100-Tage-Bilanz von Trump 2.0 fällt ernüchternd aus
Die ersten drei Monate einer neuen Regierung werden traditionell als erster Meilenstein für die Bewertung des bis dahin Erreichten genommen. Die 100-Tage-Frist der zweiten Trump-Administration läuft zwar erst in der kommenden Woche am 30. April ab. Das Fazit fällt aber schon jetzt ernüchternd aus.
«Die aktuelle Amtszeit von Präsident Trump ist die einzige, in der in den ersten 100 Tagen S&P 500, Dow Jones und der FTSE World Index allesamt gefallen sind», schreibt etwa der globale Vermögensverwalter Aberdeen in einem Kommentar.
Dabei werden als Vergleich die jeweils neuen US-Regierungen seit Bill Clinton im Jahr 1993 herangezogen. Demnach verzeichnete der S&P 500 bis zum 21. April 2025 einen Rückgang um 891,04 Punkte (14,7 Prozent), der Dow Jones fiel um 5'855,39 Punkte (13 Prozent), und der FTSE World Index verlor 102,22 Punkte (9,75 Prozent).
Zwar haben auch unter George W. Bush S&P 500 und FTSE World in den ersten 100 Tagen nachgegeben, nicht jedoch der Dow Jones – und die Rückgänge waren deutlich geringer.
Die übrigen vier Präsidenten (Bill Clinton, Barak Obama, Donald Trump 2017 und Joe Biden) verzeichneten in allen drei Märkten Kursgewinne in den ersten 100 Tagen ihrer Amtszeit, hält Aberdeen fest.
«Wenn Regierungspolitik und Märkte kollidieren, sind es oft die Anleger, die verlieren. Zwar können volatile Märkte langfristig Kaufgelegenheiten für geduldige, antizyklisch denkende Investoren bieten – kurzfristig bringen sie jedoch auch erhebliche Unsicherheit», sagt Aberdeen-Manager Ben Ritchie.
Stagflationärer Schock
Der Markt habe anfangs erwartet, dass Trumps Präsidentschaft die unternehmerische Energie der USA durch Steuererleichterungen und Deregulierung freisetzen würde, betont der Chefökonom des britischen Vermögensverwalters Paul Diggle.
Inzwischen habe sich Ernüchterung eingestellt. «Trump setzt seine angekündigte Zollpolitik um – und geht sogar darüber hinaus. Auch wenn wir davon ausgehen, dass die Zölle tendenziell wieder sinken, bleibt die Unsicherheit gross. Diese Zölle und die politische Unklarheit wirken wie ein stagflationärer Schock auf die US-Wirtschaft – also schwächeres Wachstum bei gleichzeitig höherer Inflation – und das schlägt sich inzwischen auch in den Aktienkursen nieder.»
Als Folge davon ist laut Aberdeen eine grundlegende Neubewertung der Attraktivität von US-Vermögenswerten im Gang. Das betrifft Aktien, Anleihen und den US- Dollar.
Struktureller Kapitalabfluss aus US-Anlagen
Die USA hätten über ein Jahrzehnt eine Sonderstellung eingenommen, weltweit überdurchschnittlich gewirtschaftet und enormes Kapital angezogen.«Doch Aktien und Dollar sind selbst nach den jüngsten Rückgängen noch überbewertet», so Diggle weiter.
Ein Szenario lässt es möglich erscheinen, dass Trump bei seiner Zollpolitik nachgibt und US-Unternehmen wieder attraktiver werden. Ein anderes Szenario lautet: Hohe Bewertungen, sinkendes Wachstum und anhaltende politische Unsicherheit führen zu einem strukturellen Kapitalabfluss aus US-Anlagen.
Politische Realität prallt auf Erwartungen
Auch bei Allianz Global Investors fällt das Fazit für die ersten 100 Tage verhalten aus. Die politische Realität pralle auf die von Trump geschürten hohen Erwartungen. «Während er an seinen Vorstellungen festhält, dürfte sich deren Umsetzung wahrscheinlich zögerlich gestalten.» Dazu würden marktfreundliche Kernelemente der «Trumponomics» wie Steuerreform und Infrastrukturausgaben gehören, in denen die Unterstützung des US-Kongresses von entscheidender Bedeutung sein wird.
«Trumps Versprechen eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums von 3 bis 4 Prozent dürfte nur schwer zu erzielen sein und hängt in erster Linie von Beschäftigungs- und Produktivitätswachstum ab», heisst es hier in einem Kommentar. «Wenn Trump Regulierung zurückfahren kann, dürfte davon in erster Linie der Finanzsektor und weniger der Energiesektor profitieren. Insgesamt dürften die Fortschritte langsamer als erwartet realisiert werden.»