Um der drohenden Stagnation im Kerngeschäft entgegenzuwirken, setzt die Bank Linth auf andere Konzepte. Doch der Typ Banker, diese auch umzusetzen, sei schwierig zu finden, sagt CEO David Sarasin im Gespräch mit finews.ch.

Der Hauptsitz der Bank Linth im St. Gallischen Uznach wurde erst vor zwei Jahren umgebaut. Trotzdem zeigen sich überall Spuren der Geschichte des Instituts.

In manchen der verglasten Sitzungszimmer stehen Möbel aus dem vorletzten Jahrhundert, welche sich in den modernen Grossraumbüros deutlich abheben. Im gleichen Gebäude finden sich allerdings auch Überbleibsel der jüngeren Geschichte der Bank, die von den Schwierigkeiten der Digitalisierung zeugen.

Bereitschaft zu scheitern

So bleibt ein Raum ungenutzt, den die Regionalbank bei digitalen Kontoeröffnungen zur Identifizierung ihrer Kunden per Video-Anruf vorgesehen hatte. Die Nachfrage nach dieser Dienstleistung war so gering, dass auch bei einer Kontoeröffnung über das Internet der letzte Schritt inzwischen wieder auf dem Postweg erfolgt.

An der Bereitschaft, Projekte auch scheitern zu lassen, zeigt sich der Wille von Bank-Linth-CEO David Sarasin (Bild), die Tochter der Liechtensteinischen Landesbank (LLB) für die Zukunft richtig zu positionieren. Wobei: Der Wandel kommt langsamer, als dies Sarasin und seine Kollegen in der Geschäftsleitung erwartet haben.

David Sarasin

«Beim Start unseres neuen Vertriebskonzepts im Jahr 2015 – zufällig im gleichen Jahr wie die Einführung der Negativzinsen – gingen wir davon aus, dass die Erträge im Kreditgeschäft und bei den Retaildienstleistungen weiter zurückgehen werden», sagte Sarasin im Gespräch mit finews.ch.

Weder Bargeld noch Bankschalter

Obwohl sich diese Befürchtung bisher nicht bestätigt hat, setzt er weiterhin auf die «Bank der Zukunft». In der neusten Filiale des Unternehmens, zum Beispiel im Zürcher Vorort Meilen, gibt es deshalb weder Bargeld noch Bankschalter.

Stattdessen stehen die Kunden nach Betreten des Gebäudes eigentlich direkt im Büro der Berater. Und die Dienstleistung, welche diese Berater erbringen, soll immer wichtiger werden, auch wenn das Zinsdifferenzgeschäft immer noch rund 70 Prozent der Erträge bringt.

Traditionelle Geschäfte brechen weg

«Traditionell machen Banken drei Dinge: Sie wickeln Zahlungen ab, bewahren Vermögenswerte sicher auf und vergeben Kredite. Historisch hat sich eine Bank darüber definiert und dann kam noch etwas Beratung dazu», erklärt der gebürtige Basler Sarasin. «Wenn ich sehe, wo der Markt hingeht, dann brechen die ersten drei Teile immer mehr weg, es bleibt eigentlich nur noch die Beratung. Dort ist der Mehrwert, den wir noch bringen können.»

Diesen Mehrwert in Erträge auch für die Bank umzumünzen ist die zentrale Herausforderung – nicht nur für die Bank Linth. «Die Kunden sind daran gewöhnt, dass Bankberatung nichts kostet», sagte Sarasin, der seit mehr als 17 Jahren für das Institut arbeitet.

Druck von neuen Anbietern

Zugleich kommt bei den traditionellen Bankdienstleistungen zu den Marktbedingungen Druck von neuen Anbietern hinzu. Neben den ausländischen Startups N26 und Revolut hat auch die hiesige Grossbank Credit Suisse angekündigt, auf digitalem Weg für Retailkunden schneller und günstiger werden zu wollen.

«Da langfristig zu bestehen, ist anspruchsvoll, denn es geht um Volumen. Als Institut von unserer Grösse setzen wir bewusst nicht auf diesen Markt», sagt HSG-Absolvent Sarasin. «Wir könnten vom technologischen Standard her mit Revolut mithalten, wir haben ein ‹top notch› Mobile Banking. Weil unser Angebot nebst der reinen Transaktion auch Beratung und Support umfasst, lassen sich unser Modell und das von Revolut aber schlecht vergleichen.»

Wachstum über geografische Erweiterung

Diesem Wettbewerbsdruck zum Trotz stehen die Zeichen bei den Schweizer Regionalbanken weiterhin auf Wachstum. Namentlich die Linth-Konkurrentin Valiant baut ihr Filialnetz ebenfalls stetig aus; die geografische Erweiterung soll mehr Kunden bringen. 

Dafür die richtigen Leute zu finden, gestaltet sich allerdings nicht immer einfach. So erfordert es wohl ein gewisses Umdenken, einem Kunden, der ins Ausland reist, zum Beispiel ausgerechnet Revolut zu empfehlen. Der Linth-CEO ist allerdings der Überzeugung, das ein auf diese Weise gut bedienter Kunde der Bank langfristig eher die Treue halten wird.

Schwierige Suche nach Beratern

«Für das Konzept suchen wir nicht den klassischen Berater», sagte er über seine Bank der Zukunft. «Wir schauen uns deshalb auch zum Beispiel bei Versicherungen oder in anderen Branchen um.»

Trotzdem gestaltet sich die Suche namentlich für den Standort in Meilen schwierig. Obwohl der Aufbau eines neuen Marktgebiets mit einer «entsprechenden Risikoprämie» entschädigt würde, wie Sarasin sagte.

Die Aussicht, keine Untergebenen zu haben und gelegentlich selbst Laufkundschaft in Empfang nehmen zu müssen, scheint die Banker aber abzuschrecken – obwohl die Chance, an einer Expansionsstrategie mitzuarbeiten, hierzulande nicht mehr häufig kommt.

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