Anders verhält es sich mit dem vielen Geld, das in den vergangenen Jahren – zumeist auf zweifelhaften Wegen – aus China heraus nach Hongkong geflossen ist und der Finanzbranche zusätzliche Erträge beschert hat. (Schwarz-)Geld, das aus dem beispielslosen Wohlstandsboom seit der wirtschaftlichen Öffnung des Reichs der Mitte resultiert. Geld auch, das den chinesischen Machthabern ein Dorn im Auge ist und dazu geführt hat, dass manche chinesischen Geschäftsleute für kurze oder längere Zeit verhaftet oder gar verurteilt wurden.

Kampf um Vorherrschaft im 21. Jahrhundert

Unter diesen Prämissen ist der Versuch Pekings, Hongkong zu unterjochen, auch eine Massnahme, den Finanzplatz und die zufliessenden Gelder intensiver zu kontrollieren. Allerdings dürfte das bisherige Vorgehen kaum vertrauensfördernd gewesen sein. Von einem Abfluss an Kundengeldern wollen die in Hongkong tätigen Banken trotzdem nichts wissen. Sie warten ab und setzen alles daran, die Wogen zu glätten, berichtet ein Private Banker vor Ort. Anders die Kundenberater an der Front, die nun von ihrer Klientel mit nervösen Fragen – auf die sie selber kaum Antworten wissen – überhäuft werden.

Vielleicht muss man die ganze Kontroverse auch in einem grösseren Zusammenhang sehen: Was sich in den vergangenen Monaten an einem Handelskrieg zwischen den USA und China entzündet hat, ist letztlich die Ausmarchung über die wirtschaftliche Vorherrschaft im 21. Jahrhundert, wie Daryl Liew, Investmentchef der Genfer Privatbank Reyl in Singapur erklärt.

Dabei geht es nicht wie früher um Waren, sondern um die technologische Dominanz, die sich unter dem Kürzel «5G» subsumieren lässt – einem neuartigen Standard für das Internet und die Telefonie. China hat sich dabei zum Ziel gesetzt, zum globalen Trendsetter für 5G und andere Zukunftstechnologien zu werden.

Zwischen Unberechenbarkeit und Unnachgiebigkeit

Das wiederum ist den Amerikanern ein Dorn im Auge, die ihre diesbezügliche Führerschaft nicht einfach preisgeben wollen. Daraus resultiert der von US-Präsident Donald Trump bislang über neue Zölle ausgelöste Handelskrieg gegen das Reich der Mitte. Trump dürfte in seinen Bemühungen nicht nur aus Eigennutz und mit Blick auf seine Wiederwahl getrieben sein, sondern auch unter Druck der amerikanischen Wirtschaft stehen, die nicht bereit ist, ihre globale Führerschaft so leicht verlieren zu wollen.

«Insofern spricht sehr viel für eine weitere, anhaltende Eskalation dieses Konflikts», sagt Neil Shearing, Chefökonom der internationalen Wirtschaftsanalyse-Firma Capital. Economics 

Doch Trumps Unberechenbarkeit und die Unnachgiebigkeit seines chinesischen Pendants, Xi Jinping, führen nun dazu, dass das Weltgefüge so fragil geworden ist und die Lage wie ausweglos erscheint. «Diese beiden Persönlichkeiten spielen mit dem Feuer», sagt Gérard Piasko, Chief Investment Officer (CIO) der Schweizer Privatbank Maerki Baumann im Interview mit finews-TV.

Die Ereignisse in Hongkong sind insofern auch im Lichte dieser aktuellen Konfrontation der beiden Supermächte zu betrachten. Da sich beide Regenten nur beschränkt von Prinzipien und Tugenden leiten lassen und stattdessen eher von Machterhaltungsüberlegungen und Opportunismus getrieben sind, ist in den nächsten Monaten mit allen Entwicklungen zu rechnen.

Kurzfristige Verluste

Das gilt auch für den Finanzplatz Hongkong: So gesehen dürfte er kurzfristig zu Gunsten von Singapur und nicht zuletzt auch von der Schweiz an Boden verlieren. Viele Vermögende werden auch noch mehr Geld ins Ausland verlagern – was wiederum für die Banken enorme Geschäftsmöglichkeiten darstellt. Langfristig ist Hongkong jedoch als Drehscheibe und Tor von und nach China zu wichtig, als dass man die Mega-Metropole gänzlich abschreiben könnte.

Vielmehr geht es um eine Integration Chinas in unser globales Gefüge. Zumal Hongkong auch in Zukunft als (Börsen-)Handelsplatz, Zentrum für Investmentbanking-Aktivitäten und Unternehmensfinanzierungen sowie für andere Finanzdienstleistungen aus der Geschäftswelt absolut bedeutend bleiben wird, während die klassische Verwaltung und Betreuung von privaten Kundenvermögen durchaus in andere, juristisch verlässliche Länder abwandern könnte.

Neue Standorte prüfen

Angesichts der Tatsache, dass chinesische Unternehmer praktisch überall in Asien und auch darüber hinaus präsent sind, würde es sich für Schweizer Banken sicherlich lohnen, den Ausbau bestehender und neuer Standorte in der Region in Betracht zu ziehen.

 

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