Thomas Gottstein musste sich anhören, er könne nicht rechnen. Im Interview mit finews.ch beweist er nun das Gegenteil. Weiter äussert er sich zum Abgang von Star-Banker Marco Illy. 


Herr Gottstein, sprechen wir einmal nicht über Gewinnziele. Was macht das Banking noch spannend?

Dass man sich ständig neu ausrichten muss. Es gibt laufend neue Herausforderungen, die Dynamik ist enorm. Wir sind mit Negativzinsen konfrontiert, genauso wie mit der Diskussion um den Marktzugang in Europa.

Dann haben wir die Digitalisierung, insbesondere als Schweizer Universalbank, die in allen Bereichen, also im Private Banking, Firmenkundengeschäft, in der Betreuung von Institutionellen sowie im Retailbanking tätig ist. An Spannung mangelt es wirklich nicht.

Sie selber haben einen Grossteil ihrer Karriere im Investmentbanking verbracht, dann aber auch das Geschäft mit sehr reichen Kunden betreut. Wo liegen die grossen Unterschiede zwischen diesen beiden Divisionen?

Die Gemeinsamkeit zwischen Private Banking und Investment Banking ist, dass beide Disziplinen auf langjährigen Kundenbeziehungen und auf Vertrauen basieren. Die Unterschiede sind in den technischen Details. Als ich die Verantwortung für das Schweizer Geschäft übernommen habe, lag die Credit Suisse profitabilitätsmässig im Mittelfeld – und das, als zweitgrösste Bank des Landes. Wir erzielten keine oder zu geringe Skaleneffekte, hatten dafür aber hohe Personal-, Sach- und Kapitalkosten.

«Ja, wir duzen uns jetzt mehrheitlich»

Es gab viele ineffiziente Konstellationen und Prozesse, manches war allzu dezentral organisiert, und wir hatten allzu hierarchische Strukturen. Alle haben sich gesiezt.

Und das ist jetzt anders?

Ja, wir duzen uns jetzt mehrheitlich. Vom Investmentbanking kommend war ich gewohnt, direkt auf die einzelnen Ansprechpartner zuzugehen, inklusive junge Mitarbeiter. Das war im Schweizer Geschäft nicht überall so. Da wurden viele Meetings von einer Stabsstelle organisiert. Ich wollte schnellere Entscheide an der Front, so dass man nicht erst durch vier Etagen durch muss, bis man dem Kunden eine Antwort geben kann.

Wir haben darum eine ganze Managementstufe rausgenommen. Das hat den Betroffenen natürlich nicht gefallen, aber denen darunter gefiel das, weil sie sozusagen alle eine Ebene aufstiegen.

Mit anderen Worten, Sie haben Investmentbanking-Kultur in das behäbige Schweizer Geschäft gebracht.

Ja, an und für sich schon, wobei Investmentbanking hierzulande immer als etwas Negatives angesehen wird... Aber wir sind heute sicherlich viel weniger hierarchisch organisiert und haben mehr Kompetenz an der Front. Schliesslich haben wir die Zusammenarbeit in den Regionen gezielt gefördert durch neue Anreizsysteme, denn wir hatten zu einem gewissen Grad ein gewisses «Silodenken».

Wie nahe sind Sie persönlich noch am Kunden?

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.62%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.63%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.17%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.08%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.5%
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