Nach langem Zögern hat die Zürcher Bank Julius Bär aufgrund ihres missratenen Kreditengagements personelle Konsequenzen gezogen. Doch der Weg zur vollständigen Erholung ist noch lang und mit vielen Unwägbarkeiten gesäumt, findet finews.ch.

Ganze zwei Monate haben die obersten Verantwortlichen bei Julius Bär gebraucht, um sich zu einem Entscheid durchzuringen, der bereits Anfang Dezember 2023 eigentlich klar gewesen wäre: Dass nämlich CEO Philipp Rickenbacher als Chef der Zürcher Traditionsbank nach dem Kredit-Debakel mit der Signa-Holding nicht länger tragbar ist.

Natürlich muss ein Konzernchef nicht zwangsläufig zurücktreten, wenn in einem Unternehmen gröbere Probleme auftreten. Doch in dem Fall waren die Schwierigkeiten mit dem österreichischen Investor und Kunden René Benko so ausgestaltet, dass sie die Glaubwürdigkeit der Bank ernsthaft in Frage stellten.

Armutszeugnis für ein Traditionsinstitut

Denn ein Finanzinstitut kann sich nicht über Jahre als risikoaverses und entsprechend sicheres Unternehmen profilieren und gleichzeitig Kreditgeschäfte tätigen, die weit über die Usanz im klassischen Vermögensverwaltungs-Geschäft hinausgehen.

Doch genau das hat die Bank getan, indem sie für grosse Immobilien-Projekte Kredite gewährte und dabei erst noch mit der sich verändernden Datenlage nicht klar kam, wie Julius-Bär-Präsident Romeo Lacher am Donnerstag an einem Analysten-Call einräumte. Das Ganze ist ein Armutszeugnis für ein traditionsreiches Institut, das sich auf die Fahne schreibt, umsichtig und nachhaltig mit den Vermögen wohlhabender Personen und Familien umzugehen. 

Sagenhafte Vermessenheit

Doch offensichtlich überwogen in der Bank an der Zürcher Bahnhofstrasse 36 Gier und Hybris, also eine sagenhafte Vermessenheit, noch mehr Proft zu generieren: einmal als konservative Vermögensverwaltungsbank und dann noch als flinke Corporate-Finance-Boutique.

Die Annahme, dass die Bank im Signa-Debakel einfach auf Tauchstation gehen und sich so «durchwursteln» könnte, war von Anbeginn an illusorisch. Dies insbesondere, nachdem kurz zuvor die Credit Suisse (CS) so unmissverständlich gezeigt hatte, wie schlecht diese Option ist.

Reines Wunschdenken

Wie erinnerlich schaltete die krisengeschüttelte Grossbank im Sommer 2022 auf Funkstille und glaubte, an einem Investorentag im Oktober des gleichen Jahres wie ein Phönix aus der Asche aufsteigen zu können. Das blieb reines Wunschdenken, wie man inzwischen weiss.

Die Zeit bleibt nie stehen und noch weniger der Aktienkurs, der am Ende den Ausschlag gibt, ob ein CEO noch eine Zukunft hat oder nicht. Und im Fall von Julius Bär sprach der Preis der Aktie in den vergangenen Monaten eine klare Sprache: Der Kurs brach von 60 Franken auf 47 Franken ein.

Andere Prioritäten

Ein proaktiver Rücktritt Rickenbachers Ende 2023 hätte ein wichtiges Signal setzen können, damit es an der Börse früher zu einem Meinungsumschwung kommt und so der Schaden hätte kleiner gehalten werden können. Doch offenbar lagen bei Julius Bär die Prioritäten damals anders.

Nach dem (heutigen) Rücktritt Rickenbachers stieg der Kurs von 47 Franken auf über 51 Franken. Wie nachhaltig diese Erholung ist, muss sich aber noch weisen. Klar ist indessen, dass das Zürcher Traditionsinstitut mit seinem überdimensionierten Engagement im Kreditgeschäft einiges an Profil als Vermögensverwaltungs-Bank eingebüsst hat und in der Finanzbranche eher wieder als Übernahmeobjekt gehandelt werden dürfte.

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