Wegen des Informationsvakuums rund um die Neuorganisation muss die Credit Suisse immer häufiger Schwelbrände löschen. Nicht nur Investoren fragen sich inzwischen, wie lange das noch gut gehen kann.

Das Warten auf die Pläne zur Neupositionierung der Credit Suisse, die auf den 27. Oktober angekündigt ist, lässt weiterhin viel Platz für Verunsicherung an den Märkten. Jüngstes Beispiel sind Meldungen, wonach die Schweizer Grossbank im Geschäft mit Aktienausleihungen vorübergehend Probleme hatte.

Einige Kunden hätten zeitweise keine Geschäfte mehr mit der CS tätigen wollen, berichtet die Nachrichtenagentur «Bloomberg» (Artikel kostenpflichtig). Deshalb sei die Bank gezwungen gewesen, einige Transaktionen rückgängig zu machen, wie sie Kunden im Geschäftsbereich mitgeteilt habe. Auswirkungen auf die Finanzierung der Credit Suisse habe es nicht gegeben, hiess es. Zudem haben sich die Abflüsse inzwischen wieder umgekehrt.

Misstrauen wächst

Bei Aktienleihen nimmt die Bank lediglich die Rolle eines Vermittlers mit begrenztem Risiko ein, der einen Anteil der Leihgebühr erhält. Bei der Credit Suisse ist das Geschäftsfeld in der Division Global Trading Solutions angesiedelt, einem Joint Venture zwischen der Investmentbank und dem Wealth Management.

Diese Episode führt einmal mehr vor Augen, wie gross die Nervosität ist und wie dringlich ein klarer Marschplan ist, um verlorenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Dabei geht es nicht nur um eine Beruhigung an den Märkten.

Verpuffende Durchhalteparolen

Vor mindestens ebenso vielen Rätseln stehen derzeit auch Kunden und Mitarbeiter. Dort ist das Unverständnis teilweise gross, dass die CS-Spitze glaubt, sie könne sich mit Durchhalteparolen zur Strategie begnügen und ihre Agenda gegen sich häufende Spekulationen an den Kapitalmärkten durchdrücken. Hinzu kommt, dass das Management auch beim operativen Tagesgeschäft keine gute Figur abgibt: Im zweiten Quartal hat mit Ausnahme des Schweizer Geschäfts keine Einheit einen ansehnlichen Gewinn erwirtschaftet.

Selbst wenn der Unmut übertrieben scheint: Auch das Geschäftsmodell von Banken basiert letztlich auf Vertrauen. Wenn es angeknackst ist, kann sich eine gefährliche Abwärtsspirale entwickeln. Deshalb fordern etwa Bankenanalysten, dass die CS die Kapitalrisiken rasch vom Tisch nimmt, einen soliden Umstrukturierungsplan vorlegt und auch das operative Geschäft wieder in den Griff bekommt.

Letzter Ausweg

Als gewichtige Vorteile kann die CS dabei ins Feld führen, dass sie mit einer Kernkapitalquote von zuletzt ausgewiesenen 13,5 Prozent im Vergleich zu anderen Banken noch sehr gut dasteht, ihre Bilanz gesund ist und sie über grosse Liquiditätspolster verfügt.

Fragezeichen gibt es hingegen zum Kapitalbedarf einer Restrukturierung. Der nahe bei einem Allzeittief notierende Aktienkurs bedeutet, dass die Ausgabe von neuen Aktien einen Grossteil des Wertes der bestehenden Aktien zunichte machen würde. Deshalb wird eine grosse Kapitalerhöhung von Experten in der jetzigen Aktienbaisse als letzten Ausweg gesehen, auch wenn damit ein echter Neuanfang möglich wäre.

Schmerzhafter Umbau

Der Verkauf von Anleihen gestaltet sich ebenfalls schwieriger, nachdem das Kreditrating der CS von Moody's im August um eine Stufe auf Baa2, die zweitniedrigste Stufe von Investment Grade, herabgestuft und mit einem negativen Ausblick versehen worden ist.

Gemäss Analysten von Citigroup könnten die Kosten, welche die Bank für die Aufnahme von Krediten zahlen muss, um rund 300 Millionen Dollar pro Jahr steigen. Ihrer Meinung nach ist eine Kapitalerhöhung jedoch keine ausgemachte Sache, weil die Grossbank ihre Umstrukturierung durch den Verkauf und die Aufgabe von Geschäftsbereichen finanzieren könnte.

Lehren von 2008

Schliesslich haben sich in den letzten Monaten die Aussichten für alle Banken in ganz Europa verschlechtert. Die Situation ist jedoch nicht mit der Finanzkrise von 2008 zu vergleichen, als im Verlauf einer allgemeinen Kernschmelze der ganze Finanzsektor arg durcheinandergewirbelt wurde.

In der Schweiz kommt erleichternd hinzu, dass die Finanzmarktaufsicht für systemrelevante Banken wie die UBS und die CS deutlich strenger geworden ist. Die verschärften Anforderungen an Kapitalpuffer gehen zurück auf die UBS, die im 2008 ein Opfer ihrer eigenen risikoreichen Expansionsstrategie auf dem amerikanischen Markt geworden war und Nothilfe vom Staat sowie der Schweizerischen Nationalbank beanspruchte. Doch auch die beste Risikoabwehr kann irgendwann an ihre Grenzen kommen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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