Das Zürcher Widder Hotel ist ein zentraler Bestandteil der UBS-Geschichte – als Beweisstück dafür, dass eine Bank nicht bloss dem schnöden Mammon dient.

Gerüchte kursierten schon seit einigen Jahren. Vergangene Woche ist die Schweizer Grossbank UBS zur Tat geschritten. Sie hat ihr 5-Sterne-Hotel Widder mitsamt einiger Immobilien im Zürcher Augustiner-Quartier dem Schweizer Lebensversicherer Swiss Life verkauft, wie auch finews.ch berichtete. Immerhin, so mögen manche Leute vermutlich denken, gingen die Objekte nicht an einen katarischen oder an einen chinesischen Käufer.

Dennoch wirft der «Deal» Fragen auf. Denn die UBS hat hier nicht irgendwelche Immobilien zu einem nicht genannten Preis versilbert, sondern sich von einem sehr bedeutenden Teil ihrer Geschichte getrennt und sich damit auch vom langjährigen Anspruch auf eine gewisse gesellschaftliche Verantwortung entfernt.

Viele neue Räume

Natürlich, rein betriebswirtschaftlich gesehen macht es in mehrfacher Hinsicht Sinn, dass die UBS nicht auch noch Hotels besitzt und betreibt. Ihre Kernkompetenz ist ja das Geldwesen. Und tatsächlich wird die grösste Schweizer Bank in ihrem renovierten Hauptsitz an der Bahnhofstrasse schon bald sehr viele neue Räume haben, die sie für Seminare und andere Anlässe nutzen kann, wie sie vergangene Woche ebenfalls mitteilte.

Doch darum geht es nicht. Denn auch bisher war das Widder Hotel nicht unbedingt der Ort, wo die UBS alle ihre Veranstaltungen durchführte – schliesslich besitzt sie ja noch das Konferenzgebäude Grünenhof an der Nüschelerstrasse in Zürich sowie in anderen Gebäulichkeiten weitere, hoch moderne Tagungsräume.

Vorhaben eines Ausnahmebankiers

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(Widder Hotel im renovierten Augustiner-Quartier in Zürich)

Dass sich die UBS vom «Widder» trennt, ist bedauerlich, weil das Hotel Teil eines einzigartigen Vorhabens war, dass vor gut drei Jahrzehnten – als die damalige Schweizerische Bankgesellschaft (SBG) und heutige UBS im Zenit ihrer Entwicklung stand – die Grösse, Bedeutung und auch gesellschaftliche Verantwortung der damaligen Chefs dieses Instituts unterstreicht.

Das ganze Projekt geht auf den Ausnahmebankier Robert Holzach zurück, der zunächst als Vorsitzender der Geschäftsleitung und später als Verwaltungsratspräsident und Ehrenpräsident die SBG massgeblich prägte und entwickelte. Nachdem er auf einer Geschäftsreise in amerikanischen Grossstädten die fortschreitende Ghettoisierung ganzer Viertel beobachtet hatte, wollte er um jeden Preis verhindern, dass sich Ähnliches im damals arg heruntergekommenen Zürcher Augustiner-Quartier ereignete.

Günstiger Wohnraum für die Bevölkerung

Mit diesen Überlegungen schwebte ihm der Bau eines neuen Hauptsitzes der SBG vor, verbunden mit einer Totalrenovation dieses Stadtteils. Weil sich schon damals die Zürcher Baubehörden gegen allzu hochtrabende Visionen stellten und das Projekt bachab schickten, wählte Holzach den Plan B, der den Bau eines Luxushotels sowie die Renovation der umliegenden Häuserreihen vorsah – um günstigen Wohnraum für die Bevölkerung zu erschliessen.

Unter diesen Prämissen ist das Widder Hotel unter der kundigen Leitung der damals noch sehr jungen Bündner Architektin Tilla Theus entstanden und sind die umliegenden Häuserreihen kunstvoll erneuert worden, so dass Zürich bald eine Sehenswürdigkeit mehr zu bieten hatte.

Schnöder Mammon

Insofern ist das Widder Hotel als Nukleus des gesamten Projekts ein zentraler Bestandteil der UBS-Geschichte, weil es als Beweis dafür galt, dass eine Bank nicht bloss dem schnöden Mammon dient. Offenbar scheint dies auf der Chefetage der UBS aber niemanden mehr zu interessieren.

Mehr noch: In den vergangenen Jahren hat die Bank sehr vieles veräussert. So hat sie unter anderem auch zahlreiche, hochkarätige Kunstgegenstände und -gemälde verkauft, um, wie böse Zungen behaupten, ihre Bilanz aufzupeppen. Und dies alles, um nur wenige Jahre später, wieder neue Kunst zu erstehen.

Messer ansetzen

Natürlich – betriebswirtschaftlich macht es, wie erwähnt, durchaus Sinn, wenn sich eine Bank auf ihre Kernkompetenz besinnt. Doch unter diesen Prämissen müsste sie endlich auch einmal das Messer bei den Löhnen auf der Chefetage ansetzen. Denn diese Gehälter sind aus betriebswirtschaftlicher Sicht ebenfalls nicht zu rechtfertigen – insbesondere nicht, wenn man sie mit der Kursentwicklung der UBS-Aktie in den vergangenen Jahren vergleicht.

Last but least: Eine positive Note kann man der ganzen Transaktion doch noch abgewinnen. Während die erwähnten Immobilien an die Swiss Life gehen, übernimmt die Ihag Holding den Betrieb des Widders Hotels und integriert diesen in ihre Hotelgruppe «The Living Circle», zu der auch das Hotel Storchen in Zürich sowie das Hotel Castello del Sole in Ascona gehören. 

Eine enge Beziehung

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(Géza Anda und Hortense Anda-Bührle, Bild: Keystone)

Die Ihag-Gruppe ist im Besitz der Familien Bührle und Anda. Die 2014 verstorbene Unternehmerin, Kunstsammlerin und Mäzenin Hortense Anda-Bührle unterhielt nach dem frühen Tod ihres Gatten Géza Anda, einem Schweizer Pianisten und Dirigenten mit ungarischen Wurzeln, eine enge Beziehung zum «eingefleischten» Junggesellen Robert Holzach.

Wie sich Zeitzeugen erinnern, besuchten die beiden Persönlichkeiten regelmässig gemeinsam wichtige Empfänge und Anlässe. Insofern entbehrt es nicht einer gewissen Symbolhaftigkeit, wenn das Widder Hotel nun ins Ihag-Imperium einfliesst.

 

 

 

 

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