Heute ist der erste Handelstag der neu ausgebenen Credit-Suisse-Aktien. Die zweite Kapitalerhöhung der Grossbank in weniger als zwei Jahren war höchst umstritten. Acht Gründe, warum trotzdem kein Weg an ihr vorbeigeführt hat.

1. Abseits stehen war ein Votum gegen die Bank

Dass die Credit Suisse (CS) ihre Aktionäre innert 18 Monaten gleich zweimal um Geld anbettelte, mag für die Eigner der Bank desillusionierend gewesen sein. Doch wer den Titel schon hält, wird der Kapitalerhöhung kaum fernbleiben. Ohne Ausübung der Bezugsrechte für die neuen Aktien schlägt nämlich der Verwässerungseffekt von rund 15 Prozent voll auf den Kurs durch. Wer das in Kauf nimmt, erwartet rein gar nichts mehr von den «CS-Namen» – und trennt sich deshalb am besten von den Titeln.

Den Preis der neuen Aktien hatte die Grossbank mit 10.80 Franken deutlich unter dem aktuellen Kurs von 13.30 Franken angesetzt. Dass die CS ab 2017 von der umstrittenen Wahldividende auf eine Bardividende wechselt, sollte die Aktionäre ebenfalls milde stimmen.

Fazit: Das Kalkül ist aufgegangen. Wie die CS am (gestrigen) Mittwoch Abend vermeldete, wurden 99,2 Prozent der Bezugsrechte ausgeübt und ein Erlös von rund 4,1 Milliarden Franken für die Bank erzielt – die Bank hatte mit 4 Milliarden Franken gerechnet.

2. Ein Papiertiger als Alternative

Der Teil-Börsengang der Schweizer Einheit war von der Bankführung lange als äusserst clevere und für Aktionäre attraktive Idee verkauft worden. In Tat und Wahrheit war das Ganze eher ein Papiertiger. Das Modell einer Abspaltung mit bleibender Mehrheitsbeteiligung des CS-Konzerns hätte die Komplexität innerhalb des Gesamtunternehmens massiv erhöht und gleichzeitig viele Kosten intransparent gemacht.

Grossinvestoren wie die amerikanischen Harris Associates hatten betont, dass sie das nicht goutieren. Also schwenkte CS-CEO Tidjane Thiam auf eine Kapitalerhöhung um.

3. Die Kapitalbasis muss dringend gestärkt werden

Eine stärkere Eigenkapitaldecke ist nicht nur zwingend, um den verschäften Too-big-to-fail-Anforderungen für das Jahr 2019 zu genügen. Sie ist auch Grundlage für alle weiteren strategischen Schritte der Bank.

Ohne Stabilität kann sich die CS nicht glaubwürdig als solide Vermögensverwalterin positionieren. Noch mehr: Dem Institut droht akut der Abstieg in die unteren Banking-Ligen. Sogar die kriselnde Deutsche Bank wäre nach der eigenen Kapitalerhöhung besser kapitalisiert gewesen als die Schweizer Konkurrentin.

4. Die Ankeraktionäre ziehen mit

Die Grossaktionärin Harris Associates hat seit Anfang Jahr eine Kapitalerhöhung als Alternative zum Schweiz-IPO favorisiert. Interessanterweise haben letzthin auch die Katari als viertgrösste Anteilhalter ihre Position bei der CS auf 5,01 Prozent erhöht. Das lässt sich als Zeichen werten, dass sie den neuerlichen Milliarden-Zustupf an das Institut ebenfalls mittragen.

An der ausserordentlichen Generalversammlung vom vergangenen Mai herrschten derweil fast nordkoreanische Zustände. Über 99 Prozent der vertretenen Stimmen genehmigten damals die Kapitalerhöhung.

5. Das Rebound-Potenzial ist beträchtlich

Für CS-Aktionäre war CEO Thiam noch nie der «Golden Boy»: Seit seinem Antritt und der angekündigten Turnaround-Strategie liegt der CS-Kurs um rund 40 Prozent tiefer. Ob dies gerechtfertigt ist, sei dahingestellt. Tatsache ist, dass der Buchwert pro Aktie mit rund 20 Franken weit höher liegt als der gegenwärtige Kurs bei 13.30 Franken.

Anders gesagt: In der CS schlummert Wert, an den die Börse (noch) nicht glaubt. Die Stärkung der Kapitaldecke wird dazu beitragen, Vertrauen wieder zurückzugewinnen. Würde der Markt die CS ähnlich bewerten wie die UBS, stiege die Aktie um rund 40 Prozent an.

6. CEO Tidjane Thiam kann es

Der CEO der CS geniesst nicht nur Sympathien. Er hat in der CS keinen Stein auf dem anderen gelassen und mit seiner Turnaround-Strategie gleich mehrere Fronten geöffnet. Entsprechend turbulent verlief sein erstes Jahr an der Spitze. Nicht geholfen haben zwei Jahresverluste in Milliardenhöhe – auch wenn diese nicht Thiam anzulasten sind.

Faktisch hat er mit seinem neu zusammengesetzten Managementteam aus der CS eine stabilere Bank geformt, deren Geschäftsmodell mit starkem Wealth Management und einer dazugehörenden Investmentbank funktioniert und stabile Erträge erwirtschaftet.

Der Turnaround der Bank ist noch nicht beendet. Thiam selber hat wiederholt gesagt, dass die neue Strategie erst ab 2018 voll zur Entfaltung kommt. Die Kapitalerhöhung ist daher Mittel zum Zweck.

7. Wetten auf die Zeit nach 2018

Traut man den Versprechen Thiams, dann präsentiert sich die CS ab 2018 als solide Grossbank mit einem Fokus auf die Vermögensverwaltungen und hoher Ausschüttungsquote. Diese Aussicht allein dürfte vielen Investoren ihren Einsatz wert sein. Wie aus Investmentbanking-Kreisen zu vernehmen ist, werden unter Grossinvestoren aber bereits Strategiespiele für die Zeit nach dem Turnaround herumgeboten.

Im Zentrum dieser Ideen stehen nicht zwingend Fusionen mit Konkurrenten wie der Deutschen Bank oder der Zürcher Julius Bär, wie es heisst. Sondern weiter entfernte regionale Finanzplayer, denen die CS ihre internationale Plattform zur Verfügung stellen könnte.

8. Mehr Fantasie als bei der UBS

Gerne wird Thiams CS als «UBS light» verspottet, zuletzt von einem Analysten der Zürcher Privatbank Julius Bär, der in einem Report von einer Teilnahme an der Kapitalerhöhung abriet. Ausgeblendet wird dabei aber, dass die grösste Schweizer Bank UBS dieses Jahr trotz ihrer Stärke rund 4 Prozent an Wert an der Börse eingebüsst hat. Dies, während amerikanische Banktitel haussierten und der Schweizer Bluechip-Index SMI um 8 Prozent zulegte.

Das beweist deutlich, dass zurzeit auch der Klassenprimus im Swiss Banking kleinere Brötchen bäckt. Die CS-Namen als «Kellerkinder» der letzten Monate bergen da mehr Unsicherheit – aber auch mehr positives Überraschungspotenzial.

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