Selbst wenn Credit-Suisse-Präsident Urs Rohner an der bevorstehenden Generalversammlung wiedergewählt wird, ist sein grösstes Problem nicht gelöst. Der Stachel sitzt tiefer.

Gut möglich, dass die mit Spannung erwartete Generalversammlung der Credit Suisse (CS) am kommenden Freitag in die Schweizer Wirtschaftsgeschichte eingehen wird. Zwar haben Aktionäre in den vergangenen Jahren bei anderen Firmen auch schon über die Löhne der Top-Manager abgestimmt, und in manchen Fällen gelang es ihnen auch, ein Zeichen zu setzen, wie dies etwa 2013 beim Vergütungsbericht der Bank Julius Bär der Fall war.

Doch nun bei der CS präsentiert sich die Ausgangslage anders. Waren die früheren Beispiele von Aktionärswiderstand eher firmenspezifische Natur, so stehen Verwaltungsrat und Konzernleitung der zweitgrössten Schweizer Bank nun geradezu symptomatisch für eine Haltung, die in der überwiegenden Mehrheit unserer Gesellschaft keinerlei Verständnis mehr findet.

Warnsignale sogar vom Bundesrat

Am Wochenende warnte sogar Bundesrat Johann Schneider-Ammann die CS-Chefs davor, trotz Milliardenverlust hohe Boni zu beanspruchen. In einem Interview mit der «Zentralschweiz am Sonntag» bezeichnete der Schweizer Wirtschaftsminister zu hohe Boni als eine «Dummheit, die nichts mit dem Markt zu tun« habe und «eine Rücksichtslosigkeit, die sich früher oder später bei den sozialpartnerschaftlichen Auseinandersetzungen rächen wird».

Es sind vor allem zwei Aspekte, welche die obersten Verantwortlichen der CS mittlerweile dermassen unglaubwürdig erscheinen lassen, dass sie recht eigentlich abtreten müssten.

Erstens ist es eine Mär, dass die CS ihren Top-Leuten so hohe Löhne bezahlen muss, weil diese Manager sonst zur Konkurrenz abwandern würden. Mit Ausnahme der paar wenigen US-Banken wie Goldman Sachs, J.P. Morgan oder Morgan Stanley, die wahrlich in einer anderen Liga als die deutlich kleinere CS spielen, sind die Löhne der meisten anderen Top-Banker in der Welt wesentlich tiefer.

(Fast) überall weniger

Dies zeigt ein Blick auf die Gehälter der Spitzenleute in den europäischen Banken, mit denen sich die CS eher messen sollte: Die meisten Konzernleitungsmitglieder dieser Institute verdienen eindeutig weniger als das, was die CS-Führungscrew für sich beansprucht. Und von den asiatischen Banken, die immerhin in den wichtigsten Wachstumsmärkten der Welt operieren, ganz zu schweigen. Dort verdienen die Spitzenleute einen Bruchteil dessen, was in Europa die Norm ist.

Vor diesem Hintergrund entpuppt sich das Argument, wonach sich die Höhe der Löhne an den Marktgegebenheiten orientieren müsse, als billiger Vorwand, um sich möglichst viel zuzuschanzen.

Schriller Aufschrei

Zweitens haben die CS-Verantwortlichen unter der Führung von Urs Rohner inzwischen mehrmals bewiesen, wie fern jeder Realität sie sich in ihrer Wahrnehmung bewegen. Zunächst versäumten sie es, ihre Löhne so festzulegen, dass es nicht zu einem so schrillen Aufschrei unter den Aktionären und letztlich auch in der Bevölkerung kommt. Aber offenbar war es ihnen wichtiger, nach der grösstmöglichen Summe zu trachten.

Daraufhin gingen sie in einem an Peinlichkeit kaum zu überbietenden Akt dazu über, ihre exorbitanten Millionengehälter mit minimalen Abstrichen in eine vordergründig akzeptable Bandbreite zu zwängen. «Verzicht auf 40 Prozent des Bonus» lautete die plakative Message am vergangenen Karfreitag, wie auch finews.ch berichtete.

Eine Posse für die Schweizer Bankengeschichte

Im Klartext indessen will beispielsweise CEO Tidjane Thiam für das verlustreiche Geschäftsjahr 2016 nun auf 40 Prozent eines Drittels seiner ursprünglichen (variablen) Vergütung verzichten. Statt der vom Verwaltungsrat gewährten 11,9 Millionen Franken soll er nur 10,24 Millionen Franken beziehen – sofern die Aktionäre dem zustimmen.

Zwischen der vordergründigen Message (40 Prozent weniger) und dem effektiven Verzicht besteht somit eine Diskrepanz, welche die vielen Vorurteile gegenüber den «abzockenden» Managern bei der CS sicherlich nicht abbaut.

Dass der parzielle Vergütungsverzicht der Konzernleitungsmitglieder angeblich freiwillig erfolgt sei, wie dies Präsident Rohner in den vergangenen Tagen beteuerte, grenzt entweder an eine seltene Dreistigkeit, oder es handelt sich hier um eine Posse, die als Fussnote Eingang in die Schweizer Bankengeschichte finden sollte.

Ersatz ist in Sicht

Rohner mag an der anstehenden Generalversammlung zwar wiedergewählt werden. Seine Glaubwürdigkeit hat er aber längst verspielt. Insofern ist er kaum mehr die ideale Person, um das oberste Gremium einer Grossbanken zu leiten.

Alexandre Zeller

Hiess es in der Vergangenheit regelmässig, es stehe kein valabler Ersatz für Rohner zur Verfügung, so dürfte sich dies spätestens nach der anstehenden Generalversammlung ändern. Denn mit dem Westschweizer Alexandre Zeller (Bild oben) wurde ein Bankmanager zur Neuwahl in den Verwaltungsrat vorgeschlagen, der die Anforderungen an einen Bankpräsidenten absolut erfüllt, wie seinem CV zu entnehmen ist.

Für hohere Aufgaben verfügbar

Zeller amtet bereits als Präsident der Credit Suisse (Schweiz), also der Schweizer Rechtseinheit der CS, jener Division, die man eigentlich an die Börse bringen wollte. Doch mittlerweile scheinen sich diese Pläne eher zerschlagen zu haben – damit wird Zeller unzweifelhaft für höhere Aufgaben verfügbar.

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