«Sie sollten immer einen Plan B haben», sagte mir einmal ein Chef. Es war einer der wertvollsten und ehrlichsten beruflichen Ratschläge, die ich je erhalten habe, schreibt Karin M. Klossek auf finews.first.


Dieser Beitrag erscheint in der Rubrik finews.first. Darin nehmen Autorinnen und Autoren wöchentlich Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen. Die Texte erscheinen auf Deutsch und Englisch. Die Auswahl der Texte liegt bei finews.ch.


Die Zusammenarbeit mit meinem damaligen Chef lief hervorragend, ich kam beruflich gut voran und auch privat war ich glücklich. Ich konnte auf seine damalige Frage keine Antwort geben, denn ich war zuversichtlich und würde wie stets, mein Bestes geben, dass es so weitergehen würde. Ich hatte keinerlei Notwendigkeit gesehen, an einen Plan B zu denken, geschweige denn, an einem Plan B ernsthaft zu arbeiten.

Sein Ratschlag war: Sie können noch so gut und engagiert sein. Es gibt Entwicklungen, die völlig außerhalb Ihres Entscheidungsspielraums liegen. Das Unternehmen kann verkauft werden und die neuen Eigentümer haben ganz andere Vorstellungen, wichtige Marktfaktoren können sich aufgrund von politischen Entscheidungen grundlegend ändern und ein bis dahin hochprofitabler Industriezweig kämpft plötzlich um’s Überleben. Oder es ist viel simpler: Sie bekommen einen neuen Chef, der sie gegen einen seiner bisherigen Vertrauten austauschen möchte.

«Ich bin mir sicher, dass er auch hierzu wieder einen ausgearbeiteten Plan B hat»

Er sollte mit seiner Erfahrung Recht behalten. Vor einigen Jahren traf ich meinen ehemaligen Chef. Er stellte mir wieder die gleiche Frage, und dieses Mal konnte ich stolz davon berichten, dass ich sehr wohl einen Plan B hatte und auch schon einiges an Zeit und Mitteln investiert hatte, diesen Plan B realisieren zu können.

Auf meine Frage nach seinem Plan B, verriet er mir, wie dieser aussah. Im Jahr darauf musste er ihn umsetzen, da die Strategie, die sein internationales Board für die Geschäfte des deutschen Marktes plante, für ihn keine gangbare Option darstellte. Heute ist er mit seinem damaligen Plan B sehr zufrieden. Ich bin mir jedoch sicher, dass er auch hierzu wieder einen ausgearbeiteten Plan B hat und diesen um keinen Preis vernachlässigt.

«Vor dem Finale, schlagen die Wellen aller Erfahrung nach nochmals besonders hoch»

Plan B ist wie ein Rettungsboot, das bereitsteht und mit dem Sie den Ort des Geschehens möglichst schnell verlassen können. Vielleicht nicht ganz so komfortabel und hart am Wind, aber mit der Zeit gewinnen Sie auch hier an Fahrt und erreichen Land. Zeit ist dabei der entscheidende Faktor. Manche Entwicklungen lassen sich nicht absehen. Einen Plan B zu entwickeln, braucht jedoch Zeit. Zeit und innere Ruhe, die man in schwierigen Situationen meist beide nicht zur Verfügung hat. Denn vor dem Finale, schlagen die Wellen aller Erfahrung nach nochmals besonders hoch.

Daher ist es so wichtig, sich gerade dann, wenn alles in die richtige Richtung zu laufen scheint, ernsthaft darüber Gedanken zu machen:

  • Was könnte ich tun, wenn ich mich morgen neu erfinden müsste.
  • Gibt es eine alternative Tätigkeit, die mir Spass mahen würde, und mit der sich Geld verdienen lässt?
  • Was muss ich heute tun, um im Fall des Falles morgen in mein Rettungsboot umsteigen zu können?

Mit Plan B ist eine ernsthafte Änderung der eigenen beruflichen Laufbahn gemeint. Den Arbeitgeber zu wechseln oder fortan von eigenem oder angeheiratetem Vermögen zu leben, ist damit nicht gemeint. Sondern ein wirklich ernsthafter Career-Change.

«Möglicherweise gehören Sie zu den wenigen Menschen, die ihren Plan B nie realisieren»

Einen Plan B vorzubereiten kostet einiges an Überlegung, Zeit und Investition: Neue Fertigkeiten müssen erlernt oder alte Kenntnisse aufgefrischt werden, ein neues Netzwerk muss geknüpft werden, Prüfungen müssen möglicherweise bestanden werden und Renditepotentiale kalkuliert werden.

Möglicherweise gehören Sie zu den wenigen Menschen, die ihren Plan B nie realisieren, weil Plan A von Anfang bis Ende nahezu perfekt verläuft. Glückwunsch. Dennoch bringt ein ausgearbeiteter Plan B den unschätzbaren Vorteil, zu wissen, man ist auf den Fall des Falles vorbereitet. Diese innere Stärke strahlen Sie mit einem Plan B in der Hinterhand aus und vielleicht ist es genau diese Souveränität, die Sie in ihrem Plan A so erfolgreich sein lässt.


Karin M. Klossek arbeitete in Auckland, Sydney und London für Marken im Bereich Mode, Financial Services und Gesundheit mit dem Schwerpunkt strategische Markenführung. Dieser Tage hat sie zusammen mit Maike Siever die Lifestyle-Website GloriousMe.Net lanciert.


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