Berufsaussichten in der Finanzbranche: Dubai und Singapur rufen

In den vergangenen Jahren haben sich die Einschätzungen zu den Berufsaussichten in der Schweizer Finanzbranche markant verändert. Die Ergebnisse der seit 2012 jährlich durchgeführten Umfrage zeigen, dass die anfängliche Skepsis sukzessive einer wachsenden Zuversicht wich, bis 2023 eine neue Phase der Verunsicherung einsetzte. Wie präsentieren sich die Aussichten 2025?  

Die Stimmung auf dem Schweizer Finanzplatz hat sich 2025 «moderat stabilisiert». Doch die Ungewissheit hält an. Vor allem die geopolitischen Bedrohungen – insbesondere die Handelskonflikte der Grossmächte und die Unwägbarkeit der Trump-Administration – sowie die wachsende Gefahr von Cyberangriffen, der Margendruck und der zunehmende Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) dämpfen die Erwartungen. 

Ernüchterung beim Lohn

Im laufenden Jahr bewerten 44,0 Prozent der befragten Finanzfachleute die Aussichten als «gut/intakt», und immerhin 5,8 Prozent stufen sie als «sehr gut» ein. Demgegenüber halten sie 35,8 Prozent der Befragten für «mittelmässig», und 14,3 Prozent raten von einem beruflichen Einstieg in die Branche ab.

Ernüchterung macht sich auch beim Lohn bemerkbar: Mehr als jeder fünfte Umfrageteilnehmende (22,5 Prozent) hat in diesem Jahr keinen Bonus erhalten. Im Vorjahr waren es noch 19,5 Prozent gewesen. Bloss noch 7,7 Prozent (im Vorjahr: 14,4 Prozent) erhielten einen Bonus von mehr als 20 Prozent des Lohns; und bei 15,7 Prozent machte er mehr als 10 Prozent aus; vor Jahresfrist waren es noch 17,2 Prozent gewesen.

Künftig tiefere Boni

Unter diesen Prämissen gehen nur noch 2 Prozent der Beschäftigten in der Finanzbranche davon aus, dass die Boni und erfolgsabhängigen Vergütungen in den nächsten fünf Jahren «stark» steigen werden; im Vorjahr waren es noch 7,2 Prozent der Befragten gewesen; noch 11,6 Prozent gehen von «leicht» höheren Boni in den nächsten fünf Jahren aus; vor einem Jahr waren es noch 16,1 Prozent gewesen.

Das sind einige Erkenntnisse aus der 14. Online-Befragung zu den Berufsaussichten in der Schweizer Finanzbranche. Die repräsentative Erhebung bei insgesamt mehr als 1'100 Beschäftigten im Finanzsektor führten das Branchenportal finews.ch sowie das Swiss Finance Institute (SFI) und die Schweizer PR-Agentur Communicators in den vergangenen zwei Monaten durch.

Geschäftsbereiche mit den grössten Chancen

Für Hochschulabgänger und Berufseinsteiger bedeutet dies: Gemäss der Einschätzung der Umfrageteilnehmenden bleibt die Schweizer Finanzbranche attraktiv, aber Spezialisten in aufstrebenden Bereichen haben eindeutig bessere Karten. Zu den vielversprechendsten Geschäftsfeldern gehören:

  • Digital Banking & Fintech: Experten für AI-basierte Kunden-Interfaces, Blockchain und Cybersecurity stehen hoch im Kurs.
  • ESG & Sustainable Finance: Spezialisten für Green Bonds, Nachhaltigkeits-Reporting und Klimarisikomanagement sind gefragt.
  • Risk Management & Compliance: Angesichts verschärfter regulatorischer Rahmenbedingungen sind Fachkräfte für Anti-Geldwäschereigesetze, Datenschutz und Compliance-Systeme unverzichtbar.
  • Private Wealth & Asset Management: In Zeiten volatiler Märkte suchen vermögende Privatkunden nach individuellen Strategien – hier öffnet sich Raum für Portfolio-Manager und Finanzplaner mit fundiertem Fachwissen.

Gleichzeitig gilt: Wer in die Finanzbranche einsteigen will, sollte von Beginn an bereit sein, sich lebenslang weiterzubilden. Nur so lassen sich der rasante technologischen Wandel und die zunehmenden regulatorischen Anforderungen meistern. Wer die besten Chancen nutzen will, muss jung, flexibel (mobil), technologiebewusst und spezialisiert auftreten.

Aufstrebende Finanzplätze

Vor diesem Hintergrund eröffnen sich auch enorme Chancen auf ausländischen Finanzplätzen, wo die Schweizer Banken und Versicherungen zum Teil höchst prominent vertreten sind. Der Standort Zürich (mit 9,62 Prozent aller Nennungen) schlägt sich zwar noch recht gut und rangiert an dritter Stelle. Doch aufstrebende Zentren wie Singapur (32,9 Prozent) und Dubai (30,6 Prozent) sind für die Zukunft am aussichtsreichsten positioniert, wie die Umfrageergebnisse illustrieren.

Dadurch kommt es zu einer Verlagerung von Arbeitsplätzen weg von der Schweiz. Diese Entwicklung würde sich noch akzentuieren, sofern die Grossbank UBS ihren Hauptsitz oder einzelne Konzernbereiche ins Ausland verlegt.

Drei Branchentrends im laufenden Jahr

«Der Rückgang bei klassischen Bankstellen ist nachvollziehbar – getrieben durch Konsolidierung, Technologie und Effizienzprogramme», sagt Markus Bürgi, Chief Financial and Operating Officer des Swiss Finance Institute (SFI). «Umso wichtiger ist es, die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Bankensektors zu sichern – durch gut ausgebildete Fachkräfte, hohe Innovationskraft und ausgewogene regulatorische Rahmenbedingungen.» Mit Blick nach vorn konkretisieren sich drei Branchentrends:

  • Normalisierung der Zinssituation: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat 2025 keine weiteren Zinserhöhungen angekündigt, so dass sich die Refinanzierungskosten abflachen.
  • Digitalisierung und Fintech: Das Wachstum im Bereich Robo-Advisor, Digital Payments und Blockchain-basierter Services bringt neue Berufsfelder hervor.
  • Nachhaltige Finanzierungen: Green Bonds, Impact Investing und ESG-Ratings sind etabliert – sie gestalten sich aufgrund der regulatorischen Anforderungen immer komplexer.

An der diesjährigen Umfrage zu den Berufsaussichten in der Schweizer Finanzbranche beteiligten sich 1’139 Personen, davon 81,2 Prozent Männer und 15,9 Prozent Frauen; im Vorjahr betrug der Frauenanteil 20,9 Prozent. Keine Angaben machten 2,9 Prozent der Befragten. Davon waren 9,2 Prozent zwischen 20 und 30 Jahre alt, 29,4 Prozent zwischen 30 und 45 Jahre, 46,1 Prozent zwischen 45 und 60 Jahre sowie 15,3 Prozent über 60 Jahre. 34,9 Prozent der Befragten verfügen über einen Masterabschluss von einer Universität und 12,0 Prozent über einen Master einer Fachhochschule, während 11,6 Prozent eine Eidg. Höhere Fachprüfung haben. Die Umfrage findet seit 2012 jährlich statt.