Die Digitalisierung verändert das Bankwesen nachhaltig. Dabei zeigt sich, dass die Preispolitik für digitale Angebote noch ganz am Anfang steht, wie Hans-Martin Kraus auf finews.first schreibt.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Digitale Angebote im Banking erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Dienstleistungen wie Online-Banking, Überweisungen, Daueraufträge oder Apps stellen die meisten Banken derzeit noch kostenfrei zur Verfügung.

Die Vorbilder für künftige Konzepte entstammen der Medienbranche und dem Einzelhandel, die in den kundenspezifischen Abrechnungsverfahren bereits etabliert sind. Dabei lassen sich vier Hebel für die zukünftige Preisgestaltung von Online-Dienstleistungen bei Banken identifizieren.

Hebel 1: Die Zahlungsbereitschaft der Kunden

Aus der digitalen Verlagswelt ist vielen Kunden die Variante des In-App-Purchases bereits bekannt. Der Kunde kann sich Premiumfunktionalitäten der (kostenfreien) App freischalten. Oftmals ist eine überschaubare Grundfunktionalität nicht mit Kosten verbunden.

Kunden werden jedoch animiert, weitere kostenpflichtige Features zuzuschalten. Viele Medienhäuser nutzen diese Preisgestaltung bereits für ihre Onlineangebote, bei denen kostenpflichtige Artikel längst zur Norm gehören. Eine intensive Nutzung der Onlineangebote könnte auch für Bankdienstleistungen in Zukunft kostenpflichtig sein.

Der kostenpflichtige App-Download, bei dem Kunden einen fixen Grundpreis für die App zahlen und nach dem Download sämtliche Funktionalitäten nutzen können, stellt die einfachste Methode zur Preisgestaltung dar.

Bis auf wenige Ausnahmen sind die digitalen Bank-Apps mit allen verfügbaren Funktionalitäten noch gänzlich kostenfrei.

Hebel 2: Abonnement oder Nutzgebühr

Digitale Abonnements sind durch Streamingdienste wie Spotify oder Netflix vielen Kunden längst geläufig. Durch die Zahlung eines bestimmten monatlichen Betrags könnten Bankkunden Zugang zu allen Digitalangeboten erhalten.

Denkbar ist aber auch eine Pay-per-Use-Abrechnung, bei der Kunden pro Nutzung einer bestimmten Funktionalität zahlen. So profitieren Share-Economy-Überflieger wie Airbnb oder Uber nutzungsabhängig von jeder Buchung.

Hebel 3: Kostenpflichtiges Buchen von Features

Auch der Kauf von Paketen oder einzelnen Features ist denkbar. Bei der Variante «Features als Paket» wird auf die einzelne Abrechnung von Dienstleistungen verzichtet. Ein Beispiel ist die GPS Navigations-App Scout.

Anstatt für einzelne Features (etwa pro Landkarte für ein Land, Blitzerwarnung, Verkehrsinfo) zu bezahlen, kann der Kunde ganze Pakete (Verkehr+Europa, Verkehr+Blitzer, Verkehr+Blitzer+alle Karten) kaufen. Diese Pakete sind natürlich günstiger als die einzelnen Leistungen.

Bei Zahlungen pro Feature erfolgt eine Einzelabbuchung. Es wird nicht nach Nutzung unterschieden, sondern nach einmaliger Inanspruchnahme.

Ein prominentes Beispiel ist der App Store von Apple. Der Kunde kauft jeweils immer nur ein Feature respektive eine App und damit eine bestimmte Funktionalität. Apple verdient anteilig an den kostenpflichtigen App-Verkäufen. Apple ist auch für die Aufnahme respektive Ablehnung im App Store verantwortlich.

Hebel 4: Freemium-Strategie

Beim Geschäftsmodell Freemium wird das Basisprodukt gratis angeboten, während das Vollprodukt und Erweiterungen (unter Anwendung von Hebel 1-3) kostenpflichtig sind.

Durch Gratisdienste wird ein grosser Kundenstamm gewonnen, dem gegen einen Aufpreis Zusatzleistungen oder eine erweiterte Version des Dienstes angeboten werden. Diverse Internetfirmen nutzen diese Strategie bereits.

Profitabilität zurückgewinnen

Die aufgezeigten Geschäftsmodelle stecken hierzulande noch in den Anfängen, stellen aber aufgrund der grösseren Transparenz und Fairness eine echte Ergänzung zu allgemeinen Kontoführungsgebühren dar.

Zwar werden schon vereinzelt Gebühren für Apps verlangt oder nutzungsabhängige Onlinestrategien implementiert. Insgesamt aber hat die Bankbranche vor dem Hintergrund der stetig dynamischer werdenden Digitalisierung eine echte Chance, mit neuen Preisstrategien verlorengegangene Profitabilität zurückzugewinnen.


Hans-Martin Kraus ist Head of Payments bei Capco. Zudem ist er Mitglied des deutschen und europäischen Executive Management Teams von Capco. Zuvor war er für die Deutsche Bank sowie für die Strategieberatungsfirma McKinsey tätig.


Bisherige Texte von: Rudi Bogni, Oliver Berger, Rolf Banz, Samuel Gerber, Werner Vogt, Walter Wittmann, Alfred Mettler, Robert Holzach, Craig Murray, David Zollinger, Arthur Bolliger, Beat Kappeler, Chris Rowe, Stefan Gerlach, Marc Lussy, Samuel Gerber, Nuno Fernandes, Beat Wittmann, Richard Egger, Didier Saint-Georges, Dieter Ruloff, Marco Bargel, Steve Hanke, Urs Schoettli, Maurice Pedergnana, Stefan Kreuzkamp, Oliver Bussmann, Michael Benz, Albert Steck, Andreas Britt, Martin Dahinden, Thomas Fedier, Alfred Mettler, Brigitte Strebel, Peter Hody, Mirjam Staub-Bisang, Guido Schilling, Adriano B. Lucatelli, Nicolas Roth, Thorsten Polleit, Kim Iskyan, Dan Steinbock, Stephen Dover, Denise Kenyon-Rouvinez, Christian Dreyer, Peter Kurer, Kinan Khadam-Al-Jame, Werner E. Rutsch, Robert Hemmi, Claude Baumann, Anton Affentranger, Yves Mirabaud, Katharina Bart und Frédéric Papp.

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