Die Baloise-Versicherungsgruppe befeuert mitten in der Gründerszene Berlins ein Startup und macht damit ausgerechnet dem eigenen Geschäft Konkurrenz. Warum?

Es geht hektisch zu und hier in diesen Tagen bei Friday (geschrieben Fri:Day). Die Mitarbeiter dieses deutschen Startups sind damit beschäftigt, Autoversicherungs-Policen für das nächste Jahr zu verlängern. Gleichzeitig sollen sie neue Kunden anwerben. Es eilt, denn am 30. November endet die Konkurrenzschlacht in der Autoassekuranz. Bis dann können die meisten Versicherten in Deutschland kündigen und einen neuen Vertrag für 2019 abschliessen.

Friday ist ein Jungunternehmen in Berlin-Mitte und zugleich ein ehrgeiziges Vorhaben der Schweizer Baloise Group. Entstanden ist es aus der Idee, eine vollständig internetbasierte Autoversicherung zu entwickeln. Im Rahmen ihrer Digitalisierungs-Strategie stellte die Baloise dabei zunächst einzelne Mitarbeiter frei, die während einiger Monate ein solches Projekt ausarbeiteten und dabei feststellten, ob überhaupt Potenzial dafür besteht.

Gründer-Gen in der Familie

Christoph Samwer 523

Das war offensichtlich der Fall, so dass Friday im Februar 2017 unter der Leitung des früheren McKinsey-Beraters und Gründers der Crowdlending-Plattform Lendico Christoph Samwer (Bild oben) aus der Taufe gehoben wurde.

Um den Unternehmen den grösstmöglichen Gestaltungsfreiraum zu gewähren, operiert es unabhängig von der vor 155 Jahren gegründeten Baloise-Gruppe, dafür unter einer Lizenz der luxemburgischen Baloise-Tochter – um den EU-Pass zu haben. Samwer wiederum ist ein Cousin der Gebrüder Marc, Oliver und Alexander Samwer, die als Internet-Unternehmer mit Zalando oder Rocket Internet bereits Milliarden gescheffelt haben. Das Gründer-Gen liegt offenbar in der Familie.

Versicherungen sollen etwas Emotionales werden

Von Anfang an galt für Friday die Devise: Versicherungen dürfen kein «Schmerzprodukt» sein, wie es Marketing- und Contentchef Lukas Jaworski im Gespräch mit finews.ch formuliert. Sondern Versicherungen sollen etwas Emotionales, etwas positiv Besetztes sein, wie der Freitag vor einem freien Wochenende.

Gleichzeitig soll Friday gemäss Eigenwerbung ein Produkt sein, das «zu erschwinglich fairen Preisen verständlich rüberkommt».

Ein Cent pro Kilometer

Friday 502

Unter diesen Prämissen lancierte Friday im März 2017 seine Autoversicherung, die es nur online gibt, für die man nur soviel bezahlt, wie man fährt, und die Police monatlich kündbar ist. «Unsere Tarife beginnen bei einem Cent pro Kilometer», frohlockt Firmenchef Samwer im Gespräch. Bei Vertragsabschluss nennt der Friday-Kunde seinen Kilometerstand und schätzt seine Fahrleistung. Auf dieser Grundlage evaluiert Friday in weniger als zwei Minuten die Prämie.

An Ende des versicherten Zeitraums berechnet Friday aufgrund von verschiedenen Angaben den Kilometerstand und gleicht ihn mit der bezahlten Police ab. Noch weiter geht die Zusammenarbeit mit dem deutschen Autohersteller BMW, bei der die Fahrzeugdaten über eine App direkt dem Versicherer freigegeben werden. «Weitere solche Kooperationen sind geplant», sagt Samwer.

Vor dem Fernseher

Beworben wird das Angebot vor allem über TV-Werbung – in der Hoffnung, dass die Zuschauer noch vor dem Fernseher ihr Smartphone zücken und eine neue Police abschliessen. Die monatliche Kündbarkeit ist dabei eher ein Marketing-Gag, der die potenziellen Kunden schneller dazu bringen soll, sich auf eine neue Versicherung einzulassen. Letztlich hat auch Friday kein Interesse, dass die Kunden schon nach wenigen Monaten wieder abspringen.

Mit Friday konkurrenziert die Baloise ihr eigenes Autoversicherungs-Geschäft in Deutschland. Die Muttergesellschaft nimmt das jedoch in Kauf, um gleichzeitig zu erkunden, was in der Digitalisierung der Assekuranz alles möglich ist, wie Baloise-CEO Gert De Winter erklärt. Der Anfangserfolg von Friday lässt aufhorchen: 2017 schloss das Startup 15'000 Policen ab. Dieses Jahr will man diese Kennzahl klar übertreffen, wie Jaworski betont. Um dereinst die Gewinnschwelle zu erreichen, benötigt Friday allerdings 100'000 Policen.

Enorm unter Druck

Bis dahin ist es also noch ein langer Weg, insbesondere in Deutschland, wo der Markt der Autoversicherungen extrem hart umkämpft ist. Friday kann zwar mit der Schützenhilfe der Baloise operieren, – die Mutter soll offenbar 45 Millionen Euro in das Startup investiert haben –, steht gleichzeitig aber unter einem enormen Leistungsdruck, will es in einigen Jahren mit seinen mittlerweile schon 50 Beschäftigten schwarze Zahlen schreiben. 

Darum sind noch mehr «Innovationen» gefragt. So hat das Startup unlängst einen Zusatzfahrer-Schutz lanciert, der es erlaubt, ein Auto tageweise jemandem auszuleihen. Damit richtet sich Friday an die «Sharing-Generation» – und an Pfennigfuchser.

Klimaneutral Auto fahren

Ausserdem können umweltbewusste Versicherungsteilnehmer nun mit einem Aufpreis von rund 10 Prozent ihrer Police ihre CO2-Fahrzeugemission kompensieren – und fahren sozusagen klimaneutral. Dieses Angebot entwickelte Friday zusammen mit dem Schweizer ETH-Spinoff Myclimate.

Damit kann sich das Jungunternehmen sicherlich von der Konkurrenz differenzieren, doch der Wettbewerb ist hart. Neben traditionellen Grossanbietern wie die Allianz oder HUK-Coburg (HUK24) tummeln sich mittlerweile noch andere «Jungversicherer» im Markt, wie Nexible (Ergo-Gruppe), Coya oder Emil (in Koooeration mit den Gothaer Versicherungen). 

 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.62%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.56%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.21%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.13%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.48%
pixel