Konflikte kosten viel Energie und belasten einem häufig über den Zeitpunkt des Konflikts hinaus, schreibt die Ex-Bankerin Claudia Kraaz in ihrem Essay für finews.first. Was kann man dagegen tun?


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


«Es gibt Studien, die zeigen, dass Führungskräfte bis zu 30 Prozent ihrer Zeit mit Konfliktklärung verbringen und dass 15 Prozent der Gesamtarbeit eines Unternehmens mit Konfliktbewältigung zu tun hat», sagt Ursula Wawrzinek, Konfliktberaterin und Autorin des Buches «Vom Umgang mit sturen Eseln und beleidigten Leberwürsten».

Mit meiner Erfahrung als Konflikt-Coach kann ich sagen: Wawrzinek hat Recht – und selbst wenn Sie keine Führungskraft sind, dürften Sie immer wieder mit Konflikten konfrontiert sein. Das Schwierige daran: Konflikte kosten meistens sehr viel Energie und belasten einem häufig über den Zeitpunkt des Konflikts hinaus.

Sie sind Energiefresser mit langer Halbwertszeit. Konflikt-Management ist immer Emotions-Management. Wie also manage ich die Emotionen meines Gegenübers und meine eigenen, um Konflikte möglichst zu vermeiden?

«Überlegen Sie sich auch, was eigentlich Ihr Motiv ist, wieso Sie eine Aussprache wollen»

Wenn Sie etwa mit einem Kollegen am Arbeitsplatz ein Thema ausdiskutieren möchten, wählen Sie dafür einen günstigen Zeitpunkt. Ihr Kollege darf nicht verärgert, gestresst oder in Zeitnot sein – und Sie selber auch nicht. Denn sonst braucht es nicht viel, bis der Dampfkochtopf explodiert.

Bevor Sie auf Ihren Gesprächspartner zugehen, überlegen Sie sich auch, was eigentlich Ihr Motiv ist, wieso Sie eine Aussprache wollen. Möchten Sie einfach etwas loswerden? Möchten Sie etwas klären? Oder wollen Sie Ihre Beziehung zu Ihrem Gesprächspartner verbessern? Letzteres wäre selbstverständlich das Ideale.

«Stellen Sie Fragen, anstatt zu behaupten»

Und diese Tipps gibt es für das effektive Gespräch, um möglichst einen Konflikt zu vermeiden:

  • Zeigen Sie Ihrem Gegenüber Wertschätzung. Jeder, wirklich jeder Mensch braucht Wertschätzung.
  • Geben Sie Feedback, anstatt Kritik zu üben – ein kleiner, aber wichtiger Unterschied in Ihrer Haltung und wie Sie Ihr Anliegen anbringen.
  • Seien Sie offen und ehrlich, ohne unhöflich zu sein.
  • Bleiben Sie bei den Fakten.
  • Gestehen Sie auch eigene Fehler ein und zeigen Sie, dass Sie über sich reflektieren können.
  • Kommunizieren Sie in Ich-Sätzen. Machen Sie keine Vorwürfe («Du hast…»), sondern erläutern Sie Ihrem Gegenüber, wie etwas bei Ihnen angekommen ist, was es bei Ihnen ausgelöst hat. Vielleicht war er sich dessen gar nicht bewusst. Denn wenn jemand A sagt, kommt nicht immer A beim Gesprächspartner an, sondern vielleicht B oder C.
  • Stellen Sie Fragen, anstatt zu behaupten. Damit zeigen Sie Interesse an seiner Perspektive, klären potenzielle Missverständnisse und heizen eine vielleicht gereizte Stimmung nicht noch weiter an.
  • Formulieren Sie Ihr Anliegen, wie Sie es tun würden, wenn Sie es an sich selber richten würden.
  • Beschränken Sie sich auf das eine Thema, für dessen Besprechung Sie sich getroffen haben, und vermeiden Sie Pauschalvorwürfe (Stichwort: «immer»).
  • Schieben Sie einen Konflikt nicht vor sich her. Wenn Sie eine inhaltliche Differenz nicht klären können, und diese nicht gleich ansprechen, wird die Differenz in Ihrer Wahrnehmung immer grösser; und Ihr Ärger auch.

Ratsam ist auch, die Palette des nicht-aggressiven Verhaltens einzusetzen: Stimmen Sie Ihrem Gegenüber selektiv zu: «In diesem Bereich gebe ich Ihnen Recht…». Das stimmt das Gegenüber milde, wodurch er eher bereit ist, einen Kompromiss zu finden. Lassen Sie offen, was Sie über etwas denken: «Ich habe gehört, was Sie gesagt haben…» oder «Und weiter?». Der Andere fühlt sich wahrgenommen, ohne dass Sie offen legen, was Sie davon halten.

«Stimmen Sie Ihrem Gegenüber selektiv zu»

Paraphrasieren Sie: «Sie haben gesagt, dass…». Wenn Ihr Gegenüber etwas Anderes gemeint hat, kann er widersprechen, so dass es zu keinen Missverständnissen kommt. Sie können das Gesagte auch umdeuten: «Ich verstehe Ihre Bemerkung so, dass…». Auch hier kann Ihr Gesprächspartner Ihnen sagen, ob Sie das Gleiche verstanden haben, wie er gemeint hat.

Aber nicht nur das Gesagte ist wichtig bei einem Konflikt. Auch die Körpersprache hat einen grossen Einfluss, wie etwas bei Ihrem Gegenüber ankommt. Achten Sie deshalb auf:

  • Die Offenheit Ihrer Haltung
  • Ihre Mimik
  • Ihre Gestik
  • Ihren Tonfall
  • Die Kongruenz: Stimmen Inhalt und Körpersprache überein?
  • Ihr Verhalten im Raum: Bewegen Sie sich weg von Ihrem Gegenüber oder auf Ihn zu?
  • Haben Sie Blickkontakt?

Vergessen Sie nie: Ihr Gesprächspartner nimmt alles wahr – bewusst oder unbewusst. Und seine Interpretationen des Gesagten und Gesehenen haben einen Einfluss auf seine Emotionen und dadurch auf seine Reaktionen.


Mit ihrem Unternehmen «Stress and Balance» ist Claudia Kraaz seit gut dreieinhalb Jahren selbständig. Sie ist als Führungs- und Stress-Coach tätig und gibt Vorträge und Workshops zu den Themen Resilienz, Stress und Burnout. Zuvor war sie während 13 Jahren in leitenden Funktionen in der Unternehmenskommunikation tätig, unter anderem bei der Zurich Insurance Group, der Swica Gesundheitsorganisation sowie bei der Zürcher Privatbank Vontobel. Als stellvertretende Kommunikationschefin der Credit Suisse und weltweite Medienchefin war sie mehrere Jahre für die Beratung des damaligen Konzernchefs Oswald Grübel und anderer Spitzenleute verantwortlich und hat selber 50 Mitarbeitende geführt.


Bisherige Texte von: Rudi BogniOliver BergerRolf BanzSamuel GerberWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Andreas BrittMartin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Thorsten PolleitKim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard GuerdatDidier Saint-GeorgesMario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. LucatelliKatharina BartMaya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco MartinelliBeat WittmannThomas SutterTom KingWerner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Michel Longhini, Frédéric Papp, Claudia Kraaz, James Syme, Peter Hody, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Ralph Ebert, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Michael A. WeltiPeter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Claude Baumann und Sandro Occhilupo.
 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.69%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.58%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.14%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.05%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel