Im ausserbörslichen Handel gehört die Compagnie Financière Tradition zur Weltspitze. Künftig will die Lausanner Firma auch in einem Bereich wachsen, der auch bei Bank-Managern für Fantasie sorgt, wie CEO Patrick Combes zu finews.ch sagte.

Die Compagnie Financière Tradition aus Lausanne ist ausserhalb der eigenen Branche nur wenigen ein Begriff. Dabei beherrscht das Unternehmen unter der Führung von Patrick Combes knapp 20 Prozent des ausserbörslichen Handels mit Finanzprodukten wie zum Beispiel Zins-Swaps oder Währungsderivaten.

Die sogenannten Interdealer Broker nehmen dabei eine Rolle als Vermittler zwischen Käufern und Verkäufern ein. Anders als Banken gehen sie nicht selbst ins Risiko, wickeln aber Volumen von Billionen Franken ab.

Wertvolles Wissen

Tradition kontrolliert zusammen mit beiden grösseren Konkurrenten ICAP und BGC Partners 80 Prozent dieses Geschäfts. Dank dieser Konzentration, welche auch eine Folge des Wandels nach der Finanzkrise ist, hat niemand einen besseren Überblick über die Bewertung von Finanzprodukten jeder Couleur als diese drei Firmen.

Dementsprechend sitzen die Broker auf einer Goldmine, wie Combes im Interview mit finews.ch nach der Präsentation der Halbjahreszahlen am vergangenen Freitag sagte. Es gibt zum Beispiel bereits Börsenbetreiber, welche mit Daten grössere Erträge erzielen, als mit dem eigentlichen Handel.

Korrekte Bewertung

«Die Daten sind ein Nebenprodukt», sagte der Franzose, der das Schweizer Unternehmen 1997 übernahm und seitdem leitet. «Ihr potenzieller Wert ist aber bedeutend.»

Während mögliche Abnehmer früher vor allem an möglichst aktuellen Kursen interessiert waren, geht es mittlerweile auch um die vertiefte Analyse der Datensätze. Zudem werde die akkurate Bewertung von Finanzprodukten ohne Börsenpreis zum Bilanzstichtag immer wichtiger. Dafür greifen zum Beispiel Banken auf Daten von mehreren Quellen zurück, wie Combes erklärte. 

«Vernünftig bleiben»

Der Begeisterung des Chefs zum Trotz steht Tradition noch am Anfang. Das Unternehmen erzielt 2 Prozent der Erträge mit dem Verkauf von Daten. Angesichts der Einnahmen von 885 Millionen Franken im Jahr 2018 ist das bereits jetzt kein blosser Rundungsfehler – und Combes will das Wachstum forcieren. 

«Wir wollen vernünftig bleiben», sagte er allerdings. Bis im Jahr 2023 soll der Anteil der neuen Einnahmequelle am Ertrag bei 5 Prozent liegen.

Mangelndes Vertrauen

Das Potenzial wäre dabei eigentlich grösser. Namentlich wenn die drei Platzhirsche des Geschäfts ihre Datenschätze zusammentäten, könnten sie mehr herausholen als im Alleingang.

Dabei plagt die Broker allerdings dasselbe Problem, das auch bei den Banken eine intensivere Zusammenarbeit im Backoffice-Bereich verhindert: Es fehlt das gegenseitige Vertrauen. «Es herrscht ein starker Wettbewerb in der Branche», sagte Combes dazu.

Organisches Wachstum

Mangels Alternativen plant er vorerst, aus eigener Kraft zu wachsen. Organisches Wachstum steht bei Tradition auch im Kerngeschäft im Vordergrund. Dort begannen die Erträge letztes Jahr erstmals seit der Krise wieder deutlich zu steigen, ein Trend der sich im ersten Halbjahr fortsetzte.

Die immer noch anhaltende Konsolidierung hat die Bewertungen kleinerer Konkurrenten nach oben gedrückt, sodass die Westschweizer bei Zukäufen eher zurückhaltend sein wollen. Akquisitionen nur wegen zusätzliche Volumen an Bord zu holen, lohnen sich im Moment für das Unternehmen nicht. 

Obwohl Tradition der kleinste der drei führenden Interdealer Broker ist, muss sich die Firma nicht vor Angriffen fürchten. Combes, welcher für seine Verdienste den Titel eines Ritters der französischen Ehrenlegion tragen darf, scheint als Mehrheitsaktionär wenig geneigt, das Unternehmen zu verkaufen. 

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