Nach 15 Jahren beendet die Migros die fruchtbare Partnerschaft mit der Kreditkarten-Herausgeberin Cembra. Gesetzt wird stattdessen auf das eigene Ökosystem – eine gewagte Wette.

Mit dem Abschied der Migros aus der langjährigen Partnerschaft mit Cembra Money Bank geht ein Beben durch die Schweizer Payment-Szene. Bis ins Jahr 2025 erhalten rund 850’000 Nutzerinnen und Nutzer der beliebten Cumulus-Gratis-Kreditkarten einen neuen Vertrag. Die Migros will diese Volumen zur Migros Bank und damit «heim» zu sich in den Konzern holen, wie auch finews.ch am Montag berichtete.

Cembra, die rund 80 Prozent ihrer Karten in Partnerschaft mit der Migros herausgibt, spricht zwar von einer freundschaftlichen Beendigung der Zusammenarbeit. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Kreditinstitut nun verbissen um jeden Kunden aus dem Cumulus-Angebot kämpfen wird. Dabei hilft, dass die Verträge für die Kreditkarten bei ihm liegen.

Gemeinsames Projekt gestoppt

In der Medienmitteilung der Migros hiess es derweil, es sei strategisch naheliegend, das Produkt gemeinsam mit der eigenen Migros Bank anzubieten. Nach 15 Jahren Partnerschaft muss dieser Befund einigermassen überraschen, zumal die Migros Bank einem Bericht der Schweizer «Handelszeitung» zufolge noch vor Monaten zusammen mit Cembra eine eigene Gratis-Kreditkarte plante. Das Projekt wurde im vergangenen Januar gestoppt.

Anders als vor 15 Jahren ist aber der «Ökosystem»-Gedanke auch bei den Genossenschaftern angekommen. Der «orange Riese» spinnt inzwischen sein Netz in zahlreiche neue Geschäftsfelder; Programme wie der Online-Lieferdienst M-Plus der Genossenschaft Migros Aare sollen die Kundschaft noch enger ans Unternehmen binden. Wie das geht, haben der Online-Handelsriese Amazon mit Amazon Prime und der US-Retailer Walmart mit Walmart Plus vorgemacht.

Anfragen von finews.ch beim Retail-Riesen blieben bisher ohne Antwort.

Von CS-Tochter zu UBS-Tochter

Synergien, wie sie innerhalb des Genossenschaftsbunds mit der Migros Bank bestehen, werden entsprechend stärker genutzt. Letztere wird ab Juli 2022 neue Herausgeberin der Cumulus-Kreditkarte.

So lautet zumindest der Plan. Wie in der Payment-Szene zu hören ist, ist aber ein Herausgeber-Wechsel aus Sicht der Markenpartners kein Spaziergang. Ende 2018 hatte sich die Migros-Erzrivalin Coop entschieden, sich mit ihrer Supercard-Gratis-Kreditkarte vom Herausgeber Swisscard (eine Tochter der Credit Suisse) zu lösen. Stattdessen berücksichtigte Coop die UBS-Gesellschaft Topcard. Swisscard betrieb darauf offensiv Werbung mit dem Slogan «Ihre Supercard Plus ist weiterhin gültig» und verteilte nach Ablauf der Laufzeit eigene Cashback-Kreditkarten.

Wie es heisst, kam das offenbar bei bestehenden Kundinnen und Kunden an – die Wechselrate zu Coop-Topcard soll in Grenzen geblieben sein.

Abwehr gegen Neobanken

Bei Cembra legt man jedenfalls nicht die Hände in den Schoss. Ab Mitte 2022 plant die Bank, für die über Cumulus-Kreditkarten eine «attraktive Alternative» anzubieten. Das Nachfolgeprodukt werde sich konsequent an den heutigen Kundenbedürfnissen ausrichten, preislich attraktiv und mit neuartigen Dienstleistungen verbunden sein, wirbt das Institut. Ob das neue Angebot zusammen mit einem neuen Markenpartner (Coop kommt nicht infrage) oder auf eigene Faust lanciert wird, bleibt geheim. Mit derzeit rund 1 Million Karten in Umlauf ist Cembra die Nummer fünf unter den Schweizer Anbietern.

Mitte nächsten Jahres nimmt die Migros Bank mit der Cumulus-Kreditkarte neben des eigenen «Visa Free»-Angebots eine weitere Gratis-Kreditkarte in ihr Sortiment auf. Bereits diesen Herbst startet zudem eine Internet-fähige Debit-Visakarte, die ebenfalls mit tiefen Gebühren lockt. Es ist kein Zufall, dass viele Neobanken und Fintechs auf diesen neuen Kartentyp setzen – das Angebot der Migros Bank kann denn auch als Abwehrwall in der Kampfzone Kreditkarte verstanden werden.

Fernziel Super-App?

Gleichzeitig sind Kreditkarten, und das weiss der in Strategiefragen versierte CEO der Migros Bank Manuel Kunzelmann, ein direkter «Touchpoint» zum Kunden. Das ist nicht nur für die Bank von grossem Wert, sondern für die Migros an sich, die das Netz ihres Ökosystems auch auf dem Online-Kanal spinnt. Auch in dieser Beziehung sind die Vorbilder aus dem Ausland schon weiter, wo der amerikanische Retail-Riese Walmart offenbar an einer Super-App baut.

In China haben sich solche digitalen Ökosysteme etabliert und bieten innerhalb einer gegen die Konkurrenz abgeschirmten Plattformen eine Vielzahl von Diensten aus einer Hand an.

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