Die Investmentbank war über Jahrzehnte das heimliche Machtzentrum der Credit Suisse. Das gilt jetzt nicht mehr. Nun sollen die Könige von einst als Pfand für die Rettung der kriselnden Schweizer Grossbank genutzt werden – und trotzdem droht eine weitere Kapitalerhöhung.

Nein, die Investmentbank sei nun genug geschrumpft worden. Mit weniger als 60 Milliarden Franken an risikogewichteten Aktiven könne man dieses Geschäft schliesslich kaum betreiben.

Diese Aussage stammt vom Präsidenten der Credit Suisse (CS) – allerdings nicht vom aktuell amtierenden Axel Lehmann. Vielmehr war es Urs Rohner, der sich so gegenüber der «Schweiz am Wochenende» (Artikel bezahlpflichtig) verstieg. Das ist gerade mal drei Jahre her.

Seither hat die Sparte, damals noch das Machtzentrum innerhalb der zweitgrössten Bank der Schweiz, die schlechteste Rendite aller operativen Divisionen im Konzern eingespielt. Und dies, obschon die Investmentbank weiterhin 34 Prozent des Kapitals im Konzern bindet.

Einigermassen vage

Das ist eine Rechnung, die einfach nicht mehr aufgehen will. Im vergangenen Juli hatte die neue Führung der CS unter CEO Ulrich Körner durchblicken lassen, dass die Investmentbank durchaus nochmals geschrumpft werden könne. Körner schwebt ein kapitalschonendes, beratungsorientiertes Business vor. Dieses soll dem Kerngeschäft mit der Vermögensverwaltung zudienen.

Das ist einigermassen vage. Immer wieder musste die Grossbank seither wiederholen, dass sie sich erst Ende Oktober 2022 zu allfälligen Anpassungen der Unternehmensstrategie äussert.

Spekulationen schiessen ins Kraut

Dessen ungeachtet schiessen die Spekulationen nun ins Kraut wie selten zuvor. Die Agentur «Reuters» berichtete von Gesprächen der CS mit Investoren über eine milliardenschwere Kapitalerhöhung. Ebenfalls überlege man sich beim Institut, ganz oder teilweise aus dem US-Investmentbanking auszusteigen.

Letzteres dementierte die CS umgehend gegenüber finews.ch. «Die Credit Suisse verlässt den US-Markt nicht. Jede Berichterstattung, die etwas anderes suggeriert, ist kategorisch falsch und völlig unbegründet», erklärte eine Sprecherin.

Split in drei Teile

Ein recht präzises Bild dessen, was der CS-Investmentbank ab November blühen könnte, hatte zuvor die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) entworfen: Das klassische Beratungsgeschäft (Advisory) wird verschlankt und bereit für eine Abspaltung (Spinoff) gemacht.

Gleichzeitig sollen defizitäre oder allzu risikoreiche Assets in eine «Bad Bank» verlagert werden. Und für den Rest des Geschäfts würden Lösungen gefunden, heisst es.

Klassisches «Aufhübschen»

Das klingt nach klassischem «Aufhübschen», wie es im hiesigen Banking seit der Finanzkrise oft praktiziert wurde. Kurzum: Das gute Geschäft wird nach Kräften vom Schlechten getrennt. Insgesamt wird so eine Sparte in leichter zu handhabende Bestandteile aufgeteilt.

Das schafft neuen Spielraum, insbesondere, wenn das Ziel darin liegt, einzelne Bereiche zu verkaufen, entweder an Konkurrenten oder an die Börse. Bei der CS ist dies inzwischen nicht mehr von der Hand zu weisen.

Vordenker der Deutschen Bank

Bereits im vergangenen Juli hatte Körner erklärt, nach einer Lösung für das Business mit verbrieften Krediten (Securitized Products Group, SPG) zu suchen. Dabei handelt es sich um eine ebenso lukrative wie risikobefrachtete Einheit innerhalb der CS-Investmentbank. Der Wert von SPG wird auf bis zu 2,5 Milliarden Dollar geschätzt. Analysten der Deutschen Bank, die im vergangenen August einen mittlerweile viel zitieren Ausblick zur CS publiziert hatten, sehen aber noch weiteren Handlungsbedarf.

Sie rechnen in ihrem Report ausserdem mit dem Ausstieg aus dem Zinsen-Business und mit einem Umbau in den Bereichen Kredite und Ausleihungen an Finanzakteure.

Rund 4 Milliarden Franken fehlen

Mit der Veräusserung der SPG-Einheit und dem Abbau von Risiken in der Bilanz könne die CS beinahe die Finanzierungslücke stopfen, die sich bei der kriselnden Bank geöffnet hat, rechnen die Spezialisten der Deutschen Bank vor. Für die anstehenden Restruktierungen, die Wachstumspläne in der Vermögensverwaltung sowie für die Äufnung von Eigenkapital fehlten dem Institut bis zu 4 Milliarden Franken.

Das «Filetieren» der Investmentbank erscheint dabei weniger dornig als die nun wieder heiss diskutierte Kapitalerhöhung, um an die fehlenden Milliarden zu gelangen. Bereits im vergangenen Mai hatten Gerüchte über einen solchen Schritt die Aktionäre aufgescheucht. Am (gestrigen) Donnerstag fiel der Kurs der CS-Aktie nun auf ein Allzeittief.

Bloss keine hohle Hand machen

Denn die Eigner müssten mit einer nochmaligen Verwässerung ihrer sowieso schon stark geschrumpften Anteile rechnen. Laut «Financial Times» – und im Gegensatz zur Berichterstattung von «Reuters» – wolle es der CS-Verwaltungsrat tunlichst vermeiden, zum aktuellen CS-Aktienkurs von weniger als 5 Franken bei den Eigentümern die hohle Hand zu machen.

Je tiefer der Kurs, desto mehr neue Aktien braucht es, um die nötige Summe einzuspielen, und umso grösser ist die Verwässerung des bestehenden Aktionariats. Angesichts einer Börsenkapitalisierung von nur noch 13 Milliarden Franken wäre die Herausforderung enorm, auf diesem Weg 4 Milliarden Franken einzuspielen.

CS-Investmentbanker als Bauernopfer

Das ist aus den einst mächtigen CS-Investmentbankern geworden: Bauern, die zur Stabilisierung der Konzerns geopfert werden sollen. Dies ist weit entfernt vom Status der Könige, den sie in vergangenen Jahrzehnten zu geniessen schienen.

Bei der Grossbank sind inzwischen auch ganz andere Akteure am Zug. Statt den Investmentbankern Brady Dougan und Thomas Gottstein agieren mit CEO Körner sowie seinen beiden neu ernannten Adlaten Dixit Joshi und Francesca McDonagh erprobte Restrukturierer im Top-Management.

Diesmal ein Ernstfall?

«Wir glauben, dass es dem Management diesmal ernst damit ist, die Probleme im Investmentbanking anzupacken», schreiben die Analysten der Deutschen Bank. Diese Vorhersage könnte im kommenden Oktober tatsächlich eintreffen.

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