Vieles spreche dafür, die geltenden Anlagerichtlinien des BVG zu lockern und Pensionskassen zu mehr Flexibilität zu ermuntern, findet Mirjam Staub-Bisang in ihrem Beitrag exklusiv für finews.ch.

Der Ausstieg des Versicherer Axa aus dem BVG-Vollversicherungs-Geschäft stellt derzeit über 40'000 Schweizer Unternehmer vor die Frage, wie sie künftig ihre zweite Säule aufstellen möchten. Der zweitgrösste Schweizer KMU-Versicherer offeriert seinen Kunden in Zukunft nur noch teilautonome Lösungen, konkret den Anschluss an eine neu zu gründende Sammelstiftung. Für die Kunden attraktiver, für die Versicherung lukrativer.

Von Vollversicherungen unterscheiden sich Sammelstiftungen stark bezüglich Risiko, Kosten und Leistungen. Unternehmen, die weiterhin vollversichert bleiben und vor allem das Anlagerisiko nicht selbst tragen wollen, werden Unterschlupf bei den wenigen verbleibenden Anbietern suchen müssen.

«Das BVG-Geschäft ist für gewinnorientierte Versicherer unattraktiv geworden »

Diese halten nach eigenen Aussagen am BVG-Geschäft fest, zeichnen Neugeschäft jedoch nur selektiv. Denn das BVG-Geschäft ist trotz hohen Prämien für gewinnorientierte Versicherer sehr unattraktiv geworden: Steigende Lebenserwartung, hohe gesetzliche Altersrenten und regulatorisch stark eingeschränkte Anlagemöglichkeiten im anhaltenden Tiefzinsumfeld erschweren die Erwirtschaftung eine befriedigende Eigenkapitalrendite für gewinnorientierte Aktionäre ungemein.

Entsprechend werden die Versicherten mit dem Minimum abgespiesen: Mehr als die gesetzliche Mindestverzinsung liegt für die Versicherten nicht drin.

Wechseln die Versicherten zu Sammelstiftungen, tragen sie zwar das Anlagerisiko, dürfen aber langfristig mit einer wesentlich höheren Verzinsung rechnen. Dies da teilautonome Vorsorgeeinrichtungen regulatorisch weniger eingeschränkt sind und mit dem langfristig anvertrauten Sparkapital erheblich höhere Erträge erwirtschaften können.

«Unter den rund 100 Schweizer Sammelstiftungen gibt es grosse Unterschiede»

Die resultierende Differenz in der Verzinsung beträgt je nach Sammeleinrichtung und Anlagestrategie deutlich über ein Prozent pro Jahr im Vergleich zu Vollversicherungen. Bei einer Verzinsung über die Zeitdauer der aktiven Berufstätigkeit fällt das sehr ins Gewicht.

Gemäss dem Präsidenten des Verbandes Inter-Pension der unabhängigen Pensionskassen, können diese finanziellen Unterschiede bei vierzig Jahren Alterssparen rund ein Drittel des Vorsorgekapitals und damit der auszuzahlenden Rente im Zeitpunkt der Pensionierung ausmachen.

Auch unter den rund 100 Schweizer Sammelstiftungen gibt es grosse Unterschiede hinsichtlich Anlagestrategie, Verzinsung und Kosten, aber vor allem auch bezüglich ihrer Unabhängigkeit und möglichen damit verbundenen Interessenskonflikten.

«Überschüsse kommen ausschliesslich den Destinatären zugute»

Wird eine Sammeleinrichtung von einem gewinnorientierten Unternehmen betrieben, sei es wie beispielsweise die Axa, Zurich oder die Swiss Life börsenkotiert oder privat gehalten, sind die finanziellen Interessen der Aktionäre zu bedienen und Erträge respektive Gewinne abzuführen.

In der Regel erfolgt dies über Verwaltungs- und/oder Vermögensverwaltungsgebühren, die die Sammelstiftung zum Beispiel an den Versicherer bezahlt. Im Gegensatz dazu arbeiten vollständig unabhängige Sammeleinrichtungen wie die ASGA, Publica oder Profond frei von Interessenskonflikten ausschliesslich für ihre Versicherten. Überschüsse aus dem Geschäft kommen ausschliesslich ihren Destinatären zugute.

«Diese Rendite kann nur mit Aktien, Immobilien und alternativen Anlagen erzielt werden»

Für die Höhe der Verzinsung allerdings, ist langfristig der stärkste Einflussfaktor die Anlagestrategie der jeweiligen Kasse. Denn diese legt die Basis für die Verzinsung des Vorsorgekapitals der Versicherten. Das aktuelle Tiefzinsumfeld ist herausfordernd, vermeintlich sichere Obligationen liefern die erforderliche Rendite nicht.

Diese kann nur mit Aktien, Immobilien und alternativen Anlagen erzielt werden, was wiederum eine gesunde Versichertenstruktur und einen langen Anlagehorizont voraussetzt, damit die Volatilität getragen werden kann.

Nicht überraschend spielt Profond, eine der grössten unabhängigen Sammelstiftungen, mit einer auf Realwertanlagen ausgerichteten Anlagestrategie, bei Pensionskassen-Vergleichen punkto langfristiger Performance und Verzinsung regelmässig ganz vorne mit: Über 80 Prozent des Vermögens sind in Aktien und Immobilien angelegt, weniger als 10 Prozent in Obligationen.

«Das wäre im Interesse der Destinatäre»

Das zahlte sich für die Versicherten aus. Seit ihre Gründung vor 26 Jahren verzinst Profond überdurchschnittlich, nämlich im Schnitt 4,2 Prozent pro Jahr respektive im Schnitt 1,3 Prozent über dem BVG-Mindestzinssatz. Vieles spricht dafür, die geltenden Anlagerichtlinien des BVG zu lockern und Pensionskassen zu mehr Flexibilität im herrschenden Tiefzinsumfeld zu ermuntern. Im Interesse ihrer Destinatäre.


Mirjam Staub-Bisang ist Präsidentin des Stiftungsrats der Profond Sammelstiftung. Ausserdem ist sie Mitgründerin und CEO der Independent Capital Group, einem Asset-Management-Unternehmen mit Fokus auf nachhaltige Wertschriften- und Immobilienanlagen. Sie ist ebenfalls Verwaltungsrätin der Bellevue Group, und der INSEAD in Fontainebleau/Singapur.

 

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