Neuer Verbandskapitän will am Berufsbild der Anwälte arbeiten

Der auch politisch einflussreiche Schweizerische Anwaltsverband hat einen neuen Präsidenten gewählt. Der im Immaterialgüterrecht und Verbandswesen bewanderte Zürcher Wirtschaftsanwalt warnt davor, den ganzen Berufsstand «gesetzgeberisch unter den Generalverdacht zu stellen, kriminelle Tätigkeiten zu unterstützen». Er schlägt aber auch selbstkritische Töne an.

Der Schweizerische Anwaltsverband (SAV) hat einen neuen Präsidenten. Die Delegierten wählten vergangene Woche an ihrem alle zwei Jahre durchgeführten Fach- und Weiterbildungskongress (diesmal in Luzern) den bisherigen Vizepräsidenten Georg Rauber für die Periode 2025 bis 2027 ins Amt. Der Zürcher Wirtschaftsanwalt ersetzt den Solothurner Matthias Miescher.

Rauber will gemäss dem Communiqué «nach innen und nach aussen intensiv am Berufsbild arbeiten». Er war bereits bisher für die Modernisierung der berufsrechtlichen und berufsethischen Standesregeln der rund 13’000 SAV-Mitglieder verantwortlich.

Berufsrecht der Anwaltschaft als Schwerpunkt

Rauber leitete bei Homburger während über 15 Jahren das Praxisteam IP/IT und ist heute noch als Partner der Kanzlei tätig. Er unterstützt Transaktionen und vertritt Klienten in Prozessen und Schiedsverfahren bei der Durchsetzung und Lizenzierung von Immaterialgüterrechten, insbesondere von Software und Urheberrechten, in IT-Projekten und Outsourcing sowie in der Vermarktung von Sportanlässen. Einen seiner weiteren Schwerpunkte bildet das schweizerische und internationale Berufsrecht der Anwaltschaft. Rauber war bereits von 2007 bis 2012 Vorstandsmitglied und 2011 sowie 2012 Präsident des Zürcher Anwaltsverbands. 

«Der politische Druck auf das ganze Rechtswesen und so auch auf uns wird immer grösser», konstatiert Rauber. Eine Gelegenheit, um das Berufsbild nach aussen aufzuhellen, bietet für Rauber offenbar die aktuelle Gesetzesvorlage zur Stärkung der Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung in der Schweiz, ein Dossier, das er von seinem Vorgänger erbt.

Für Transparenzregister und «risikogerechte» Unterstellung unter Geldwäschereigesetz

Gemäss dem Communiqué unterstützt der SAV «mit aller Entschiedenheit die Einführung des Transparenzregisters und eine risikogerechte Unterstellung der Anwaltschaft unter die Sorgfaltspflichten des Geldwäschereigesetzes» und damit eine Stärkung des bestehenden Dispositivs gegen Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung. Rauber weist aber auch darauf hin, «dass bereits das geltende Recht und die strengen Standesregeln einen hohen Abwehrschutz bieten».

Er stört sich daran, wenn Anwälte «gesetzgeberisch unter den Generalverdacht gestellt werden, kriminelle Tätigkeiten zu unterstützen», fordert aber im Gegenzug seine Berufskollegen dazu auf, «sich nicht missbrauchen zu lassen». Und er übt auch noch mehr Selbstkritik, indem er seinen Berufsstand angesichts massiver technischer Veränderungen und politischer Umwälzungen als «zu reaktiv» bezeichnet.

Wichtige Stimme im Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene

Der SAV ist die nationale Berufsorganisation der freiberuflich tätigen Anwältinnen und Anwälte in der Schweiz. Der Verband setzt sich bereits seit 1898 für das Ansehen, die Rechte und die Interessen des Standes sowie für die Unabhängigkeit des Berufes ein. Alle Mitglieder der 24 kantonalen Anwaltsverbände sind auch Mitglieder des SAV.

«Darüber hinaus verschafft sich der SAV als offizielle Vertretung des schweizerischen Anwaltsstands im Gesetzgebungsverfahren des Bundes Gehör» – die Interessen der Branche gelten in Bundesbern allerdings bereits durch die grosse Anzahl der Parlamentarier mit dem entsprechenden beruflichen Hintergrund gemeinhin als ausreichend gesichert.