Nach den angelsächsischen Ländern leitet auch die Europäische Notenbank die Zinswende ein, um der Inflation Herr zu werden. Das Team von um Präsidentin Christine Lagarde will dabei schon bald nachlegen.

Diese Entscheidung haben sich Präsident Thomas Jordan und seine zwei Mitstreiter bei der Schweizerischen Nationalbank (SNB) wohl genau angeschaut: Wann und wie stark die Zinsen im Euroraum steigen, ist auch für die Schweizer von grösstem Interesse. Schliesslich hat die SNB seit vielen Jahren die Zinsdifferenz zur EZB beibehalten, um den Franken vor einem grösseren Aufwertungsdruck zu bewahren.

Mittlerweile ist klar: Die Europäische Zentralbank (EZB) wird im Juli den Leitzins zum ersten Mal seit 11 Jahren um einen Viertelpunkt erhöhen, um die stark steigende Inflation wieder unter Kontrolle zu bringen, wie sie in einer Mitteilung vom Donnerstag schreibt. Im September soll dann der nächste Zinsschritt erfolgen.

Die Angst vor den Zweitrunden-Effekten

Im Vorfeld der Entscheidung hatten einige Beobachter auf eine schnellere Gangart bestanden, weil die Inflation in der Eurozone im Mai mit 8,1 Prozent um ein Vielfaches über dem mittelfristigen Ziel von 2 Prozent ausfiel. Wichtigste Gründe dafür sind höhere Energiepreise und steigende Lebensmittelkosten. EZB-Chefin Christine Lagarde galt in dieser Frage als eher zurückhaltend.

Im Kern geht es dabei um die Frage, ob diese Inflation primär externe Gründe hat und deshalb auch ein vorübergehendes Phänomen ist oder ob sich die Preissteigerungen auch in Zweitrunden-Effekten niederschlagen. Die EZB schreibt in ihrem heutigen Bericht, dass der Inflationsdruck mittlerweile breiter und stärker geworden ist und deshalb die Aussichten für die Inflation signifikant revidiert werden mussten.

Grösserer Zinsschritt steht jetzt im Raum

So soll die Inflation im Jahr 2022 auf 6,8 Prozent hochschiessen, bevor sie sich im Folgejahr auf 3,5 Prozent und dann auf noch 2,1 Prozent im 2024 zurückbildet. Die EZB erwartet moderatere Energiekosten, weniger starke Auswirkungen auf die Lieferketten nach einem Abflachen der Pandemie und einen dämpfenden Einfluss durch die Normalisierung der Geldpolitik.

Und trotzdem zeigt sich die EZB heute bereit, im September auch einen grösseren zweiten Zinsschritt vorzunehmen. So macht die EZB-Spitze das Ausmass des zweiten Zinsschrittes von der mittelfristigen Inflationsprognose abhängig. Sollten sich die Aussichten nicht bessern oder gar verschlechtern, liegt auch ein halber Prozentpunkt drin.

Wachstumsdämpfer Ukraine-Krieg

Trotz der Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine erwartet die EZB für 2022 und die kommenden zwei Jahre Wachstumsraten von 2,8 Prozent und 2,1 Prozent - dies, weil die ökonomischen Grundlagen nach wie vor intakt sind.

Was die Entscheidung der EZB nun für die SNB heisst, wird sich schon in einer Woche zeigen. SNB-Präsident Jordan hat sich jüngst durchaus besorgt gezeigt über eine rasch steigende Inflation und indirekt versprochen, diese in die Überlegungen einfliessen zu lassen. Obwohl die Schweiz nicht zuletzt wegen dem immer stärkeren Franken eine deutlich schwächere Inflationsrate von 2,9 Prozent im Mai zählte, können auch hierzulande die Zweitrundeneffekte nicht einfach wegdiskutiert werden.

Das schafft Platz für die SNB

So hat Wirtschaftsminister Guy Parmelin, seines Zeichens Mitglied der SVP, am vergangenen Wochenende die Sozialpartner dazu aufgefordert, über Lohnerhöhungen zu sprechen – was natürlich implizit zu höherer Teuerung führen würde.

Der nun von der EZB vorgezeichnete Normalisierungspfad wird ohne Zweifel auch für die Schweiz Raum für eigene Zinsschritte schaffen. Die meisten Ökonomen hatten erste Schritte weg von den Negativzinsen für das erste Quartal 2023 vorhergesagt. Doch die Schritte der EZB von bis zu 1 Prozentpunkt im 2022 würden ausreichend Raum für eine signifikante Erhöhung auch hierzulande schaffen, ohne unnötigen Aufwertungsdruck auf den Franken zu kreieren. In der Finanzbranche kann eine Abkehr von den Negativzinsen keine Sekunde zu früh kommen.

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