In dem sich schnell wandelnden Umfeld haben unabhängige Vermögensverwalter mit einfachen Governance-Strukturen Vorteile, schreibt Benoit Barbereau auf finews.first.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Die Unabhängigkeit war schon immer das wichtigste Verkaufsargument für externe Vermögensverwalter (EVV). Dieses «Versprechen» fiel ihnen leicht, solange sie nicht zur Offenlegung ihrer Retrozessionen (Trailer Fees) verpflichtet waren, die sie häufig an Depotbanken und Produktplattformen band.

Die im Rahmen regulatorischer Änderungen nun geforderte Preistransparenz zwingt die EVV jedoch zu beweisen, wie unabhängig sie wirklich sind – was wiederum wohl das Ende der Retrozessionen bedeuten wird: Sie («die Retros») dürften durch Pauschalgebühren-Modelle ersetzt werden, die transparenter, aber insgesamt weniger lukrativ sind. Denn neben geringeren Erträgen werden höhere Kosten unumgänglich sein, vor allem angesichts der verschärften Kontrollen, die sicherstellen sollen, dass die Anlagen der Kunden dem jeweiligen Risikoprofil entsprechen.

«In der Schweiz gibt es derzeit ungefähr 2'500 externe Vermögensverwalter»

Vor diesem Hintergrund steht für viele Beobachter eine Konsolidierung in der EVV-Branche fest. In der Schweiz gibt es derzeit fast 2'500 solcher EVVs, von denen 80 Prozent weniger als 250 Millionen Franken verwalten. Der Aufbau von Skaleneffekten ist eine denkbare Strategie für diese Unternehmer, aber nicht die einzige. Sie könnten auch ihre eingangs erwähnte Unabhängigkeit sowie ihre Flexibilität als Wachstumstreiber vermehrt nützen.

Gerade dank ihrer Flexibilität können sich einige EVV einen technologischen Vorsprung verschaffen. Denn ihre vergleichsweise einfache IT-Architektur, die völlig unabhängig von den immer komplexeren Plattformen der Banken funktioniert, gibt ihnen die Möglichkeit, die digitale Revolution mit anzuführen. So haben sie die Fähigkeit, Partnerschaften mit denjenigen einzugehen, welche die innovativsten Fintech-Lösungen anbieten – in Bereichen wie digitale Kontoeröffnung, das Risikomanagement, konsolidiertes Reporting und die digitale Kommunikation –, um den schrumpfenden Margen entgegenwirken.

«Es gibt zwei Trends: Steuertransparenz und die digitale Revolution»

Technologieaffine EVV werden ihre Depotbanken nach solchen Fähigkeiten auswählen, insbesondere im Hinblick auf Transaktions-Konnektivität und Datenaustausch-Fähigkeit im weitesten Sinne. Vor diesem Hintergrund wären Banken gut beraten, sich jetzt schon Gedanken über diese Veränderungen zu machen.

In dem sich schnell wandelnden Umfeld haben EVV, die in der Regel über eine einfache Governance-Struktur verfügen, auch den Vorteil, dass sie ihre Strategie radikal und schnell ändern können. Diesbezüglich gibt es zwei Trends, die es ermöglichen, neue Geschäftsmodelle zu erproben – nämlich die Steuertransparenz und die digitale Revolution, einschliesslich der Blockchain-Technologie.

«Einige Vermögensverwalter werden das Potenzial der Blockchain-Wirtschaft nutzen»

Die Vermögensplanung und vor allem deren steuerliche Aspekte sind heute ein zentrales Anliegen der Kunden und damit auch der EVV. Die beweglichsten Vermögensverwalter werden darin eine Möglichkeit sehen, ihr Leistungsversprechen um traditionelle Family-Office-Dienstleistungen zu erweitern.

Gleichzeitig versuchen einige Schweizer EVV, das Potenzial der wachsenden Blockchain-Wirtschaft zu nutzen. Hilfe kommt dabei von der proaktiven Unterstützung dieses neuen Geschäftsfelds durch die Schweiz selber. Die agilsten EVV, von denen sich einige aktiv an den Diskussionen der Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden beteiligen, konnten bereits innovative Beratungsdienstleistungen rund um Kryptowährungen oder ICO (Initial Coin Offerings) entwickeln.

Durch die Zusammenarbeit mit Blockchain-Akteuren in allen Projektphasen erhoffen sich die EVV mittel- bis langfristig deutliche Ertragssynergien in ihrem traditionellen Vermögensverwaltungsgeschäft.

«Durch ihre organisatorische Effizienz sind sie konkurrenzlos flexibel»

Folglich sind Konsolidierung und Umstrukturierung – und die oft damit verbundenen Schwierigkeiten – nicht die einzigen Optionen für EVV, die mit Veränderungen konfrontiert sind. Durch ihr Geschäftsmodell und ihre organisatorische Effizienz sind sie konkurrenzlos flexibel und können Chancen nutzen, die sich aus solchen Veränderungen ergeben. Sie können so zu Treibern von Finanzinnovationen werden und diesen Weg gemeinsam mit jenen Bankpartnern gehen, die den Wunsch und die Flexibilität haben, Anpassungen vorzunehmen.


Benoit Barbereau ist Head of EAM & Wealth Management Services bei der Union Bancaire Privée in Genf.


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