Viereinhalb Wochen sind es noch bis zum Investorentag am 27. Oktober 2022. Es fragt sich, wie weit die Credit Suisse ihren Entwurf einer Reorganisation bis dahin noch vertraulich halten kann. Vielleicht reicht ihr diese Zeit, um sich endlich bewusst zu werden, dass eine Zukunft bloss noch als echte Schweizer Bank realistisch ist.

Die zweitgrösste Bank der Schweiz hat in der vergangenen Woche knapp 20 Prozent an Wert an der Börse eingebüsst. Das ist zweifellos eine bedenkliche und bis jetzt nie gesehene Entwicklung. Die Credit Suisse (CS) ist mit einem Kurs pro Aktie von 4 Franken gerade noch 11 Milliarden Franken am Markt wert.

Dass die CS tiefgreifende Probleme hat, ist hinlänglich bekannt. Die Frage ist eher, wie sie – falls überhaupt – wieder aus diesen Debakel herauskommt.

Unter dem Radar

Bisher hat sie keinerlei Hinweise dafür geliefert, dass sie dies mittelfristig schaffen könnte. Vielmehr will sie am 27. Oktober 2022 eine neue Strategie präsentieren, die Abhilfe schaffen soll. Das ist, bis dahin, noch eine lange Zeit. Umso mehr spriessen nun Gerüchte und Spekulationen ins Kraut, die zweifelsohne einen hohen Unterhaltungswert haben, aber gleichzeitig der CS enorm schaden, wie es der fallende Aktienkurs illustriert.

In ihrer Naivität – man kann es nicht anders bezeichnen – gingen die CS-Oberen davon aus, dass sie bis zum 27. Oktober 2022 sozusagen unter dem Radar werkeln könnten. Doch das erwies sich als Illusion. Seit Tagen kolportieren angelsächsische Medien, was auf den obersten Chefetagen der CS diskutiert wird. Und – nochmals naiv – meinte die CS, sie könnte diese Spekulationen mit wiederkehrenden Dementis elegant unter den Teppich kehren.

Plötzlich Gegensteuer

Doch gerade diese Strategie führte dazu, dass sich die Gerüchte mehrten – dass die CS im Investmentbanking die alte Marke «First Boston» reanimierten möchte, dass die Investment Bank dreigeteilt werden soll, dass sie die Möglichkeiten einer Kapitalerhöhung eruiere, oder dass sie nun alles daran setze, die Marke CS – was auch immer das heissen mag – in den Vordergrund stellen wolle, um aus all den Problem herauszukommen.

Ging die CS anfänglich davon aus, dass sie sich angesichts dieser vielen Spekulationen ohne Kommentare schadlos halten konnte, musste sie sehr schnell einsehen, dass dies unmöglich ist. Umso entschlossener gab sie – entgegen ihren ursprünglichen Prinzipien – dann Gegensteuer, indem sie beispielsweise einen Ausstieg aus dem US-Markt klar dementierte.

Heikle Situation einer Getriebenen

Damit mutiert die CS von einer Taktgeberin zu einer Getriebenen, die unter dem Druck äusserer Ereignisse reagieren muss. Das bringt sie in eine heikle Situation, um in rund fünf Wochen noch souverän eine neue und überzeugende Strategie zu präsentieren. Denn einfacher wird es gewiss nicht.

In dem ganzen Gemenge zeigt sich zudem deutlich, dass die Informationslecks, die umgehend zu Schlagzeilen in den Medien führten, stets ihren Ursprung in der angelsächsischen Welt hatten. Mit anderen Worten: Leitmedien, wie die «Financial Times» oder die «New York Times» sowie die Nachrichtenagenturen «Bloomberg» und «Reuters» sind immer an der Quelle vertraulicher Informationen.

Das wiederum lässt nur einen Schluss zu: dass es britische und amerikanische Top-Manager der CS sind, die es weniger genau mit der Loyalität zur Firma nehmen, und die Medien – aus welchen Gründen auch immer – regelmässig alimentieren.

Zukunft bloss noch als echte Schweizer Bank

Damit rächt sich einmal mehr die US-Schlagseite der CS, was schon oft für Probleme gesorgt hatte. Mehr noch: Vor dem Hintergrund, dass die CS tatsächlich eine Kapitalerhöhungen vornehmen will, und dafür vor allem US-Investoren – welche die nötige Mittel haben – anpeilt, erstaunt es nicht, dass die Schweizer Grossbank in der vergangenen Woche mit gezielten Indiskretionen – von offenbar gut informierten Personen – destabilisiert wurde. Ihr Börsenwert ist eingebrochen, was den Einstiegspreis für neue Investoren bloss attraktiver macht.

Ganze viereinhalb Wochen sind es noch bis zum Investorentag am 27. Oktober 2022. Es fragt sich, wie weit die CS ihren Entwurf einer Reorganisation bis dahin noch vertraulich halten kann. Vielleicht reicht ihr diese Zeit, um sich endlich bewusst zu werden, dass eine Zukunft bloss noch als echte Schweizer Bank realistisch ist.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.55%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.53%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.27%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.11%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel