Für viele Bankmitarbeitende war es die erste Veranstaltung mit physischer Präsenz seit Monaten: der alljährliche Branchentalk Banken, veranstaltet von der Finanzweb-Seite schweizeraktien.net in Zusammenarbeit mit finews.ch.

Von Tobias Wolff, schweizeraktien.net

Es war den gut 60 Teilnehmern am 7. Branchentalk Banken am (gestrigen) Dienstag in Bern anzumerken, wie froh sie waren, nach Monaten der Zoom-Meetings und der Arbeit im Homeoffice der digitalen Existenz zu entkommen und mal wieder sozusagen körperlich aufeinanderzutreffen.

Für viele Anwesende war es die erste Veranstaltung mit physischer Präsenz seit Monaten, entsprechend intensiv fiel das Networking der Banken-Führungskräfte diesmal aus.

Impressionen von Branchentalk Banken 2020

(Bilder: schweizeraktien.net/Sandra Blaser)

Die Diskussion darüber, ob der Lockdown zum Booster für die digitale Transformation wird, war dann auch entsprechend engagiert und höchst vielfältig. Die Podiumsteilnehmer Armin Brun, CEO der Berner Kantonalbank BEKB, Sita Mazumder, Verwaltungsrätin der Clientis-Banken, und Andri Silberschmidt, Unternehmer sowie mit 26 Jahren jüngster Nationalrat, waren sich einig, dass der Lockdown durchaus auch Positives in Gang gesetzt hatte.

Das Beste, was passieren konnte

Punkto Produktentwicklung sein es das Beste gewesen, was passieren konnte, meinte Brun bezüglich der KMU-Kredite, die von jetzt auf gleich vergeben werden mussten. Statt in einem Jahr musste in einer Woche ein Produkt hergestellt werden, was den notleidenden Unternehmen angeboten werden konnte. Und der Kredit musste in 30 Minuten geprüft werden.

Brun sieht darüber hinaus eine coronabedingte Veränderung der Unternehmenskultur. Agilere Teams, durchlässigere Hierarchien, man müsse den Mut haben, an Althergebrachten jetzt zu rütteln.

Nicht über Bord werfen

Beschleunigung der Wechsel, «Change the Bank», das fordere Corona von den Banken, sagt Mazumder. Während Silberschmidt die Politik im Auge hat und warnt, dass man in Krisenzeiten bewährte Instrumente wie Vernehmlassungen nicht über Bord werden sollte.

Aber er sagt auch, dass Regierung und Banken sehr schnell aufeinander zugekommen seien. Das Image der Geldinstitute sei deshalb heute deutlich besser als auch schon. Auf der Seite der Gesetzgebung sei es allerdings jetzt wichtig, wie es weiter gehe.

Online-Banking mit 80-Jährigen

«Die Zukunft ist schon da», so fasste Sita Mazumder, neben ihren Verwaltungsratsmandaten auch Professorin für Wirtschaft und IT an der Hochschule Luzern, die digitalen Herausforderungen an die Bankenwelt zusammen. Sie forderte, IT und Banking weiter zusammenzubringen.

Dies immer auch mit Blick auf den Bank-Kunden: sie wisse von vielen 80-Jährigen, die Online-Banking für sich entdeckt hätten, die aber oft Probleme mit den Oberflächen hätten, beispielsweise mit einer zu kleinen Schrift.

Zu viel alleine machen

BEKB-Chef Brun stiess in die gleiche Kerbe, in dem er als Kernkompetenz das Service-Management hervorhob. Die Bank müsse sich noch intensiver fragen: «Was kann man optimieren?». Er sehe den «Boost» vor allem auf Kundenseite, was das Geschäftsmodell herausfordere. Wo positionieren wir uns, welche Fintech-Lösungen implementieren wir, und – müssen wir alles selbst machen?

Für Mazumder ist klar: Die meisten Banken machen zu viel alleine und stehen sich damit selbst im Wege. Sie wünscht sich ein Open-Banking mit einem Ökosystem, in dem verschiedene Provider verschiedene Fähigkeiten einbringen. Denn die Zeiten, in denen Alles für Alle gemacht wurde, seien vorbei. Die Kundengruppen zeigten sich immer heterogener.

Brauchen wir noch den Finanzplatz Schweiz?

Fintechs, Ökosysteme, Open-Banking – brauchen wir überhaupt noch den Finanzplatz Schweiz, fragte Moderator Claude Baumann, CEO von finews.ch, provozierend zum Abschluss in die Runde. BEKB-Chef Brun gab Contra: «Wen will ich als Kunde als Partner haben? Die Cloud, China?» Die Schweiz sei ein cooles Land, geprägt von gegenseitigem Vertrauen, Sicherheit und Nachhaltigkeit.

Das sieht auch Mazumder so. Wir könnten hierzulande Diversität, Stabilität und ein hohes Ausbildungsniveau anbieten, was Vertrauen in den Finanzplatz schafft. Und sie verwies, um das zu bekräftigen, auf die gescheiterten Versuche von Facebook, mit Libra hierzulande Fuss zu fassen.


 

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