Noch klammern sich manche Asset Manager an die alten Gepflogenheiten im Fondsvertrieb. Doch das könnte sich bald bitter rächen. Denn die exzessive Meeting-Kultur neigt sich ihrem Ende zu. 

Kaum ein anderer Bereich in der Finanzwelt ist durch die Corona-Pandemie dermassen verändert worden wie der Fondsvertrieb im Asset Management. Jahrzehntelang eine höchst lukrative Branche, die wie ein Uhrwerk funktionierte, finden sich die Akteure nun in einem radikal veränderten Umfeld wieder – und stehen vor enormen Herausforderungen.

Denn, was Vanguard-Chef Tim Buckley schon im vergangenen Juli sagte, trifft den Nagel auf den Kopf: «You’re not going to put that genie back in the bottle.» Mit anderen Worten: Was einmal war, wird nie mehr wie früher sein.

Und gerade das dürfte für manche Asset Manager schwierig werden, wie auch Philip Kalus, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter des Beratungsunternehmens Accelerando Associates, in einem Beitrag im «Private Banking Magazin» feststellt.

«Die Corona-Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen haben den bestehenden Vertriebsmodellen im Asset Management über Nacht einen Einschnitt beschert, der an Radikalität kaum zu überbieten ist», so Kalus und untermauert seine Behauptung mit Beispielen, die unmissverständlich aufzeigen, was auf die Anbieter noch alles zukommt.

1. Schnellere Reaktionen

Einige Asset Manager konnten in der Zeit seit Corona Anfragen nicht nur in Rekordzeit, sondern auch ausführlich beantworten. Dieser Fortschritt bleibt nicht ohne Folgen. Zuvor war es üblich gewesen, auf Anliegen innerhalb von 48 Stunden zu reagieren.

Inzwischen ist die Erwartungshaltung an die Branche so stark gestiegen, dass Kunden und Interessenten heute innerhalb eines Arbeitstages mit einer Antwort rechnen. «Einen Schritt zurück wird es hier nicht geben», sagt Kalus.

2. Besser kommunizieren

Was die Kommunikation betrifft, mangelt es vielen Fondsgesellschaften nach wie vor an Augenmass. Etliche Fondsselektoren kritisieren die Flut an austauschbaren Marktkommentaren.

Tatsächlich scheinen sich manche Asset Manager im Eifer des Gefechts dafür entschieden zu haben, inzwischen immer das komplette Angebot vorzusetzen. Inhalte zuvor auf Mehrwert und Relevanz für die Kundengruppen abzuklopfen? Fehlanzeige!

3. Digitale Budgets

Wenn man die Öffnungsraten von Emails, Webseiten oder Online-Seminaren auswertet, ergibt sich ein ernüchterndes Bild, wie Kalus weiter feststellt. Von Wachstum keine Spur. In vielen Fällen haben sich diese Daten gegenüber dem Vorjahr sogar verschlechtert.

Gleichzeitig verschieben vornehmlich US-Fondsgesellschaften grosse Budgets hin zu digitalen Kundenservice-Lösungen. Für Asset Manager, die nicht mitziehen wollen oder können, kann dieser Trend mittelfristig gefährlich werden.

4. Roadshows am Ende

Das Konzept, mit Fondsmanagern auf Roadshow zu gehen, war bisher Bestandteil fast aller Vertriebsmodelle. Die Zukunft wird anders aussehen. Es ist kein Geheimnis, dass sich etliche Fondsmanager über zu viele und undifferenzierte Termine beschwert hätten, schreibt Kalus. Hier bewirkt die aktuelle Krise tatsächlich Wunder.

Plötzlich wird praktisch von allen Seiten akzeptiert, dass man Treffen virtuell abhalten kann.

5. Neues Kaufverhalten

Fondseinkäufer, die noch im vergangenen April oder Mai davon ausgingen, ohne physische Manager-Meetings kein Geld anzulegen, passen sich nun den neuen Gegebenheiten an.

Und nur wenige rechnen damit, dass die Anzahl der Präsenztermine eines Tages wieder das Vorkrisen-Niveau erklimmen wird.

6. Weniger Meetings

Der in der Industrie tief verankerten, exzessiven Meeting-Kultur ist plötzlich ein Riegel vorgeschoben worden, der bei vielen Akteuren ein fundamentales Umdenken hervorruft.

Dies beschränkt sich nicht nur auf Fondsmanager, sondern auch auf das Vertriebspersonal. In den Chefetagen erkennen sie, dass sich die Schlagzahl virtuell deutlich steigern lässt.

7. Tiefere Personalkosten

Gleichzeitig lassen sich die Kosten senken und die Ressource Zeit besser ausnutzen. Dies wird weitreichende Folgen haben. Und zwar neben dem Fondsvertrieb auch für die Personal- und die Budgetplanung der nächsten Jahre.

Dennoch ist in der Branche aktuell noch ein gewisses Klammern an bisherige Vertriebsmodelle zu beobachten, stellt Kalus fest. Das könnte sich bitter rächen.

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