Singapur hat einen US-chinesischen Akademiker des Landes verwiesen. Dies nur kurz nachdem ein Zwist in der Familie des verstorbenen Gründervaters Lee Kuan Yew ausgebrochen ist.

Die Singapurer Behörden haben dem international angesehenen Politologen Huang Jing die permanente Aufenthaltserlaubnis entzogen. Dies aufgrund angeblich subversiver Tätigkeiten und der Einmischung in aussenpolitische Angelegenheiten, wie einem Statement vom Freitag zu entnehmen war. Der Bann gilt auch für Huang Jings Gattin Shirley Yang Xiuping.

Die Massnahme, die international bereits für einiges Aufsehen gesorgt hat, kommt mehrfach überraschend. Die merkwürdige Vorgehensweise, die zahlreiche Fragen offen lässt, ist alles andere als förderlich für die Glaubwürdigkeit Singapurs als Rechtsstaat.

Politische Talentschmiede

Ausserdem kommt die Ausweisung zu einem Zeitpunkt, da sich die Nachfahren von Staatsgründer Lee Kuan Yew einen wüsten Streit über Machtbefugnisse und die Verwaltung des Familienerbes liefern, wie finews.ch auch schon berichtete.

Der 60-jährige Huang Jing war bislang Professor an der angesehenen Lee Kuan Yew School of Public Policy, wo zahlreiche angehende Politiker und Diplomaten Asiens ihre akademische Ausbildung absolvieren. Aufgrund der erteilten Ausweisung hat die Hochschule Huang Jing bereits von seinem Posten abgesetzt und seinen Namen auch von der Website entfernt, was an Praktiken in totalitären Staaten erinnert.

Merkwürdige Vorwürfe

Die Singapurer Behörden werfen dem amerikanisch-chinesischen Doppelbürger vor, mit gezielten Informationen Politiker und Beamte des Landes beeinflusst und im Auftrag von einem anderen Staat gehandelt zu haben – wobei dieses Land nicht namentlich genannt wird. Vermutlich ist es China, zumal Hunang Jing gebürtiger Chinese ist sowie in Sichuan und Schanghai studiert hat.

Huang Jing gilt als profunder Kenner der politischen Beziehungen zwischen China und den USA, und hat auf höchstem Niveau immer wieder zwischen Ost und West vermittelt.

Bezug zur Schweiz

Einen Bezug zur Schweiz gibt es auch: Huang Jing sitzt im wissenschaftlichen Beirat der Stars Foundation, einer massgeblich von der UBS und dem Singapurer Staatsfonds GIC finanzierten Stiftung zur Förderung angehender Führungskräfte, die alljährlich Symposien in Stein am Rhein sowie in verschiedenen asiatischen Städten abhält. finews.asia ist Medienpartner einiger Veranstaltungen.

Für Huang Jing kommt das Ganze höchst überraschend und befremdend daher. Gegenüber der Hongkong Zeitung «South China Morning Post» erklärte er, der Vorwurf, dass er als ausländischer Spion agiere, sei absoluter Unsinn. Er werde juristischen Rat einholen und sich auch mit dem US-Konsulat in Verbindung setzen.

In Singapur zu Hause

«Meine Familie lebt hier, hier ist mein Zuhause, ich besitze Immobilien in Singapur. Wie können sie mich bloss so behandeln? Falls sie konkrete Anhaltspunkte haben, sollten sie mich vor Gericht bringen», sagte er weiter. Einen Termin für seine Ausreise hat er bis jetzt nicht erhalten. Einiges deutet darauf hin, dass er vermutlich beim Verlassen des Landes nicht mehr einreisen könnte.

Diese geradezu bizarre Angelegenheit folgt nur wenige Monate nachdem zwischen den drei erwachsenen Kindern von Staatsgründer Lee Kuan Yew ein heftiger und öffentlich ausgetragener Streit ausgebrochen ist. Via Facebook warfen Lee Hsien Yang und Lee Wei Ling ihrem Bruder Lee Hsien Loong vor, sein Amt als Premierminister für eigene Interessen zu missbrauchen und Vetternwirtschaft zu betreiben.

Öl ins Feuer gegossen

Anfang Juli kam es dann zu einer Anhörung im Parlament, bei der sich die beklagten Parteien darauf einigten, den Zwist familiär beizulegen. Neues Öl ins Feuer goss indessen Li Shengwu, ein Sohn Lee Hsien Yangs, der – ebenfalls via Facebook – die totalitären Züge der Regierung kritisierte und dabei auch angelsächsische Zeitungsartikel postete, welche die mangelnde Pressefreiheit in Singapur beklagen.

Das wiederum genügte, dass die Staatsanwalt eine Untersuchung gegen Li Shengwu eröffnete und von ihm eine Entschuldigung einforderte, die er bis zum 4. August hätte liefern sollen, was er jedoch nicht tat.

Reines Gift

Für Singapur, das seit seiner Gründung im Jahr 1965 stets grossen Wert auf die politische und wirtschaftliche Stabilität gesetzt hat, sind die jüngsten Ereignisse – und dazu ist auch der Geldwäschereiskandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB zu zählen – reines Gift, schaden sie doch dem über die vergangenen Jahrzehnte aufgebauten Wirtschaftsstandort und Finanzplatz; im übertragenen Sinn auch dem erreichten Wohlstand.

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