Credit-Suisse-CEO Tidjane Thiam fehlt nur noch wenig, um definitiv zu melden: alle Ziele erreicht. Doch gleichzeitig versteht es die Bank glänzend, Mittelmass als Meilensteine auszugeben.

Die Credit Suisse (CS) hat für ihr Jahresergebnis 2017 allerhand Applaus gekriegt: leicht bessere Ertragszahlen, knallharte Kostendisziplin sowie ein weitestgehend solid wachsendes Vermögensverwaltungsgeschäft fanden Zuspruch an der Börse. Die CS-Aktie stieg nach Bekanntgabe dieser Angaben signifikant und liesst den Knick von vergangener Woche fast vergessen machen – und dass die Grossbank den nunmehr dritten Jahresverlust in Folge erlitten hat.

CEO Tidjane Thiam darf sich zu Recht als Turnaround-Stratege präsentieren. Die CS steht im Vergleich zu 2015 deutlich schlanker, effizienter und vor allem stärker da. Thiam hat in den vergangenen zweieinhalb Jahren ein Mammut-Restrukturierungsprogramm durchgezogen, das zwar Tausende CS-Angestellte den Job kostete, die Bank aber fokussierter in ihren Aktivitäten auftreten lässt.

Leistungen in bestem Licht

Thiam gelang es, zehn Milliarden Franken an frischem Kapital von den Aktionären abzuholen und die Erträge entgegen dem allgemeinen Branchentrend zu steigern. Der französisch-ivorische Top-Manager versteht es indessen ausgezeichnet, seine Leistungen in bestem Licht zu präsentieren.

Dass die CS in strategisch relevanten Aktivitäten noch grössere Baustellen aufweist und von manchen Zielsetzungen meilenweit entfernt ist, erschliesst sich erst bei genauerem Hinsehen. Und das sind die Punkte, welche der CS in diesem Jahr noch einige Mühe bereiten werden:

1. Herkulesaufgabe für Thomas Gottstein

Rund 2,3 Milliarden Franken Vorsteuergewinn bis Ende 2018 – so lautet die Zielvorgabe Thiams an die Adresse von Thomas Gottstein, seines Zeichens Chef der Schweizer Einheit der Credit Suisse – kurz SUB.

Doch dieses Ziel gleicht einer Herkulesaufgabe mit Blick auf den jüngsten Zahlenkranz. Die Nettoerträge gingen ohne Bereinigungen teils deutlich zurück und auf adjustierter Basis liegen sie in etwa auf Vorjahreshöhe. Dennoch resultierte letztlich dank Auflösung von Rückstellungen und Restrukturierungskosten ein um 108 Millionen Franken höherer Vorsteuergewinn von gut 1,87 Milliarden Franken.

Über 420 Millionen Franken binnen eines Jahres einzusparen, ist somit wohl kaum zu schaffen. Gespart wurde indes nur wenig, trotz weniger Filialen und ein Abbauprogramm von 1'600 Stellen, wovon Gottstein im laufenden Jahr noch 300 streichen muss. Das Kosten-Ertrags-Verhältnis liegt mit 64 Prozent um zwei Prozentpunkte tiefer als im Vorjahr.

Rückläufig entwickelten sich indes die Nettoneugelder. Unter dem Strich sind über 9 Milliarden Franken abgeflossen. Dies war zur Hauptsache einem Rückzug einer grossen staatlichen Pensionskasse im 3. Quartal 2017 geschuldet. Die insgesamt verwalteten Kundengeldern bewegen sich in etwa auf Vorjahresniveau – auch dank den guten Börsen. Diese Stütze könnte Gottstein wegbrechen, sollte die seit Jahresbeginn aufgeflammte Nervosität an den Aktienmärkten weiterhin anhalten.

2. Der Wachstumsmarkt Asien irritiert

CEO Thiam richtete schon immer ein Augenmerk auf Asien, seit er in den 1980er-Jahren als Belohnung für seinen hervorragendes Universitätsabschluss sechs Monate in China verbringen durfte. Umso mehr muss es ihn nun gefuchst haben, dass ausgerechnet die Asien-Pazifik-Sparte 2017 hinter den Erwartungen zurückblieb – namentlich im Investmentbanking, wo sogar ein Vorsteuer-Verlust zu verbuchen war.

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