Die Schweizerische Nationalbank ist zwar von der Blockchain-Technologie überzeugt. Ob digitale Währungen aber besser sind als Fiat-Geld, hält Notenbanker Thomas Moser nicht für erwiesen, wie er im Interview mit finews.ch erklärt.

Der erste Teil unseres exklusiven Interviews mit Thomas Moser ist am Dienstag erschienen. Darin spricht der angesehene Ökonom über die Entwicklung von Bitcoin und den Vorzügen und Schwächen der Blockchain. Der zweite Teil des Interviews dreht sich um die Frage der Einführung von digitalem Zentralbankgeld.


Herr Moser, im ersten Teil unseres Interviews haben Sie die Bedeutung der Innovation herausgestrichen. Auch ein digitaler Franken – ein E-Franken – wäre eine solche Innovation. Glauben Sie, dass Sie selber als Konsument einst einen E-Franken benutzen werden?

Ich möchte vorausschicken, dass die Nationalbank keine Pläne hat, einen solchen E-Franken für die Konsumenten einzuführen. Für die Schweiz sind wir zum Schluss gekommen, dass zurzeit die Risiken den Nutzen im Vergleich zu den bestehenden Systemen übersteigen. Aber aufgrund der Entwicklung zu immer mehr digitalen Instrumenten ist es sicher möglich, dass es mal so etwas wie einen E-Franken geben könnte, primär aber nur für Finanzinstitute.  

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Franken, den Sie mit einer Kreditkarte bezahlen und dem E-Franken?

Dies ist eben die gute Frage und sie ist der Grund, warum wir als Zentralbank überhaupt keinen Druck haben, einen E-Franken einzuführen. Der Nutzen des E-Frankens ist nicht so eindeutig. Konsumenten können heute sowohl mit den gängigen elektronischen Mitteln oder aber mit Bargeld bezahlen. Ein E-Franken, der von der SNB herausgegeben würde, wäre aber im Gegensatz zum digitalen Buchgeld der Finanzinstitute frei von Gegenpartei-Risiko.

Schweden arbeitet konkret an der Lancierung von elektronischen Kronen, warum nicht die SNB?

In Schweden ist die Situation insofern anders als in der Schweiz, als dass das Bargeld im Alltag am Verschwinden ist.

«Ein Vorteil von Bargeld ist, dass sie damit völlig anonym bezahlen können»

Je stärker die Konsumenten auf digitale Zahlungsmittel umstellen, desto eher kann die Frage aufkommen, ob es digitales Zentralbankengeld brauchen könnte. Bei uns ist das aber zurzeit kein Thema, weil das Bargeld in der Schweiz sehr verbreitet genutzt und als unverzichtbares Zahlungsmittel betrachtet wird.

Gibt es noch andere Gründe, warum die SNB eher zurückhaltend ist bezüglich eines E-Frankens?

In der Schweiz wird der Datenschutz und die Privatsphäre hochgehalten. Ein Vorteil von Bargeld ist, dass sie damit völlig anonym bezahlen können. Wenn sie dagegen digital bezahlen, dann fallen viele Daten an. Nicht nur finanzielle Daten, sondern auch Daten darüber, was sie kaufen und wo sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt aufhalten.

«Am schlimmsten wäre es, wenn eine solche Innovation technisch nicht funktionieren würde»

Bei der Einführung von digitalem Zentralbankgeld müsste natürlich immer auch diskutiert werden, welche Daten gesammelt werden, wie sie zu schützen sind, und wer Zugang zu welchen Daten erhält.

Einer der Trümpfe des Schweizerfrankens ist das absolute Vertrauen der Bevölkerung in diese Währung. Wie würde man Vertrauen in CBDC (Central Bank Digital Currency) schaffen?

Ich bin überzeugt, dass sich das Vertrauen in eine Zentralbank theoretisch auch auf eine digitale Währung übertragen würde. Wenn man der SNB vertraut, vertraut man auch darauf, dass die CBDC funktioniert. Klar, Vertrauen ist eine Funktion der Reputation, und Reputation ist akkumulierte Erfahrung aus der Vergangenheit. Darum wäre es wichtig, dass eine CBDC perfekt funktioniert, bevor sie lanciert wird. Am schlimmsten wäre es daher, wenn eine solche Innovation technisch nicht funktionieren würde oder wenn sie gar gehackt würde. Da würde dann Vertrauen verspielt. Darum wie gesagt: es gibt keinen Grund bei CBDC vorzupreschen.

Von aussen betrachtet war die SNB anfänglich eher zögerlich, was die CBDC betrifft. Warum war dies so?

Wir sind sehr stark an der Sicherheit der Finanzinfrastruktur interessiert. Neben den bereits genannten Gründen begrenzt auch dies unsere Experimentierfreude etwas. Wir wollen Innovation im Zahlungsverkehr zulassen, aber neue Konzepte und Produkte müssen sich zuerst bewähren.

«Der letzte Beweis, dass dieses neue System besser als das alte ist, steht nach wie vor aus»

Darum auch das Projekt «Helvetia», in dem wir die Möglichkeiten einer digitalen Währung für Zahlungen zwischen den Finanzmarktteilnehmern untersuchen. Was wir in der ersten Projektphase von «Helvetia» bewiesen haben, ist, dass man mit der DLT genau die gleichen Leistungen erbringen kann, wie mit der traditionellen Infrastruktur. Es funktioniert wunderbar – aber eben nicht viel besser. Andere Zentralbanken wie die Bank of Canada machten die gleichen Erfahrungen wie wir und der letzte Beweis, dass dieses neue System besser als das alte ist, steht nach wie vor aus.

Wie sieht es aus Sicht des Finanzplatzes aus?

Da müssen Sie die Finanzinstitute wohl direkt fragen. Denkbar ist aber, dass es für die Banken in gewissen Bereichen Effizienzvorteile ergeben können, etwa indem die Kaufabwicklung und Bewirtschaftung von Wertschriften vereinfacht wird. Man kann die Daten auf der Blockchain einfach teilen und Prozesse automatisieren. Ob diese Technologie auch wirklich zu den erhofften Effizienzgewinnen führt, muss sich sicherlich erst noch zeigen. Für uns ist es jedoch wichtig, die Auswirkungen dieses technologischen Wandels gut zu verstehen.  

Was erhoffen Sie sich vom zweiten Teil des Projektes «Helvetia»?

Wir werden die digitale Währung für den Finanzplatz so detailliert durcharbeiten und aufsetzen, dass wir theoretisch damit live gehen könnten. Dabei geht es noch um die letzte Meile auf beiden Seiten, also bei den Banken und auch bei uns.

«Wir sind unsererseits nicht unter Zugzwang»

Was wir zudem vertieft anschauen, ist, wie ein solches System im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr aussehen würde und welche weiteren rechtlichen Fragen geklärt sein müssen. Der Vorteil von «Helvetia» sind die Bedingungen, unter denen wir experimentieren. Da die digitale Börse SDX ihre Plattform noch in diesem Jahr lancieren möchte, können wir die CBDC in einer fast realen Umgebung testen. Dies unterscheidet unser Projekt von reinen Forschungsprojekten anderer Zentralbanken.

Aber man ist noch nicht so weit, dass man die CBDC implementieren könnte?

Nein. Für uns handelt es sich nur um eine Machbarkeitsstudie. Aus unserer Sicht laufen die Entwicklung der SDX und unser CBDC Projekt unabhängig voneinander. Die SDX braucht keine CBDC, um live zu gehen. Und wir sind unsererseits nicht unter Zugzwang, eine CBDC für Finanzinstitute zu lancieren.

Wieviel Ressourcen steckt die SNB in die Entwicklung von CBDC?

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.21%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.78%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.97%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.4%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.63%
pixel