War der jüngste Abverkauf von Technologieaktien nur ein Rücksetzer innerhalb einer immer noch stabilen Rally oder platzt die Tech-Blase? Dieser Frage widmet sich Miro Zivkovic auf finews.first.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Technologie- und Social-Media-Aktien haben seit dem Jahr 2016 starke Kursgewinne verzeichnet. Insbesondere seit den Präsidentschaftswahlen in den USA und der Neuausrichtung der US-Finanzpolitik legen sie eine hervorragende Performance hin, sodass viele Anleger den Fokus auf wachstumsstarke Firmen verlagert haben.

Fast 98 Prozent der Kursgewinne im S&P 500-Index entfielen im ersten Halbjahr 2018 auf FAANG-Aktien (Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Google). Der Hype um die Marktlieblinge führte zu Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGVs), die es seit der Internetblase nicht mehr gegeben hat. Und das, obwohl einige dieser hochgehandelten Unternehmen netto immer noch rote Zahlen schrieben und Facebook mit aufsichtsrechtlichen Risiken zu kämpfen hatte. Firmen wie Amazon und Netflix warteten mit KGVs von über 80 auf.

«So verflüchtigte sich die Risikobereitschaft der Anleger rasch»

Doch mit den Handelszöllen drehte sich die Stimmung an den Aktienmärkten erheblich. Angesichts der schwierigen Verhandlungen zwischen den USA und den Handelspartnern wie China und Kanada befürchteten viele Investoren Auswirkungen auf das globale Wachstum, auch und vor allem in den Schwellenländern. So verflüchtigte sich die Risikobereitschaft der Anleger rasch. Stattdessen setzte eine «Flucht in Qualität» ein, also in entwickelte Märkte und defensivere Unternehmen mit niedrigeren Bewertungen.

Dieser Trend zu sicheren Investments verstärkte sich während der Kurseinbrüche an den globalen Aktienmärkten im Oktober weiter. Zudem setzte sich an den Aktienmärkten sowohl der Industrie- als auch der Schwellenländer die Branchenrotation fort.

Diesen Umschwung bekamen auch die FAANG-Aktien zu spüren: Gerade überbewertete Aktien fielen steil nach unten – Amazon und Netflix büssten im Oktober etwa 20 Prozent ihres Wertes ein. Die Marktkapitalisierung vieler bevorzugter Technologiewerte sank um mehr als ein Drittel. Bei einigen war der Absturz sogar noch drastischer (Facebook -38 Prozent, Nvidia -48 Prozent, SNAP -69 Prozent).

«Dieser Trend könnte sich noch beschleunigen, wenn die Märkte wieder ausser Kontrolle geraten»

Ist diese Katerstimmung im Technologiesektor einfach nur eine überfällige Korrektur, oder bahnt sich hier Schwerwiegenderes an? In dieser spätzyklischen Phase greifen die Anleger langsam wieder zu hochwertigeren Aktien, die sie nach den US-Wahlen verschmäht hatten.

Für sie sprechen jetzt aus Sicht des Marktes eine geringere Anfälligkeit gegenüber dem Konjunkturzyklus, Bewertungen auf Normallevel und robustere Geschäftsmodelle. Dieser Trend könnte sich noch beschleunigen, wenn die Märkte wieder ausser Kontrolle geraten.

«Die Geschichte lehrt, dass Bewertungen immer eine Rolle spielen»

Ob wir allerdings am Beginn einer viel dramatischeren Entwicklung stehen, ist schwer zu beurteilen, auch wenn die technische Analyse klar zeigt, dass die Hightech-Unternehmen – verstärkt durch den Social-Media-Sektor – mittlerweile in der Baisse angekommen sind.

Andererseits lehrt die Geschichte, dass Bewertungen immer eine Rolle spielen, und dass sich Aktien mit überbewerteten KGVs unabhängig von ihren revolutionären Geschäftsmodellen oder Wachstumsraten irgendwann doch wieder dem Mittelwert annähern.

Genau das erfuhren nach der Dotcom-Blase einige Internet-Firmen mit KGVs von 80, 100 oder mehr. So auch AOL, das zum Höhepunkt des Internet-Hypes eine Marktkapitalisierung von 222 Milliarden Dollar erreichte, nur um im Jahr 2015 schliesslich für 4,4 Milliarden Dollar von Verizon übernommen zu werden.


Miro Zivkovic ist Global Head of I&WD Product Management bei Nordea Asset Management.


Bisherige Texte von: Rudi BogniOliver BergerRolf BanzWerner VogtWalter WittmannAlfred Mettler, Robert HolzachCraig MurrayDavid ZollingerArthur BolligerBeat KappelerChris RoweStefan GerlachMarc Lussy, Nuno FernandesRichard EggerDieter RuloffMarco BargelSteve HankeUrs Schoettli, Maurice PedergnanaStefan Kreuzkamp, Oliver BussmannMichael BenzAlbert Steck, Andreas BrittMartin DahindenThomas FedierAlfred MettlerBrigitte Strebel, Mirjam Staub-Bisang, Thorsten PolleitKim IskyanStephen DoverDenise Kenyon-RouvinezChristian DreyerKinan Khadam-Al-JameRobert HemmiAnton AffentrangerYves Mirabaud, Hans-Martin KrausGérard GuerdatDidier Saint-GeorgesMario BassiStephen ThariyanDan SteinbockRino BoriniBert FlossbachMichael HasenstabGuido SchillingWerner E. RutschDorte Bech VizardAdriano B. LucatelliKatharina BartMaya BhandariJean TiroleHans Jakob RothMarco MartinelliBeat WittmannThomas SutterTom KingWerner PeyerThomas KupferPeter Kurer, Arturo Bris, Frédéric Papp, James Syme, Peter Hody, Dennis Larsen, Bernd Kramer, Ralph Ebert, Marionna Wegenstein, Armin JansNicolas Roth, Hans Ulrich Jost, Patrick Hunger, Fabrizio QuirighettiClaire Shaw, Peter FanconiAlex Wolf, Dan Steinbock, Patrick Scheurle, Sandro OcchilupoClaudia Kraaz, Will Ballard, Michael Bornhäusser, Nicholas Yeo, Claude-Alain Margelisch, Jean-François Hirschel, Jens Pongratz, Samuel Gerber, Philipp Weckherlin, Anne Richards, Antoni Trenchev, Benoit Barbereau, Pascal R. Bersier, Shaul Lifshitz, Ana Botín, Martin Gilbert, Jesper Koll, Ingo Rauser, Carlo Capaul und Claude Baumann, Markus Winkler, Konrad Hummler, Thomas Steinemann, Karin M. Klossek, Michael A. Welti, Christina Böck, Michel Longhini und Guillaume Compeyron.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.3%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.9%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.38%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.63%
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