Staaten können zudem einem qualitativ vorsichtigen Anleger nicht gewährleisten, dass die zur Verfügung gestellten Mittel verantwortungsbewusst und nachhaltig eingesetzt werden. Dazu fehlen die primitivsten Führungsinformationssysteme – eine zweckmässige Organisation, eine hinreichende Governance und insbesondere eine unabhängige effektive Aufsicht. Bei Unternehmen sind die Führungsinformations-, Rapportierungs- und Planungssysteme aufeinander abgestimmt, in sich konsistent und logisch. Dies ist bei Staaten auch nicht der Fall.

«Die staatlichen Führungs-Informationssysteme sind um Lichtjahre schlechter»

Die staatliche Führung und Planung baut weitgehend auf der «Cash-Methode» auf, einer Milchmädchenrechnung, die keine Bilanz und keine periodenabgegrenzte Erfolgsrechnung kennt, die keinen Unterschied zwischen Ausgaben und Investments macht, bei der Schulden und Verkäufe von Vermögenswerten als Einnahmen gelten und Kapitalkosten ignoriert werden.

Mit anderen Worten, die Führungs-Informationssysteme beim Staat sind um Lichtjahre schlechter als beim schlechtesten Börsenkonzern der Welt. Es fehlen die wichtigsten Entscheidungsgrundlagen für gute Entscheide.

Einem gewissenhaften Investor ist es zudem wichtig, dass in grossen und komplexen Organisationen Verantwortlichkeiten mit einer zeitgemässen Governance geregelt werden. Staaten sind für die Ewigkeit installierte Non-Profit-Genossenschaften, die vom Bürger – als «Principal» – als oberste Instanz geleitet werden, an welchen jeder Bürger nur einen Anteil hat, und die strategisch und operativ von Politik und Verwaltung treuhänderisch als «Agenten» geführt werden.

«Die Regierung amtet in vielen Fällen ohne hinreichende Qualifikation»

Die Zusammenarbeit von Parlament, Regierung und Verwaltung als «Kette von Agenten» genügt dem Anspruch einer zeitgemässen Governance allerdings nicht, was zu Lasten der Accountability geht. Parlamente sind viel zu operativ tätig, die Regierung amtet meist ohne hinreichende Qualifikation als strategisches und operatives Leitungsgremium, und in der Verwaltung sind keine operativ verantwortlichen Konzernleitungen eingesetzt.

Jedes Ministerium arbeitet als Kammer mit unzähligen Ämtern vor sich hin, was unter anderem dazu führt, dass keine Gesamtsicht erfolgt, Gemeinkosten nicht umverteilt werden und damit der Staat in den meisten Fällen sich im naiven Glauben wähnt, kompetitiv mit Privaten zu sein, zumindest da wo Wettbewerb herrscht. Dies ist völliger Unsinn, wenn man seine Teilkosten (ohne Gemein- und Kapitalkosten) mit den Vollkosten von Privaten vergleicht.

«Bei den meisten Staaten ist die Aufsicht nur auf dem Papier unabhängig»

Eine gute Governance zeichnet sich auch durch eine unabhängige Aufsicht aus. Bei den meisten Staaten ist die Aufsicht aber nur auf dem Papier unabhängig und meist so knapp dotiert, dass es bestenfalls zu Stichproben reicht, nicht aber zu einer leistungsfähigen Kontrolle und Überwachung.

Nachhaltigkeitsgurus werden irgendwann zum Beispiel auch Klima- oder Menschenrechts-Themen in ihre Analysen einbeziehen. Soweit möchte ich hier nicht gehen, sondern lediglich feststellen, dass aus meiner Sicht Staatsanleihen in einem Portfolio nichts verloren haben – selbst dann nicht, wenn sie besser rentierten.


Philipp Weckherlin gründete 2003 zusammen mit Markus P. Hepp die Firma CE Asset Management, die im Juli 2017 mit der Firma Hérens Partners fusionierte. Seither firmiert das Unternehmen als Hérens Quality Asset Management und gilt als Pionier im Bereich systematischer, international ausgerichteter Quality-Aktienanlagen. Weckherlin sitzt überdies im Beirat der Fintech-Firma Creditgate24. Er studierte und promovierte an der Hochschule St. Gallen und arbeitete in der Folge bei verschiedenen Banken sowie bei den Beratungsfirmen Boston Consulting Group und Roland Berger.


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