Am morgigen Investorentag wird die Credit Suisse zu ihren Plänen im Fondsgeschäft informieren. Dort hat sich zuletzt eine Komplikation an die nächste gereiht. Gefragt ist nun der Ausbruch nach vorne.

Am Investorentag der Credit Suisse (CS) von morgen Dienstag hat auch Eric Varvel (Bild unten) einen Auftritt. Der Amerikaner, der seit gut vier Jahren das Asset Management der Grossbank (CSAM) anführt, wird zur «strategischen Überprüfung» informieren, die Bankchef Thomas Gottstein der Einheit vergangenen September verordnet hat.

Damit könnte der neue Kurs im Asset Management der zweitgrössten Schweizer Bank erstmals ersichtlich werden. Im Raum stehen zwei Fragen: Die erste geht nach der passenden Rechtsform, nachdem Profiinvestoren inzwischen immer lauter auf die Unabhängigkeit von Asset Managern drängen.

Wachstum statt Trennung

Eric Varvel 514

Zweitens muss die Bank entscheiden, wo sie operativ den Fokus legen will: Die aktuell 439 Milliarden Franken an von CSAM verwalteten Vermögen verteilen sich schwerpunktmässig auf so genannte Core-Investments rund um Indexfonds, Aktien, Anleihen und Immobilien sowie Multi-Asset-Vehikel. Rund 30 Prozent der Vermögen sind zudem in Alternativen Anlagen wie Hedgefonds, Privatmarkt-Positionen und Spezialitäten investiert.

Von heute auf morgen kann der neue Pfad nicht gelegt werden; es ist davon auszugehen, dass dieser frühestens in einem halben Jahr feststeht. Hingegen gibt es im Moment kaum Anzeichen darauf, dass sich die CS bald ganz von ihrem Fondsgeschäft trennt.

Sand in der Maschinerie

Plausibler erscheint, dass die Grossbank gerade in den skalierbaren Bereichen das Wachstum forciert. Die Kadenz ist seit dem Antritt Varvels hoch: In den vergangenen vier Jahren holte die Einheit rund 70 Milliarden Franken Neugeld herein, davon mehr als 9 Milliarden Franken im Corona-Jahr 2020.

Allerdings ist die CSAM-Maschinerie seit vergangenem Herbst – zumindest in der Aussenbetrachtung – ins Stottern geraten. Im Bereich der Alternativen Anlagen reihte sich Komplikation an Komplikation. Dieser Tage etwa meldete die Einheit die schrittweise Abwicklung zweier Rückversicherer an, die mit dem Kapital aus CS-Fonds geschäfteten. Das investierte Volumen: 1,4 Milliarden Franken.

Viertes Quartal belastet

Die Bank hegt nun die Hoffnung, dass dieses Geld in andere Finanzprodukte fliesst und damit nicht verloren ist. Dies im Gegensatz zur Wertberichtigung im Umfang von 450 Millionen Dollar, die CSAM vergangenen November auf einer Beteiligung am amerikanischen Hedgefonds-Investor York vornehmen musste. Der Abschreiber wird das vierte Quartal der Einheit belasten, nachdem das Asset Management bereits im dritten Jahresviertel einen Gewinneinbruch vermelden musste.
 
Längst nicht so teuer, aber ein Schlag fürs Prestige war die Fusion des Schweizer Quant-Startups Simag mit einer anderen CS-Fondsgesellschaft. Die Bank zog vergangenen Oktober die Konsequenzen, nachdem die von ETH-Professor Didier Sornette und Ex-UBS-Banker David Solo mitentwickelten Investment-Algorithmen vom Corona-Crash zerzaust worden waren.

Lange goldrichtig

Die drei Rückschläge haben auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun, sie spielten sich in jeweils völlig anderen Märkten ab. Gemeinsam ist ihnen die Zuordnung zum Bereich der Alternativen Anlagen und damit die Hinwendung zur Nische. Im von haussierenden Börsen und ultratiefen Zinsen geprägten Investment-Umfeld erwies sich das lange als goldrichtig: Die Nischenstrategien lockten viel Neugeld an und brachten der CS vergleichsweise hohe Margen ein.
 
Doch mit der Coronakirse und der zeitweise versiegenden Liquidität an den Finanzmärkten ist dieser Pfad plötzlich schwierig geworden. Den grossen Reibach machten in diesem Umfeld leicht handelbare Passiv-Produkte, etwa die börsengehandelten Indexfonds (ETF). Wichtige Anbieter wie die amerikanischen Fondshäuser Blackrock und Vanguard bauten ihre Marktmacht deshalb nochmals stark aus.
 
CSAM bietet zwar schon lange Indexprodukte an, ist aber erst letzten Februar wieder ins ETF-Business zurückgekehrt. Seither hat sie dort rund 4 Milliarden Franken angezogen.

Verflixte Verflechtung
 
Eine weitere Problematik, die erst in schwierigen Zeiten ersichtlich wird, ist die teils erhebliche Verflechtung im Geschäft mit Alternativen Anlagen. Eine Vielfalt von engen Beziehungen ist nötig, um die komplexen Produkte zu bauen und ans seltene Knowhow heranzukommen.

Im Falle der Supply-Chain-Fonds der CS, die wegen Investments der umstrittenen japanischen Technologie-Firma Softbank vergangenen Sommer für Schlagzeilen sorgten, glichen die Verflechtungen einem Wollknäuel. Softbank hat sich seither aus den Fonds zurückgezogen.
 
Die Kehrseite der Verflechtungen offenbarte sich auch im Fall von York. Die CS verdiente mit der Beteiligung an der Wall-Street-Firma offenbar gutes Geld. Auch das mag die Bank dazu bewogen haben, am Investment festzuhalten, als die Zeichen für York schon an der Wand standen.

Kreditvergabe mit Katar
 
Die Entscheidungen bei Simag und York zeigen, dass die Bank mit der Restrukturierungen der Alternativen Anlagen bereits begonnen hat. Ein Ausstieg aus dem Alternatives-Geschäft ist aber selbst nach den jüngsten Rückschlägen unwahrscheinlich.

Die Investments in Kredit-Derivate unter John Popp gelten als Flaggschiff-Produkte von CSAM. Unter Popp ist auch die neue Plattform für Firmenkredite angesiedelt, welche die Bank vergangenen Oktober zusammen mit dem Staatsfonds des Emirats Katar lancierte. Gerne vorgezeigt wird auch die Next-Strategie, die sich an Technologie-Startups beteiligt.

Derweil dürfte die CS in zwei weiteren Gebieten den Wachstumshebel umlegen wollen. In der Schweiz und Europa hat das Institut ein Fondsangebot aufgebaut, das sich skalieren lässt. Zu denken ist da etwa an die Themen-Aktienfonds zu Zukunfts-Technologien sowie an Immobilien- und Anleihenstrategien.

Aladdin und CSX

Hinzu kommt die Digitalisierung. Mehr als 350 Milliarden Franken an Fondsvermögen wurden mittlerweile auf die Technologie-Plattform Aladdin des US-Fondshauses Blackrocks gebracht. Dies erlaubt eine weitgehende Automatisierung und Vereinheitlichung der Prozesse. Was es CSAM wiederum erleichtert, Fondsangebote digital direkt an Privatanleger zu verkaufen; die Ende Oktober in der Schweiz lancierte Banking-App CSX ist dafür nur ein möglicher Kanal.

An Varianten, im Fondsgeschäft in die Offensive zu gehen, mangelt es der CS demnach keineswegs. Die Rücksetzer der letzten Monate haben jedoch eines verdeutlicht: Ein Spaziergang wird es fürs bis dato erfolgsverwöhnte Asset Management nicht werden.

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