Eric Varvel hat sich in seiner langen Karriere bei der Credit Suisse unentbehrlich gemacht. Nun könnte der riesige Abschreiber den Amerikaner zu Fall bringen.

In der Freizeit stemmt Eric Varvel Gewichte. Nun stellt sich die Frage, ob er auch die rund 450 Millionen Dollar schwere Wertberichtigung schultert, welche die Credit Suisse (CS) auf ihrer Beteiligung an der amerikanischen Investmentfirma York Capital Management vornehmen musste – ohne dabei selber einzuknicken.

Wie auch finews.ch berichtete, sieht sich die Grossbank zur Massnahme gezwungen, nachdem York-Gründer James «Jamie» Dinan beschlossen hatte, das Geschäft mit europäischen Hedgefonds abzuwickeln. Für die Bank hat das höchst unangenehme Auswirkungen: Die Eigenkapital-Quote wird geschmälert und der Abschreiber im vierten Quartal dem Asset Management belastet.

Jener Einheit also, deren globale Leitung Varvel 2016 übernommen hat und wo er die oberste Verantwortung trägt.

Für 425 Millionen Dollar eingestiegen

Der Einstieg bei York geschah dabei nicht unter seiner Ägide. 2010 hatte die Grossbank für 425 Millionen Dollar eine rund 30-prozentige Beteiligung an der Hedge-Fonds-Firma York Capital Management. Damals war lenkte Rob Shafir das Asset Management, der später vom ehemaligen Investmentbanker Bob Jain abgelöst wurde – wie Varvel ein ehemaliger Investmentbanker.

Sinnigerweise arbeitete York-Gründer Dinan in den 1980er-Jahren einst für die US-Investmentbank Donaldson, Lufkin & Jenrette – jener Investmentbank also, welche die CS im Jahr 2000 für über 11 Milliarden Dollar übernahm und auf deren Bilanzwert Ex-CS-Chef Tidjane Thiam 2016 einen höchst umstrittenen Milliarden-Abschreiber vornahm.

Strategische Prüfung

Im CS Asset Management kam es zuletzt schon aus geringerem Anlass zu Wechseln. Bei der Quant-Investmentfirma Simag etwa ist im Oktober nach herausfordernden Monaten der einstige Chef Christian Gast ausgeschieden; ebenfalls weg ist Präsident David Solo, ein bekannter Banker am Finanzplatz. In der CS-Mitteilung zu York war nun nicht von personellen Wechseln die Rede. Doch die Grösse des Abschreibers könnte genügen, um bis ganz zuoberst im Asset Management Köpfe rollen zu lassen. Auf Anfrage von finews.ch hin wollte sich die Bank dazu nicht äussern.

Dies umso mehr, als die Dinge bei der Einheit im Fluss sind: Thomas Gottstein, der seit letztem Februar als CEO der Grossbank amtet, will das Asset Management einer strategischen Prüfung unterziehen. Beobachtern zufolge könnte dies von einer Überarbeitung des Angebots bis zu einem Spin-off oder gar im Verkauf des Geschäfts resultieren.

Alternative Anlagen leiden

Mit dem Gewinneinbruch im dritten Quartal – der bereinigte Vorsteuergewinn sackte im Vorjahresvergleich um 72 Prozent auf 32 Millionen Franken ab – und dem nun bekanntgewordenen Abschreiber ist die Dringlichkeit einer solchen «Review» deutlich gestiegen.

Varvels Name steht dabei für die aktuelle und bislang durchaus erfolgreiche Strategie der Fondssparte: Indem sich die CS auf Boutiquen-Angebote konzentrierte, verzettelte sie sich in den letzten Jahren viel weniger als viele Konkurrenten. Doch in der Coronakrise gerieten viele Alternative Anlagen – Gewerbeimmobilien, Hedgefonds, Quants – ins Trudeln. Dies, während passive Breitenprodukte wie die börsengehandelten Indexfonds (ETF) nochmals viel mehr Geld anzogen. Die CS hat sich eben erst entschieden, wieder ETF anzubieten.

Beste Beziehungen zu Grossaktionären

Zusammengenommen könnte dies genügen, um Varvel für die CS entbehrlich zu machen. Bisher ist er dies gerade eben nicht: Seit 1990 bei der Bank, gehörte er 2008 bis Oktober 2014 der Geschäftsleitung an. In dieser Zeit hatte er leitende Funktionen inne, unter anderem als Chef der Investmentbank, Chef der Region Asien-Pazifik sowie CEO der Region Europa, Naher Osten und Afrika (Emea). Nach der Finanzkrise soll er seine gute Beziehungen zu Staatsfonds genutzt haben, um mit deren Millionen die Bilanz der CS zu stützen.

Mit der Berufung an die Spitze des Asset Managements vor vier Jahren erlebte er dann ein Comeback unter Ex-CS-Chef Thiam. Auch dessen Nachfolger Gottstein stützt sich auf den Amerikaner mit den intimen Kenntnissen der Bank und dem wertvollen Netzwerk zu Grossinvestoren. Fragt sich, wie lange noch.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.3%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.91%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.36%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.63%
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