«Alle Banken sollten kleinere oder mittlere Krisen aus eigener Kraft bewältigen können»

Generell gilt, dass die seit 2010 eingeführten Regeln von Basel III (mit deutlich höheren Anforderungen an Eigenmittel und Liquidität) wie auch die seit der Finanzkrise markant gesunkenen Interbankverflechtungen die Krisenresistenz der Banken und des Bankensystems klar erhöht haben. Die Antwort auf die Frage muss im Einzelnen aber differenziert werden:

1. Alle Banken sollten kleinere oder mittlere, institutsbezogene Krisen aus eigener Kraft bewältigen können. Verwaltungsrat und Geschäftsleitung sind gefordert, Strategie, Risikopolitik und Governance ihrer Bank entsprechend zu anzupassen.

2. Falls eine einzelne, nicht systemrelevante Bank von einer existenziellen Krise betroffen würde, kämen zuerst eine Sanierung oder eine Übernahme durch eine andere Bank in Frage. Wäre dies nicht möglich, müsste die Bank aus dem Markt ausscheiden. Das Bankensystem sollte dies aber verkraften.

3. Die Krisenresistenz systemrelevanter Banken soll primär durch erhöhte Eigenmittelpuffer sichergestellt werden. Wäre eine solche Bank trotzdem in ihrer Existenz gefährdet und eine Sanierung (insbesondere ein «bail-in») nicht möglich, kämen die für diesen Fall erstellten Notfallpläne zur Anwendung. Damit müsste sichergestellt werden, dass die Bank die für die schweizerische Kundschaft und Wirtschaft grundlegenden Dienstleistungen (Kontoführung, Zahlungsverkehr, Kreditversorgung) weiterhin erbringen kann.

«In diesem Fall wäre der Staat gefordert»

Die systemrelevanten Banken müssen dafür spezielle Eigenmittel halten («gone-concern capital»). Die nicht systemrelevanten Teile der Bank würden liquidiert. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) steht hier in der Pflicht, sie hat den von jeder systemrelevanten Bank zu erstellenden jährlich zu aktualisierenden Notfallplan zu genehmigen und eine allfällige Umsetzung eng zu überwachen. Zu beachten ist ausserdem, dass die Zielanforderungen für die Eigenmittel erst ab Ende 2019 (unter Berücksichtigung der neuen Berechnungsmethoden für die risikogewichteten Aktiven erst ab 2027) erfüllt werden müssen.

Die Notfallpläne müssen ab 2020 operativ sein. Zumindest während der Übergangsfristen kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass sich der Staat und damit der Steuerzahler finanziell engagieren müsste, um einen Zusammenbruch zu vermeiden.

4. Falls nicht einzelne Banken, sondern das Bankensystem als Ganzes von einer grossen Krise betroffen wäre, könnte dies seine Widerstandskraft übersteigen. In diesem Fall wäre der Staat gefordert, um einen Systemzusammenbruch und die damit verbundenen volkswirtschaftlichen Schäden zu vermeiden.

Insgesamt gilt, dass die Schweizer Banken und ihr Bankensystem dank der neuen Regulierung deutlich krisenresistenter geworden sind. Ein Vorbehalt ist anzubringen. Kein noch so durchdachtes Regelwerk ist garantiert krisenfest. Rechtliche Vorschriften orientieren sich zudem primär an vergangenen Krisen. Ob sie auch zukünftigen Herausforderungen (Cyberwar, Kryptowährungen, Schattenbanken) gewachsen sind, bleibt offen.


Armin Jans war bis 2014 Professor für Volkswirtschaftslehre an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur; Bankrat der Schweizerischen Nationalbank von 1999 bis 2011 sowie der Zuger Kantonalbank von 2003 bis 2014. Er ist Mitherausgeber des kürzlich im NZZ-Verlag erschienenen Buches: «Krisenfeste Schweizer Banken? Die Regulierung von Eigenmitteln, Liquidität und Too big to fail».


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