Die Risiken im Investmentbanking der Credit Suisse treiben die UBS-Spitze um. Um der Gefahr Herr zu werden, wechselt die UBS sogar zu Beginn der Übernahme ihren Chef aus. Übertreibt die Grossbank masslos?

Nein, sagte Colm Kelleher. Der Entscheid für Sergio Ermotti und gegen Ralph Hamers habe nichts mit der Farbe des Passes zu tun, erklärte der Präsident der UBS am vergangenen Mittwoch vor den Medien.

Damit suchte Kelleher die Deutung zu widerlegen, der Chefwechsel bei der grössten Schweizer Bank sei eine Konzession an die «Swissness»: Der Tessiner Ermotti kommt, der Niederländer Hamers muss gehen. Was den UBS-Verwaltungsrat überzeugt habe, so der Bankpräsident, sei vielmehr Ermottis «einzigartige Erfahrung» – und die Tatsache, dass er bereits bei der UBS das Investmentbanking erfolgreich zurückgefahren habe.

Kopfschmerzen für die UBS-Führung

Dies wird nun erneut von Ermotti gefordert: Die UBS hat ihren Aktionären versprochen, den CS-Handel abzuwickeln; vom ersten Tag des Zusammenschlusses an dürfen die risikogewichteten Aktiven aus dem Investmentbanking nicht mehr als 25 Prozent der Bilanz der neuen UBS/CS beanspruchen. «Dass Sergio darüber hinaus noch Schweizer ist, ist ein netter Nebeneffekt», so Präsident Kelleher.

Man ist geneigt, dem stoischen Iren dies zu glauben. Wenn ein Verwaltungsrat zu Beginn des ersten jemals unternommenen Merger zwischen zwei global systemrelevanten Banken auch noch das Risiko einen Chefwechsels eingeht, dann müssen dafür sehr triftige operative Gründe vorliegen. Entweder das – oder die Nerven liegen blank bei der UBS .

Für letzteres sprechen die enormen Anstrengungen, welche die Grossbank seit der Rettungsaktion der CS unternommen hatte, um sich bezüglich der CS-Investmentbank schadlos halten. Wie der scheidende nun Chef Hamers bereits an einem Investoren-Call erklärt hatte, sei dieser Bereich für die UBS «a headache», bereite also Kopfschmerzen.

Kontroverse Staatsgarantien

«Die echte Herausforderung liegt im Abbau der Investmentbank-Aktivitäten. Diese Herausforderung hatte sich schon für sie (gemeint ist die CS-Führung) gestellt – und stellt sich nun auch uns», sagte Hamers den versammelten Finanzprofis. «Und deshalb haben wir uns darum bemüht, in diesem Bereich Schutz zu erhalten.»

Tatsächlich: Der Bund und die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) haben der UBS dafür eine «Downside Protection» von insgesamt 25 Milliarden Franken versprochen. Dieser Schutz setzt sich zusammen aus einer Garantie des Bundes von 9 Milliarden Franken plus eines Profit-Loss-Share-Agreements zur Aufteilung weiterer Verluste – sowie den bereits ausgelösten AT1-Pflichtwandelanleihen der CS, welche deren Bilanz mit 15,8 Milliarden Franken stärken.

Auch wenn es diese explizite Staatsgarantie für das Übernahmeprojekt nicht gratis gibt, ist es sicher der kontroverseste Teil der ganzen Rettungsaktion – und ist im Wesentlichen der augenscheinlichen Panik der UBS vor der CS-Investmentbank geschuldet.

Prophetischer Report

Fürchtet man sich bei der Grossbank zurecht? Ein Analystenteam der grössten amerikanischen Bank J.P. Morgan unter der Führung von Kian Abouhossein hat nachgerechnet. Abouhosseins letzter Report zu CS erwies sich als prophetisch, als er am 16. März verkündete, die CS sei zu stark angeschlagen, um alleine zu überleben.

«Wir glauben, dass eine inländische Lösung unter Einbeziehung der UBS eine Lösung wäre, wenn die Schweizer Behörden darauf drängen. In einem solchen hypothetischen Szenario ist eine Schliessung des verbleibenden Imvestmentbank-Geschäfts und ein Börsengang der CS Schweiz unter Beibehaltung der Vermögensverwaltung das wahrscheinlichste Szenario», so der Chefanalyst. Drei Tage später, am 19. März, wurde dieses hypothetische Szenario Realität.

Finanziert sich die Restrukturierung am Ende selber?

Abouhossein ging in seinem Bericht davon aus, dass der Ausstieg aus dem CS-Investmentbanking hohe Kosten verursacht. So nahm er an, dass der Abbau von insgesamt 64 Milliarden Franken an risikogewichteten Aktiven der Investmentbank in der CS-Bilanz das harte Kernkapital der Bank um 3,2 Milliarden Franken schmälern würde. Insgesamt, so der J.P.-Morgan-Mann, beliefen sich Kosten eines Exits aus dem Geschäft auf 7,9 Milliarden Franken.

Doch diese muss die UBS nicht zwingend bezahlen. Denn Abouhossein rechnet vor, dass der erzielte Abbau von 64 Milliarden Franken an risikogewichteten Aktiven die Rechnung der Käuferin derart entlasten würde, dass sich die Restrukturierung gleichsam selber finanzieren werden. Für die UBS wäre dies also am Ende ein Nullsummenspiel.

«Der richtige Lotse»

Ob in Bundesbern, bei der Finma und der Schweizerischen Nationalbank jemand vor dem 19. März eine ähnliche Rechnung angestellt hat, wird sich bei der Manöverkritik der CS-Rettung – es wurde dazu bereits eine PUK eingeleitet – noch zeigen. Fakt ist, dass die UBS angesichts des Risikos milliardenschwere Garantien gefordert und diese von Staat und Aufsicht auch bekommen hat.

Präsident Kelleher, der eigentlich keinen schreckhaften Eindruck macht, ist dieser Linie auch am vergangenen Mittwoch treu geblieben. «Bei der Umsetzung der Transaktion gehen wir grosse Risiken ein», erklärte der Wallstreet-Veteran. «Um diese Risiken für die UBS zu navigieren, ist Sergio der richtige Lotse.»

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