Die Umsetzung eines gestrafften Sanktionsregimes gegen russische Interessen stellt die Schweiz wie auch ihre Banken vor grosse Herausforderungen. In den Depots der Geldinstitute haben bestehende Zwangsmassnahmen aber bereits Spuren hinterlassen.

Ein Abtrennen Russlands von den westlichen Märkten und Sanktionen gegen Individuen, welche dem Kreml nahestehen, haben weitreichende Konsequenzen für die Schweiz und den hiesigen Finanzplatz. Zwar ist das Land neutral, aber bei einer einseitigen Aggression und Missachtung der Uno-Charta greift das Neutralitätsrecht nicht, wie Experten verschiedentlich betonen.

Die Schweiz ist also politisch und moralisch gefordert, weil sie eine eigenständige Position finden muss. Das ist zusätzlich anspruchsvoll, weil Russland in der Schweiz wirtschaftlich stark exponiert ist. Ein gutes Beispiel für die komplexe Situation ist der Fall von Viktor Vekselberg. Der Investor wurde 2018 von den USA nach der Krimkrise mit Sanktionen belegt. Daraufhin musste er seine Beteiligungen etwa an dem Winterthurer Traditionskonzern Sulzer, dem Industriekonzern Oerlikon und dem Stahlhersteller Schmolz + Bickenbach (heute Swiss Steel) senken oder neu strukturieren.

Milliarden in der Schweiz parkiert

Obwohl er also einen sehr grossen Einfluss über einen der wichtigsten Schweizer Industriekonzerne hat, kündigte ihm die Post-Tochter Postfinance sein persönliches Konto. Zwar entschied das Bundesgericht in dieser Frage kürzlich für ihn, was aber die Komplexität der Angelegenheit nicht mindert.

Russische Personen und Firmen haben bedeutende Mittel in der Schweiz parkiert. Aber, und dies beweist eine Statistik der Schweizer Nationalbank (SNB), die Depots bei Schweizer Banken haben seit Jahren stagniert. So lagen 2020 bei Schweizer Banken knapp 10,5 Milliarden Franken aus russischen Quellen, was fast genau gleich viel war wie 2011. Zwischenzeitlich hatte der Bestand ziemlich zugenommen, nach 2014 aber kontinuierlich wieder abgenommen.

Neue Sanktionen könnten viel umfassender werden

In diesem Zusammenhang kommen die mittlerweile bekannten Umgehungs-Sanktionen zu tragen, welche von der Schweiz ergriffen werden, damit der hiesige Finanzplatz von den Sanktionierten nicht missbraucht werden kann.

Allerdings sind die alten Sanktionen gegen einzelne Individuen weit davon entfernt, in der Tragweite mit den neuen Sanktionen verglichen zu werden. Wenn der russische Staat vom westlichen Finanzmarkt ferngehalten werden soll, werden umfassende Massnahmen nötig. In der Schweiz ist der Bundesrat für den Erlass von Zwangsmassnahmen zuständig, wie ein Sprecher des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) auf Anfrage mitteilte.

Lediglich Sanktionslisten, welche die Vereinten Nationen erstellt, werden aufgrund von völkerrechtlichen Verpflichtungen automatisch übernommen. Über alle anderen Sanktionen muss der Bundesrat separat entscheiden.

In jedem Fall ein Bundesratsentscheid

Wenn also die westliche Staatengemeinschaft, unter welcher Flagge auch immer, entscheidet, dass sehr weitreichende Sanktionen finanzieller Art ergriffen werden, wird der Bundesrat darüber entscheiden müssen, ob diese übernommen werden.

Dabei wird die Regierung nicht nur politische Fragen (zum Beispiel neutralitätspolitischer Natur) beachten, sondern auch die konkreten Auswirkungen in der Schweiz. Abgesehen von den oben erwähnten Bankdepots russischer Investoren, gibt es umfangreiche weitere Anlagen zu beachten. Diese umfassen zum Beispiel den Immobilienbesitz von Firmen und Individuen, Filialen von russischen Banken, aber auch die Ableger der russischen Rohstofffirmen, wie Gazprom.

«Sorgfältige Interessenabwägung»

Wie die «NZZ» in einem Bericht am Mittwoch schreibt (Artikel bezahlpflichtig), ist der von russischen Investoren kontrollierte Kapitalbestand in der Schweiz von 8 Milliarden Franken in 2014 auf 29 Milliarden in 2018 gestiegen, was die Russen zu den bedeutendsten Direktinvestoren der Schweiz machte.

Die Schweiz bewegt sich auf sehr schwierigem Terrain, was die Vorsicht in der Sprachregelung des Bundes unterstreicht: «Wenn die EU Sanktionen gegenüber einem Land erlässt, erörtert der Bundesrat im Einzelfall, ob eine Übernahme durch die Schweiz angezeigt ist oder nicht. Diese sorgfältige Interessenabwägung erfolgt aufgrund verschiedener aussenpolitischer, aussenwirtschaftspolitischer und rechtlicher Kriterien,» so der Sprecher des SECO.

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