Die traditionelle Finanzindustrie muss ihre starren Organisationen und Hierarchien überdenken, um die technologische Revolution adaptieren zu können. Die Deutsche Bank räumt schon mal auf – und kippt die Jobtitel.

Es ist zwar nur ein Beginn, doch einer mit Symbolkraft. Die Asset-Management-Tochter der Deutschen Bank DWS streicht per 2020 die meisten Jobtitel. Dabei geht es DWS schlicht darum, eine andere Unternehmenskultur zu schaffen, um im globalen Wettbewerb mithalten zu können.

Die Aufgaben der Mitarbeiter würden «klar definierte Beschreibungen haben, Verantwortlichkeiten, Erwartungen und Prioritäten», zitiert das deutsche Nachrichtenportal «finanz-szene.de» aus einem internen Memo, welches DWS bestätigte. Und weiter: «Die Vergütung für jede Rolle wird entsprechend definiert.» DWS wolle eine kollaborative Arbeitsumgebung mit flachen Hierarchien schaffen, die «auf funktionalen Rollen, Fähigkeiten und Kompetenzen» basiere.

Der Platz in der Hierarchie

Damit ist es mit den Analysts, Vice Presidents und Managing Directors vorbei, jenen Jobtiteln, welche jedem Träger seinen Platz in der strengen Hierarchie einer Bank zuwiesen. «Im Zuge der Abschaffung von Corporate Titles haben wir auch einstimmig beschlossen, dass es für 2019 keine Beförderungen geben wird», schliesst das achtköpfige DWS-Management im Schreiben an die Mitarbeiter – es selber nennt sich weiterhin Executive Board und wird weiterhin von CEO Asoka Wöhrmann gelenkt.

DWS bricht damit nicht nur mit einer Tradition: Die Abschaffung der Hierarchiestufen ist der dringende Versuch, sich an eine neue Realität nicht nur in der Arbeitswelt, sondern auch in der Finanzindustrie anzupassen. Dort bestimmt der Einsatz von Technologien und entsprechenden Entwicklungen den Weg in die Zukunft.

Die entsprechenden Arbeitskräfte sind Ingenieure und Programmierer, Arbeitsmethoden und Unternehmenskultur sind den Technologie-Hubs im Silicon Valley oder in Tel Aviv abgeschaut. Entsprechend haben Banken die Campus-Strukturen von Tech-Konzernen in Teilen bereits übernommen, wobei es darum geht, Interaktion und Kooperationen zu ermöglichen.

Ein lange Leiter nach oben

Mit der jahrzehntelangen Tradition der Jobtitel-Hierarchie in den Banken hat dies wenig zu tun: In den meisten europäischen Banken beispielsweise steigt der Jungbanker als Analyst ein, wird dann Associate, Assistant Vice President, Vice President, Director und als vorläufige Krönung Managing Director.

Bei der UBS spannt sich der Karrierehorizont teils sogar noch weiter, gibt es bei der grössten Schweizer Bank doch noch die Zwischenstufen des Associate Directors, Executive Directors und Group Managing Directors.

Die Jungen wollten nicht mehr

Das Hierarchiesystem hat bereits in der jüngeren Vergangenheit den Banken nicht mehr zum Vorteil gereicht. Junge und talentierte Hochschulabsolventen waren schlicht nicht mehr bereit, sich mehr als ein Jahrzehnt durch die Ränge bis zum Managing Director hochzuarbeiten, was die Finanzinstitute teils dazu bewog, Neueinsteigern einen schnelleren Pfad zu höherem Rang und höheren Boni zu versprechen, um sie nicht an die hipperen Tech-Konzerne zu verlieren.

Böse Zungen behaupten, je höher der Jobtitel im Banking, desto höher die Anzahl täglicher Sitzungen verbunden mit abnehmender Arbeitsintensität, aber steigendem Salär. Mit anderen Worten: Die Hierarchisierung in den Banken führt zu einer Verstarrung, in welcher auch wichtige Entscheide von unten nach oben und anschliessend die Rangstufen wieder herab delegiert werden, ohne zu einem Ergebnis zu führen.

Verantwortung delegieren

Karriere im Banking ist somit durch das Erlangen eines höheren Jobtitels gekennzeichnet. Dieser geht zwar auch mit mehr Verantwortung einher, gleichzeitig aber auch mit den vielfältiger werdenden Möglichkeiten, diese zu delegieren. 

Dass die immerhin über 3'400 Angestellte zählende Asset-Management-Einheit der Deutschen Bank sich dieses Problems nun annimmt und die Hierarchien streicht, dürfte kein Einzelfall bleiben. In Zukunft könnte es im Banking heissen: Kooperation statt Karriere.

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