Der Wirbel um den neusten Pictet-Partner Boris Collardi ist ein Symptom des Wandels bei den Privatbankiers. Dabei kommen auch Traditionen ins Wanken.

Das «Gentlemen’s Agreement» der Genfer Privatbanken hatte über Generationen gehalten: Man wildert nicht im Gebiet des jeweils anderen. Diese Zeiten sind vorbei.

Boris Collardi, der jüngste und neuste Partner der Genfer Privatbank Pictet hat Banker auf der ganzen Welt kontaktiert, wie auch finews.ch berichtete. Darunter waren angeblich auch Angestellte der nach Pictet zweitgrössten Privatbank in der Rhone-Stadt, Lombard Odier.

Privatbanken unter Zugzwang

Dieser Bruch mit der Tradition zeigt auch, dass die Banken aufgrund ihres eigenen Wachstums unter Zugzwang stehen. Pictet verwaltete Ende Juni 512 Milliarden Franken, Lombard Odier 274 Milliarden Franken, jeweils inklusive der Asset-Management-Sparte. Diese macht allerdings bei Pictet fast 200 Milliarden Franken aus.

Das Wachstum auf diese Grösse musste im kleinen Genfer Arbeitsmarkt dazu führen, dass man sich irgendwann gegenseitig auf die Füsse trat. Dass Pictet, mit den meisten Kundengeldern und Angestellten, dabei den ersten Schritt macht, überrascht nicht.

Wildern bleibt undenkbar

Bei der Konkurrenz, vor allem auch bei kleineren, noch konservativeren Häusern wie Mirabaud oder den verbliebenen fünf «echten» Privatbanken, bleibt ein solches Wildern undenkbar. Der sich ändernden Welt zum Trotz bleibt man einem Modell der Koexistenz treu, welches jahrzehntelang für Erfolg sorgte.

Wie treu die Angestellten den Privatbanken häufig sind, zeigt sich am Prozentsatz der jährlichen Abgänge bei Pictet: 6,5 Prozent waren es 2017, eine vergleichsweise tiefe Zahl für ein Finanzunternehmen. Trotzdem muss die Bank damit jährlich mindestens 260 Leute neu einstellen, will sie nicht schrumpfen.

Kleines Genf

Collardis Partner Renaud de Planta, der 1998 ebenfalls von Aussen zur Bank stiess, sagte letzten Monat, man wolle keinem Konkurrenten durch das Abwerben von Mitarbeitern Schaden zufügen. 

Während sich im internationalen Markt genug andere Konkurrenten tummeln, deren Mitarbeiter zu einem Schweizer Vermögensverwalter wechseln könnten, ist Genf allerdings klein. Intensiviert sich der Wettbewerb, könnten die Wachstumsbestrebungen den Banken selbst zum Nachteil werden.

Vorteile nur für die Berater

Wohin dieses Szenario im Extremfall führen könnte, zeigt ein Blick auf die USA. Die Kundenberater der dortigen Brokerage-Anbieter, lassen sich ihre vorübergehende Loyalität jeweils fürstlich entlohnen.

Das hat vor allem für diese Berater Vorteile. Die Gewinne der Banken leiden darunter. Im auf Stabilität ausgerichtete Private Banking schweizerischer Prägung sind ständige Wechsel auch für die Kundenzufriedenheit Gift.

 

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