Ob der Asset Manager GAM den Turnaround schafft oder verkauft wird: Alex Friedman ist der falsche Mann dafür. Die Whistleblower-Affäre hat ihm seine Grenzen aufgezeigt.

Das Engagement beim Schweizer Fondshaus GAM war bislang das längste in der Karriere des Alexander Friedman. Immerhin war es auch sein erster CEO-Posten gewesen. Doch nach einer zunächst durchzogenen und zuletzt katastrophalen fünfjährigen Amtszeit musste der 48-Jährige am (heutigen) Dienstag seinen Posten räumen.

Die Whistleblower-Affäre um den Star-Fondsmanager Tim Haywood und deren Handhabung haben ihn den Job gekostet.

Nur noch ein Spekulationsobjekt

Friedman hinterlässt GAM in einem äusserst fragilen Zustand. Der Asset Manager hat hauptsächlich als Folge von Fondsliquidationen allein im dritten Quartal knapp 18 Milliarden Franken Geldabflüsse erlitten. Der Aktienkurs ist abgestürzt, GAM ist weniger als 1 Milliarde Franken wert und zum Spekulationsobjekt geworden. Das zeigt auch die Reaktion der Börse auf  Friedmans Rücktritt. Zunächst jubelten die Anleger, dann stiessen sie ihre Gewinne gleich wieder ab. 

Er hatte keinen Plan mehr

Wie er das einst stolze Fondshaus wieder auf die Spur bringen wollte, wusste Friedman offenbar selbst nicht. Der Verwaltungsrat ist nun gezwungen, auch die Option eines Verkaufs in Betracht zu ziehen.

Zunächst ist der Verwaltungsrat aber zur Einsicht gekommen, dass der Amerikaner sowohl für einen Turnaround als auch für Verkaufsverhandlungen nicht mehr der Richtige ist. Dafür springt jetzt David Jacobs ein, ein ehemaliger UBS-Banker.

Glaubwürdigkeit im Unternehmen verloren

Die sofortige Trennung von Friedman ist in der Situation, in welche sich GAM befindet, absolut notwendig. Der CEO hat in Folge der Haywood-Affäre die Glaubwürdigkeit im Unternehmen und wohl auch bei einem Teil der GAM-Kunden verloren.

Die Berufung von Jacobs hat somit in erster Linie ein Ziel: Den Erhalt des bereits massiv zusammen geschmolzenen Wertes von GAM. Jacobs muss im Hause für Ruhe sorgen und vor allem die bislang verwöhnte Schar der Fondsmanager bei der Stange halten.

Verkauf nur als Ganzes

Namhafte Abgänge von Investmentspezialisten hätten unweigerlich weitere Milliardenabflüsse zur Folge. Der 54-jährige Jacobs muss zudem das Vertrauen der Kunden wiederherstellen sowie eine belastbare Strategie für einen möglichen Turnaround finden.

Nur so kann GAM überhaupt auch als Verkaufsobjekt angeboten werden. Das Dossier von GAM liegt derzeit bei zahlreichen Investmentbankern zur Prüfung auf dem Tisch. Der Verwaltungsrat setzt alles daran, dass GAM nicht in Einzelteile verfällt und verscherbelt wird. Ein Verkauf kommt nur als Ganzes in Frage.

Stolze Ansagen, stolzer Lohn

Als Friedman vor rund fünf Jahren bei GAM den Chefposten seines Freundes David Solo übernahm, nahm er den Mund voll: GAM solle zu einem der führenden Asset Manager der Welt werden, so der stets selbstbewusst auftretende Princeton-Absolvent.

Seinen Antritt bei GAM sowie seine Tätigkeit als CEO liess sich Friedman fürstlich entlöhnen. 14 Millionen Franken kassierte er vorab als Entschädigung für entgangene Gelder und Boni bei der UBS, wo er innert drei Jahren das Investment-Office aufgebaut hatte, zwischen 5 und 6 Millionen Franken liess sich Friedman jährlich an Lohn und Bonus auszahlen.

Kaum Wachstum

Die Bezahlung stand zunehmend im Kontrast mit Friedmans Leistungen. GAM erlitt über zwei Jahre lang hohe Geldabflüsse, die Performance der Strategien und Fonds war in manchen Semestern enttäuschend, was die Erträge aus Gebühren massiv sinken liess.

Zwar gelang es Friedman, eine schlagkräftige Vertriebstruppe zusammenzustellen, die Fondsmarken zu vereinheitlichen und die Abhängigkeit vom einstigen Stammhaus Julius Bär endgültig zu lösen. Seine Wachstumsanstrengungen schlugen jedoch weitgehend fehl.

Versagen in der Whistleblower-Affäre

Die getätigten Übernahmen von Taube Hodson Stones, einem Aktienmanager, sowie von Cantab, einem Quant- und Systematic-Spezialisten, waren eigentliche Fehlkäufe. Auf Cantab musste Friedman diesen Sommer einen Abschreiber von 59 Millionen Franken vornehmen.

Versagt hat Friedman in der Whistleblower-Affäre um Haywood. Es wäre seine Aufgabe gewesen, den ausgebrochenen Streit zwischen Haywood und dessen Co-Manager zu schlichten und damit zu verhindern, dass letzterer die britische Finanzaufsicht FCA über Vorgänge orientierte.

Steiler Aufstieg in frühen Jahren

Somit endets eine bislang steile und aufsehenerregende Karriere – vorläufig – mit einem unrühmlichen Abgang. Friedmans Weg führte seit seiner Schülerzeit nur aufwärts: BA an der Elite-Universität Princeton, Doktor der Jurisprudenz an der Columbia University und MBA an der Columbia Business School.

Es folgten die erfolgreiche Gründung einer Stiftung für Aids-Forschung und -Kranke, Abstecher nach Washington D.C. ins Verteidigungsministerium unter dem damaligen Präsidenten Bill Clinton, zurück an die Wall Street als Investmentbanker bei Lazard, dann Aufbau der Bill & Melinda Gates Stiftung und schliesslich der Wechsel nach Zürich als Investmentchef der UBS.

Investor, Berater, Gutmensch

finews.ch schrieb anlässlich des Antritts des damals 43-Jährigen bei GAM im Herbst 2014: «Wenn seine bisherige Karriere eine gewisse Sprunghaftigkeit offenbart, so ist sie dennoch wohl geplant. Friedman wollte nie nur etwas sein: Investor oder Berater oder Gutmensch. Er wollte alles in einem sein, eine Schnittstelle zwischen der Geschäftswelt, der Politik und der Philanthropie.»

Dass Friedman ausgerechnet dort gescheitert ist, wo er zum ersten Mal in seiner Karriere alleine an der Spitze stand, mag bitter erscheinen. Doch auch ein Karrieremensch wie Friedman stösst einmal an seine Grenzen.

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