Aktivistische Aktionäre nehmen zunehmend auch auf Banken Einfluss, wie sich am Beispiel der Credit Suisse zeigt. Verschiedene Investoren-Vertreter wollen dem CS-Management an der nächsten Generalversammlung von nächster Woche die Décharge verweigern. Die Chancen für Aktivisten stünden noch nie so gut wie jetzt, sagt ein Finanzfachmann.

Während Unternehmen anderer Branchen in den vergangenen Jahren regelmässig Ziel aktivistischer Investoren waren, hat sich an den Bankensektor bisher noch niemand so richtig herangetraut. Doch das könnte sich nun ändern, schreibt Simon Samuels, einer der Gründungspartner des britischen Beratungsunternehmens Veritum Partners, in einem Gastbeitrag in der «Financial Times».

Einzelne Aktionäre hätten oft das Gefühl, dass sie keinen wirklichen Einfluss auf die Geschehnisse in Unternehmen nehmen könnten. Doch nun könnten sie zumindest darauf hoffen, dass Grossinvestoren bei einer hinreichend schlechten Leistung eines Unternehmens schliesslich eingreifen werden, so Samuels.

Credit Suisse unter Druck

Das zeigt sich derzeit besonders gut am Beispiel der Credit Suisse (CS). Das schlechte Management in den vergangenen zwei Jahren hat verschiedene Aktionärsvertreter wie Ethos, Glass Lewis oder ISS auf den Plan gerufen. Sie wollen an der kommenden Generalversammlung vom 29. April 2022 der Konzernleitung und dem Verwaltungsrat die Décharge verweigern.

Angesichts der desolaten Lage der Schweizer Grossbanken dürften noch weitere Forderungen aufs Tapet kommen. Doch werden sie auch Erfolg haben?

Kollektiver Seufzer

Im vergangenen Jahr gab es mehrere Fälle von grossen europäischen Unternehmen, bei denen Aktivisten erfolgreich auf Veränderungen drängten. Als Beispiele nennt Samuels GlaxoSmithKline, wo Elliott Management starken Druck ausgeübt hat, oder Trian Partners bei Unilever. Zudem forderte Cevian bei Ericsson eine Neuordnung der Unternehmensführung.

«Merkwürdigerweise haben die Aktivisten jedoch den Bankensektor bislang gemieden – Bankmanager konnten mit Blick auf andere Branchen einen kollektiven Seufzer der Erleichterung ausstossen, schreibt Samuels.

Grosse Herausforderungen

Die Banken hätten ohnehin mehr Herausforderungen zu bewältigen als die meisten anderen Wirtschaftszweige. Immer niedrigere Zinssätze haben die Margen dezimiert, die sich früher zwischen Krediten und Einlagen erzielen liessen. Neue Fintech-Unternehmen drängen nach und nach in einige der profitabelsten Geschäftsbereiche und die Aufrechterhaltung knarrender IT-Altsysteme verschlingen einen immer grösseren Teil des Technologiebudgets, das sie lieber für Investitionen in die Zukunft verwenden würden.

Ausserdem sind der regulatorische Druck und die Kapitalanforderungen strenger geworden. Die Aktienkurse der europäischen Banken sind seit ihren Höchstständen vor der Finanzkrise um 75 Prozent und seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine um 30 Prozent gesunken. «Der europäische Bankensektor sollte entsprechend ein fruchtbares Terrain für Aktivisten sein», so der Berater weiter.

Verschiedene Bremsfaktoren

Bisher sei der «Aktivismus» im Bankensektor durch gleich mehrere Faktoren gebremst worden. Dabei seien die wichtigsten die Regulierungsbehörden und die Grösse. Die Aufsichtsbehörden müssen Kontrollbeteiligungen genehmigen, was in der Regel ab 10 Prozent oder mehr interpretiert wird. «Die Aufsichtsbehörden werden nervös, wenn es darum geht, Aktivisten in das Aktienregister aufzunehmen.»

Dies können Aufsichtsbehörden als unwillkommene Instabilität interpretieren. Doch Aufsichtsbehörden könnten der Rolle von Aktivisten in Zukunft offener gegenüberstehen, wenn die Sorgen über die anhaltend niedrige Rentabilität und die gedrückten Bewertungen im Bankensektor anhalten, stellt Samuels fest.

Kleinere Scharmützel

In den vergangenen Jahren habe es zwar einige kleinere Scharmützel gegeben, aber nichts, was auf einen erfolgreichen Einmarsch hinauslief. In Grossbritannien gab Edward Bramson's Sherborne Investors vergangenes Jahr den Versuch auf, Barclays zu zwingen, seine Investmentbank zu verkleinern. Der Grund: Der starke Aufschwung im Investmentbanking-Zyklus machte den Angriff zunichte.

Zuletzt habe die globale Private-Equity-Firma Cerberus, die zwar kein Aktivist, aber definitiv ein Agitator sei, ihre Anteile an der Deutschen Bank und der Commerzbank reduziert, nachdem sie ihr lang gehegtes Ziel, eine Fusion des deutschen Duos zu erzwingen, aufgegeben hatte, so Samuels weiter.

Besorgt über die Schulter schauen

Die Welle der Aktivisten könnte tatsächlich die Küsten des Bankensektors erreichen. «Dann müssten die Bank-Manager, wie bereits die Chefs vieler anderer europäischer Unternehmen, besorgt über ihre Schultern schauen», prophezeit der Banken-Berater.

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