Nach dem Horrorjahr 2022 nimmt sich auch die Bilanz der vergangenen zwölf Monate für die Fondsbranche sehr durchzogen aus. Umso mehr steigt der Leistungsdruck mit Blick auf 2024, wie Recherchen zeigen.

Ein Manager eines international tätigen Fondshauses sagte es bei einem Jahresendanlass in Zürich jüngst so: «Alles wird teurer, auch für uns Asset Manager. Gleichzeitig sinkt aber unsere Marge.»

Der Finanzexperte blickt deshalb, wie so viele andere seiner Zunft, einer ungewissen Zukunft entgegen. Nach dem rekordverdächtigen 2021 erweis sich das darauf folgenden 2022 als wahres Horrorjahr für die Branche. Die vergangenen zwölf Monate waren wiederum von den Unsicherheiten rund um die Zinswende und extremer Vorsicht unter den Investoren geprägt.

Anleger in Schockstarre

Für die Schweizer Akteure kam die Notrettung der Credit Suisse (CS), der Nummer zwei am heimischen Fondsmarkt, als Zäsur hinzu. Wie mehrere Quellen bestätigen, reagierten Anbieter wie auch Anleger mit Schockstarre auf den Untergang der Grossbank. Ein Jahr zum Vergessen, ist deshalb allenthalben zu hören.

Umso mehr wird das kommende 2024 für die Asset Manager zählen. Der Schweizer Fondsmarkt ist stark fragmentiert und durch ein grosse Schar ausländischer Akteure geprägt, die hier kleine Vertriebteams unterhalten. Diese stehen inzwischen unter enormen Erfolgsdruck seitens der Zentralen im europäischen Ausland und den USA.

Nachdem es 2023 personell in der Branche nur sehr wenig Bewegung gegeben hatte, könnten die Hauptquartiere bald auf Wechsel drängen, erklären Beobachter.

Ungutes Gefühl

Zahlen, die der Dienst Swiss Fund Data für die Asset Management Association Switzerland (AMAS) per Ende Oktober erhoben hat, untermauern das ungute Gefühl vieler Branchenteilnehmer.

Zwar sind den in der Schweiz gehandelten Fonds über die letzten neun Monate mehr als 4,45 Milliarden Franken an Vermögen zugeflossen, so die Statistik. Zusammen mit der Börsenperformance resultierte ein Volumen von 1’327,2  Milliarden Franken. Wird dieser Wert mit dem Faktor 2 multipliziert, wie es in der Branche als üblich gilt, um sämtliche verwalteten Vermögen abzubilden, gelangen die Fondsanbieter in die Nähe von 3 Billionen Franken.

Mehr Vermögen, eigentlich

Das ist just der Wert, den die AMAS in einer Studie vom vergangenen August für die Branche prognostizierte.

Dies wäre ein leichter Zugewinn respektive eine Stagnation zum Jahr 2022, als die Branche arg Federn lassen musste. Damals waren die Kundengelder im Vergleich zu Ende 2021 um mehr als 13 Prozent gesunken. Der Gewinn hatte seinerseits von 4,95 auf 4,89 Milliarden Franken abgenommen, trotz erheblichen Effizienzsteigerungen bei den hiesigen Asset Managern.

Doch hinter dem Status Quo verbergen sich massive Verschiebungen bei den Mittelflüssen zu Produkten, wie sich weiter aus den Fondstatistiken herauslesen lässt.

Fast überall Geld abgezogen

So sind in den vergangenen neun Monaten bis Ende Oktober netto 2,97 Milliarden Franken aus Aktienfonds abgeflossen und gar 3,69 Milliarden Franken aus Anleihenvehikeln. Fondskunden zogen unter dem Strich Geld aus sämtlichen Anlageklassen ab – Immobilien, Rohstoffe, Misch- und Alternativen Anlagen.

Hingegen ist es zu einer enormen Verlagerung hin zu Geldmarktfonds gekommen, die dank der Zinswende nun eine deutlich höhere Rendite versprechen, und das im Vergleich risikolos.

Der Fondsklasse flossen über die letzten neun Monate netto 18,5 Milliarden Franken zu, was eigentlich erfreulich wäre. Doch die Produkte gelten als niedermargig. Die Verlagerung wird deshalb den Ertragspool der Branche gegenüber dem Vorjahr wohl nochmals massiv unter Druck bringen. Dieser belief sich zu Nettowerten per Ende 2022 auf 14,4 Milliarden Franken, gegenüber 16,5 Milliarden Franken im Jahr 2021.

Reif für grössere Wechsel?

Die Ertragsmargen sinken, die Kosten klettern in der Tendenz: Das ist genau das Bild, welches der Manager im Gespräch schilderte.

Mit Folgen wohl auch für die Beschäftigung. «Wir beobachten, das viele Asset Manager wegen des erneut schwierigen Umfeld weit hinter ihren Zielen für das Jahr 2023 zurückgeblieben sind», sagen die auch auf das Asset Management spezialisierten Kadervermittler Jonas Neff und Klaus Biermann von Biermann Neff in Zürich. Damit sei die Branche 2024 reif für grössere Personal- und Führungswechsel.

Aufgrund der ausserordentlichen Ereignisse – Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Zinswende und nun CS-Notübernahme und Nahost-Konflikt – hätten sich durchzogene Leistungen jeweils entschuldigen lassen, berichten sie weiter. «Das wird nächstes Jahr kaum mehr möglich sein.» Die Stimmung in der Branche sucht die Executive-Search-Firma Biermann Neff nun mit einer eigenen Jahresend-Umfrage einzufangen, um ein aussagekräftiges Bild für 2024 zeichnen zu können.

«Die Branche agiert sehr zyklisch»

Ausländische Fondshäuser würden zuerst am europäischen Markt Handlungsbedarf sehen; die Veränderungen würden sich dann, so die Headhunter, wohl nach und nach im Schweizer Vertrieb niederschlagen. Die Asset-Management-Branche, bedauern Biermann und Neff, agiere sehr zyklisch.

Doch nicht alle Akteure werden im kommenden Jahr vor den gleichen Herausforderung stehen, wie der Blick auf die Marktstatistiken vermuten lässt.

So verwaltete die Schweizer Marktführerin UBS Ende vergangenen Oktober gemäss Swiss Fund Data Fondsvermögen von mehr als 326 Milliarden Franken. Das sind gut 5 Prozent weniger als vor einem Jahr. Bei der im Ranking der Fondshäuser zweitplatzierten Credit Suisse (CS) war der Volumenschwund mit mehr als 9 Prozent noch prononcierter. Dies, während der amerikanische Fondsriese Blackrock, die Genfer Privtabank Pictet und der Lebensversicherer Swiss Life die verwalteten Vermögen vermehren konnten.

Sicherer Hafen ZKB

Besonders deutlich zugelegt hat Swisscanto, die Fondsmarke der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Dort kletterten die Kundengelder innert Jahresfrist um 14 Prozent auf rund 133,2 Milliarden Franken. Dabei dürfte bereits der Effekt der Übernahme der CS durch die UBS eine Rolle gespielt haben – die grössten Schweizer Staatsbank mit ihrem AAA-Bonitätsrating gehört zu den «sicheren Häfen» schlechthin.

Das Institut erwartet nun, nochmals deutlich von Pensionskassen-Geldern zu profitieren, die wegen des UBS-CS-Zusammenschlusses eine neue Heimat suchen, wie finews.ch unlängst berichtete. Der Untergang der CS, so zeichnet sich ab, könnte im Jahr 2024 von einer Bremse nun doch noch zum Treiber für die Branche werden.

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