Die Nationalbank hat mit der Reduktion der Negativzinsen für Banken den Ball geschickt zurückgespielt, kommentiert finews.ch-Redaktor Andreas Britt. Mit dieser Änderung gelingt es der SNB elegant, den auf ihr lastenden Druck abzubauen.

Die heutige geldpolitische Lagebeurteilung der Schweizerischen Nationalbank wurde mit Spannung erwartet, weil die Zentralbanken der wichtigsten Handelspartner der Schweiz, dem Euroraum und den USA, ihre Zinsen eben erst gesenkt hatten und eine weitere Senkung auch in der Schweiz durchaus im Bereich des Möglichen lag. Die Währungshüter unter Leitung von Thomas Jordan haben sich nun dafür entschieden, den Leitzins bei minus 0.75 Prozent zu belassen.

Trotz dieser grundsätzlich wenig aufregenden Entscheidung (der Leitzins liegt seit fast fünf Jahren auf dem jetzigen Niveau) ist die am Donnerstag publizierte Einschätzung aus zwei Gründen bemerkenswert.

Zurück an den Absender

Der Punkt, der heute vor allem den Finanzplatz interessiert, betrifft die Strafzinsen, welche die Banken der SNB abliefern müssen. Die Zentralbank hat die künftig zu leistenden Zahlungen mittels einer technischen Anpassung ihrer Bedingungen reduziert und begründet dies damit, dass sich das globale Tiefzinsumfeld in letzter Zeit weiter verfestigt hat. Kurzum, die Negativzinsen bleiben, aber die Banken müssen dafür weniger bezahlen.

Mit dieser Anpassung lässt die SNB geschickt Druck aus dem Kessel und schiebt der Bankiervereinigung die Kugel zurück. Diese hatte, ebenso geschickt, letzte Woche durchblicken lassen, dass künftig auch Kleinsparer ihren Anteil an den Strafzinsen leisten müssen und damit gezielt einen Aufschrei im Blätterwald verursacht.

Wenn der Mittelstand nicht nur mit immer tieferen Leistungen aus der zweiten (Vorsorge-)Säule rechnen müsse, sondern auch noch die Sparguthaben durch Strafzinsen dezimiert sähe, stiege der politische Druck auf die SNB, endlich von ihrer Negativzinspolitik abzukehren. Worauf ja auch die Banken sehnlichst hoffen.

Die Diskussion um Negativzinsen wird weitergehen

Dies will die SNB aber im jetzigen Umfeld keinesfalls tun, da sie nach wie vor von einem hoch bewerteten Franken ausgeht: «Negativzins und Interventionsbereitschaft sind wichtig, um der Attraktivität von Anlagen in Franken entgegenzuwirken und damit den Druck auf den Franken zu verringern», schreibt die Notenbank in ihrer heutigen Beurteilung.

Mit der Änderung der Berechnungsgrundlage für die Strafzahlungen auf Sichtguthaben hat sich die SNB geschickt Zeit gekauft. Die Banken werden es sich sicherlich gut überlegen, jetzt Kleinsparer zur Kasse zu beten, wo ihnen die SNB entgegengekommen ist. Der Preis für dieses Entgegenkommen ist ja auch nicht so gewaltig, denn die SNB macht keine Zinspolitik, um selber Gewinne zu schreiben, sondern im Interesse der Volkswirtschaft.

Aber, das ist auch klar: Die Diskussion um eine Rückkehr zu normaleren Zinsverhältnissen wird damit nur aufgeschoben, denn die Negativzinsen machen den Banken und auch den Vorsorgeunternehmen weiterhin grosse Sorgen. Ihre Kritik wird vielleicht etwas leiser, aber nicht verschwinden.

Ist das Pulver schon längst verschossen?

Die heutige Entscheidung, respektive ihre Begründung, war aber auch aus einem anderen Grund interessant. Zwar haben die meisten Beobachter erwartet, dass die SNB heute keinen Zinsschritt vornehmen würde. Die Beurteilung der Lage lässt aber aufhorchen und es stellt sich die Frage, ob die Währungshüter denn überhaupt noch über die geeignete Munition verfügen, um im Notfall der Wirtschaft auf die Beine zu verhelfen. Das Geld für Investitionen ist ja ohnehin schon längst gratis zu haben.

So schreibt die SNB, dass der Franken sich handelsgewichtet aufgewertet habe, dass die Inflationsprognose tiefer ausfalle als im Juni und dass das heimische Wirtschaftswachstum im 2019 ebenfalls schwächer ausfalle als noch vor drei Monaten vorausgesehen. Beispiel Inflation: Bisher erwartete die SNB eine Inflationsrate von 0,7 Prozent fürs 2020. Neu sind es 0,2 Prozent – was einem praktisch unveränderten Preisniveau gleichkommt. Beispiel Wachstum: Im Juni rechnete die SNB mit einer Rate von 1,5 Prozent für dieses Jahr. Neu sind es 0,5 bis 1 Prozent.

Und trotz dieser Eintrübung der wirtschaftlichen Lage, trotz den signifikanten Risiken für die Weltwirtschaft, welche die Bank auch benennt, bleibt es beim gleichen Leitzins. Die SNB argumentiert, dass die wirtschaftliche Lage der Schweiz durchaus positiv ist und gerade die Lage auf dem Arbeitsmarkt positiv ist. Das stimmt selbstverständlich. Die Hoffnung bleibt, dass es noch lange gut geht und keine weiteren Massnahmen nötig werden – denn viele Pfeile scheinen nicht mehr in ihrem Köcher zu verbleiben.

 

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