Private Banking ist und bleibt ein People’s Business: Das sagt Jan Quensel, Associate Partner bei der renommierten Beratungsfirma McKinsey in Zürich. Mit finews.ch hat er über Neobanken, Digitalisierung und den drohenden Jobabbau in der Branche gesprochen.


Herr Quensel, in den Quartalsausweisen von Schweizer Privatbanken lassen sich zwei Trends ausmachen: florierender Handel, aber stagnierende Vermögen. Ist dies die neue Normalität im Metier?

Die Kundenaktivität ist einer der Ertragstreiber der nächsten Jahre in einem Umfeld sinkender Makrotrends, zum Beispiel Zinsen und Aktienrenditen. Die Handelsvolumen an den Börsen sind nach wie vor über Vorjahresniveau, aber deutlich unter den Volumen vom vergangenen März, als diese einen Faktor zwei bis drei des regulären Niveaus erreichten.

Was leiten Sie daraus ab?

Privatbanken versuchen, das Momentum aus der Krise mitzunehmen – wesentliche Hebel sind dabei die Verbesserung des E-Bankings und die Aktivierung der Berater. Diese Aktivitäten sollen die Ertrags-Effekte der Makrotrends kompensieren. Das Vermögenswachstum dürfte mittel- bis langfristig auf das bisherige Normalniveau zurückkehren.

Gemäss dem neuesten Private Banking Report von McKinsey haben sich die Gewinne etwa der deutschen Banken seit der Finanzkrise halbiert. Vermag die Hochpreisinsel Schweiz dieser Entwicklung trotzen?

Der Profit-Pool hat sich vor allem aufgrund der Ertragsmarge reduziert; das Vermögenswachstum vermochte diese Margenreduktion nicht mehr kompensieren. Der deutsche Markt ist besonders Inland-orientiert und durch einen hohen Anteil an Sparkassen und Volksbanken sowie einigen ausländischen Akteuren sehr kompetitiv. Das verstärkt den Effekt.

«Die Kosten waren bis Ende 2018 bei einer Mehrheit der Privatbanken keine strategische Priorität»

Der Schweizer Markt profitiert im Vergleich zum deutschen Markt von einem hohen Offshore-Anteil mit einer Risikoprämie und komplexeren Produkten. Doch auch der Schweizer Markt kann sich einer Margenerosion nicht entziehen.

Wenn es an Margen und Wachstum mangelt, geraten die Kosten in den Vordergrund. Werden nun die hohen Löhne von Beratern angetastet – oder streichen die Banken eher im Rückwärtigen Dienst Stellen?

Die Kosten waren bis Ende 2018 bei einer Mehrheit der Privatbanken keine strategische Priorität, vielmehr stand das Wachstum im Vordergrund. Privatbanken versuchten Ertragsdruck mit Wachstum, vor allem mittels Nettoneugeld, aber auch mittels Marktperformance, zu kompensieren. Durch die Korrekturen bei den verwalteten Vermögen haben in den vergangenen Monaten die Kosten an Bedeutung gewonnen. Dabei sind die Kosten der Front ein signifikanter Block, der in den letzten drei bis vier Jahren mit fast 3 Prozent auch am stärksten gewachsen ist. In derselben Periode stiegen aber auch die Kosten im Back-Office; offen ist die dabei die Frage, welcher Anteil dabei durch regulatorische Anforderungen ausgelöst wurde.

Wo wird zuerst gespart?

Wir glauben an eine Front-to-Back Kostenreduktion entlang der zentralen Prozessen einer Bank, unterstützt durch eine Reduktion der Komplexität, zum Beispiel im Bereich Märkte und Produkte.

In wirtschaftlich unsicheren Zeiten rückt das Kundenverhältnis wieder in ein neues Licht. Haben die Privatbanken für die Kunden im Corona-Crash vom März Mehrwert erbracht?

Dazu gibt es keine eindeutige Antwort. In der Krise haben die Banken natürlicherweise Kontaktpunkte mit ihren Kunden, wobei unser Research zeigt, dass ein Drittel der Kunden von ihren Banken nicht kontaktiert wurden.

Die Kunden fühlten sich wohl alleingelassen?

Für die betroffenen Kunden wirkt das hemmend auf das zukünftige Verhältnis mit der Bank. Wo Interaktion stattfand, haben wir positive Signale erhalten. Wir sehen, dass diese Kunden auf die Beratung mit Umschichtung reagiert haben, vor allem mit einer Bewegung von Aktien hin zu Bargeld. Das zeigt, dass Kunden 0 Prozent Verzinsung oder sogar einen Negativzins relativ zur Volatilität am Markt als Mehrwert wahrnehmen.

«Whatsapp ist vielfach Hauptinstrument der Kommunikation mit den besten Kunden»

Entsprechend müssen sich Privatbanken überlegen, wie, wann und mit welchen Produkten sie ihre Kunden wieder stärker in Anlagen zurückführen können.

In der Krise wurde Banker nachhause geschickt und die Kundenbeziehung weitgehend digitalisiert. Wird nach dem Ende der Pandemie das Rad wieder zurückgedreht?

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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