmen zu ergreifen wie in der Schweiz. Ein Augenschein in der Finanzmetropole.

finews.asia ist seit fünf Jahren mit einem Büro in der Finanzmetropole Singapur vertreten und hat auch in den vergangenen Wochen ununterbrochen über die Entwicklungen im Finanzsektor berichtet. Die Voraussetzungen dafür haben sich allerdings sukzessive verändert.

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Herrschte im vergangenen Februar noch eine Atmosphäre der Vorsicht und Vorkehrungen – man trug teilweise Gesichtsmasken und sprach bereits vom «Social Distancing», konnte sich vielerorts die Hände desinfizieren und beim Betreten von Gebäuden wurde einem die Temperatur gemessen – so hat sich der Alltag in dieser Woche dramatisch verändert.

Singapur hat in den Schlafmodus gewechselt, seit die Regierung um Premierminister Lee Hsien Loong den Lockdown beschlossen hat. Konkret spricht man von «Circuit Breaker Measures», die in etwa den weitreichenden Einschränkungen in der Schweiz entsprechen.

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Dank des hohen Lebensstandards in diesem Stadtstaat am Äquator verlief die Umstellung relativ reibungslos, zumal auch schon zahlreiche Unternehmen entsprechende Massnahmen im Februar 2020 getroffen hatten, wie auch finews.asia berichtete. Ausserdem dürften die Erfahrungen aus der SARS-Pandemie von 2003 geholfen haben, die neue Situation pragmatisch anzugehen.

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Dennoch mutet der Anblick, der sonst so bevölkerten und nun dermassen menschenleeren Strassen und öffentlichen Plätzen doch sehr Science-Fiction-mässig an. Die Schweizer Banken am Ort haben ihre Notfallpläne aktiviert und funktionieren weiter. Das bestätigt auch Damian Hitchen (Bild unten), CEO der Schweizer Online-Bank Swissquote, die erst im vergangenen Jahr ihre Tochtergesellschaft in Singapur eröffnet hatte.   

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Herr Hitchen, Singapur hat bei der Prävention von Covid-19 lange Zeit eine Vorreiterrolle übernommen. Ist die Abriegelung nun ein Rückschlag für diese Politik?

Meiner Meinung nach ist dies kein Rückschlag, und in der Tat war die Regierung Singapurs in ihrer bisherigen Covid-19-Politik beeindruckend klar, logisch und äusserst kommunikativ. Bei Swissquote unterstützen wir die entsprechenden Massnahmen, um das Virus einzudämmen.

Was macht Ihre Arbeit jetzt am schwierigsten?

Da Bank- und Finanzdienstleistungen als systemrelevante Dienstleistung eingestuft werden, können wir für Aufgaben, die sich nicht von zu Hause erledigen lassen, ins Büro gehen. Doch es ist unsere erklärte Absicht, so viel wie möglich vom Homeoffice zu machen.

Während ich dies sage, arbeiten 100 Prozent der Vollzeitbeschäftigten im Work-from-Home-Modus. Swissquote hat als Technologiebank schon seit einiger Zeit in Remote-Arbeitstools investiert. Deshalb können wir bei allen wichtigen Tools und Plattformen, die wir benötigen, von überall her zugreifen, als ob wir im Büro wären.

Wie kommunizieren Sie jetzt mit Ihren Kunden?

Hier gibt es keinen wesentlichen Unterschied zu vorher. Ob per Telefon (unsere Festnetzanschlüsse werden weitergeleitet), E-Mail, Bloomberg-Chat usw., wir sind mit den gleichen Kanälen verbunden wie zuvor. Es hilft unseren Kunden natürlich auch enorm, dass sie über unsere Plattformen einen direkten Marktzugang für den Handel haben und nicht wie bei traditionellen Modellen über einen Desk oder einen Kundenberater gehen müssen.

Wie lange können Sie in einer solchen Situation funktionieren?

Abgesehen von der Tatsache, dass wir uns als Arbeitskollegen nicht mehr physisch sehen, beunruhigt uns nichts. Verglichen mit unseren Ergebnissen für 2019 hat die Krise die Volatilität an den Märkten massiv erhöht, und unser Handelsvolumen ist entsprechend markant angestiegen.

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In nur zwei Monaten von 2020 haben wir mehr als 30 Prozent der Transaktionen ausgeführt, die wir im Gesamtjahr 2019 getätigt hatten. Unsere Systemstabilität erwies sich als absolut robust und funktionierte ohne wesentliche Ausfallzeiten. In vielerlei Hinsicht sind wir als digitale Bank eigentlich für diese Art von Markt-, Handels- und Remote-Arbeitsszenarien bestens gerüstet.

Denken Sie, dass der Finanzplatz Singapur aufgrund dieser Krise an Bedeutung verlieren wird?

Ganz und gar nicht. Covid-19 ist ein globales, kein lokales Singapur-Problem, und mit der Kombination der wesentlichen Dienstleistungen, die immer noch funktionsfähig sind, und der ausgezeichneten Kommunikation der Regierung von Singapur, die weltweit als führend angesehen wird, glaube ich, dass der Finanzplatz, sobald wir das Schlimmste überstanden haben und uns wieder auf normale Bedingungen zubewegen, im Vergleich zu anderen Finanzzentren profitieren wird.


Damian Hitchen stiess im Januar 2014 zu Swissquote, um die Expansionsstrategie der grössten Online-Banking- und Handelsplattform der Schweiz in den Nahen Osten und Asien zu beschleunigen. Bis 2019 baute er von Dubai aus eine B2C-B2B-Niederlassung auf. Im Juli 2019 übersiedelte er nach Singapur, um die neue Niederlassung von Swissquote zu leiten. Deren Fokus liegt auf professionellen und institutionellen Kunden wie unabhängigen Vermögensverwaltern, Versicherungen, Wertpapier-Brokern, Family Offices und regionalen Banken. Bevor Hitchen zu Swissquote kam, war er fast ein Jahrzehnt lang in leitenden Funktionen für den britischen HSBC-Konzern im Nahen Osten tätig.

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