Der Freispruch des Ex-Frey-Bankers Stefan Buck sollte Schweizer Banken Mut machen, sagt der in New York tätige Anwalt Daniel Wuersch zu finews.ch. Der Preis für das US-Steuerprogramm sei zu hoch.

Herr Wuersch, was bedeutet der Freispruch für Stefan Buck in Bezug auf die Anstrengungen der US-Behörden, Schweizer Banker strafrechtlich zu belangen?

Es ist eine Ehrenrettung für alle Banker und Finanzinstitute, die nichts anderes getan haben, als Gelder von amerikanischen Steuerhinterziehern zu verwalten. Das Urteil ist zudem ein Beleg dafür, wie schwer es US-Staatsanwälten fällt, eine genügende Beweislage zu schaffen, um alle zwölf Geschworenen vollumfänglich zu überzeugen. Die Schweiz hat dies massiv unterschätzt. Es ist nicht leicht, eine Verurteilung für eine Verschwörung zum Diebstahl an den USA – die sogenannten «conspiracy charges» – zu erreichen.

Was bedeutet dies für die Banker und namentlich die Kategorie-1-Banken, die noch auf eine Verurteilung warten?

Ich glaube, dass der Freispruch von Stefan Buck jene Banken ermutigen sollte, welche im Rahmen der Regeln und Gesetze gehandelt haben. Ich rufe dabei in Erinnerung, dass namentlich die Schweizer Regulatoren sehr zögerlich klare Weisungen erteilt haben.

«Die Schweiz verlegte sich auf vorauseilenden Gehorsam»

Für jene Banken, welche proaktiv US-Steuerhinterziehern geholfen haben, Gelder am IRS (Internal Revenue Service) vorbeizuschleusen, indem sie eigens dafür Strukturen geschaffen haben, wird sich meiner Meinung nach an einer Beurteilung nichts ändern.

Die Beilegung des US-Steuerstreits dauert annähernd zehn Jahre. Was hat die Schweiz, was haben die Schweizer Banken falsch gemacht?

Hätte die Schweiz den Stier bei den Hörnern gepackt, hätte sich das gesamte Verfahren wohl anders entwickelt. Liechtenstein hat seinen Banken erlaubt, eigenständig Lösungen mit dem IRS zu finden und hat sich dabei nicht eingemischt. Die Schweiz verlegte sich dagegen auf eine Art vorauseilenden Gehorsam, kombiniert mit einer Methode, welche sich als falsch herausstellte.

Sie kritisieren das im Jahr 2013 zwischen der Schweiz und den USA getroffene Steuerprogramm, welches alle Schweizer Banken betraf.

Ich war nie ein Fan dieses Programms. Jede Bank ist anders und behandelte auch die Situation mit US-Kunden anders. Man kann derart komplexe Angelegenheiten nicht mit einer einfachen mathematischen Formel lösen. Zahlreiche Banken schlossen sich anfänglich dem Programm an, realisierten dann aber, dass sie mit einer Nichtteilnahme wohl besser fahren würden.

«Warnsignale wurden zu lange ignoriert»

Ausserdem brachte das Steuerprogramm keine schnelle Lösung. Seit dem Jahr 2012 haben Schweizer Banken zahlreiche Skandale in den USA rechtlich beigelegt, sei es die Manipulation des Libors oder der Devisenmärkte bis zu den hypothekenbesicherten Anleihen. Der Steuerstreit ist auch nach zehn Jahren noch nicht gelöst.

Wer trägt die Schuld daran?

Es ist eine unglückliche Kombination verschiedener Faktoren: Der erfolgreiche Angriff auf das Bankgeheimnis hat die Schweiz auf dem falschen Fuss und direkt nach der Finanzkrise zum schlechtest möglichen Zeitpunkt erwischt. Die seit geraumer Zeit vorhandenen Warnsignale wurden zu lange ignoriert. Das Schweizer System der Konsenspolitik ist nicht für Situationen geeignet, in welchen rasche Entscheidungen notwendig sind. Und jede der rund 300 Schweizer Banken war in den US-Steuerfall unterschiedlich involviert. Diese verwirrliche Ausgangslage haben die US-Staatsanwälte sehr geschickt ausgenützt.

Die Strategie der US-Strafbehörden war auch, Banker individuell anzuklagen, um weiteren Druck auszuüben. Mit Raoul Weil und Stefan Buck gab es aber zwei Freisprüche.

In der Theorie ist es einfach, einen Banker zu überführen. Man müsste beispielsweisse nur beweisen, dass er mit 100'000 Dollar in bar in die USA eingereist ist. Dass die US-Justiz sich damit so schwer tut, einzelne Banker zu verurteilen, schmälert wohl auch ihre Chancen bei der Strafverfolgung der Banken.

Das heisst, die USA bellen zwar, beissen aber nicht?

Die Gefahr einer Strafverfolgung kann man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Doch die vorgebrachten Argumente der US-Staatsanwälte sind nicht das Gesetz.

Vontobel ist das prominente Beispiel einer Bank, welche sich nicht einschüchtern liess und in die Kategorie 3 ging.

Vontobel hat die Ausgangslage offensichtlich korrekt eingeschätzt und war so mutig, das Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Viele Verwaltungsräte und Manager von Schweizer Banken kapitulierten hingegen, weil sie sich vor den Drohungen aus den USA fürchteten. Im Nachhinein haben sie wohl einen zu hohen Preis bezahlt.


Daniel Wuersch hat zusammen mit Henry Klingemann von Krovatin Klingeman die Bank Frey im US-Steuerstreit vertreten. Der Zürcher hat die Anwaltskanzlei Wuersch & Gering im Jahr 1997 in New York gegründet. Wuersch repräsentiert sowohl US- als auch ausländische Unternehmen aus der Finanzindustrie sowie institutionelle und private Investoren unter anderem in Bereichen M&A, Corparate Finance und Regulierung. Er startete seine Karriere bei Homburger sowie Baker & McKenzie in Zürich, wo er auch studiert hatte.

 

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