Die UBS verkauft eine Gewinnsteigerung von 1 Prozent als kleine Sensation – wohl als Rückhalt für den angeschlagenen CEO Sergio Ermotti. Dieser will der Revolution in der Finanzindustrie mit langsamer Evolution begegnen.

Vielleicht hatte er keine zur Hand, vielleicht war es auch der Versuch, entspannte Lockerheit auszudrücken: Im anlässlich von Resultatepublikationen obligaten TV-Interview mit der Nachrichtenagentur «Bloomberg» trug UBS-CEO Sergio Ermotti keine Krawatte.

Nun ist der krawattenlose Auftritt keine Revolution mehr, sondern in Zeiten gelockerter Dress Codes eher eine Evolution.

Genau zwei strategische Entscheidungen

Und die passt zu Ermotti, der in seinen acht Jahren Regentschaft bei der UBS genau zwei wichtige strategische Entscheidungen getroffen hat: Erstens der Abbau des Investmentbanking verbunden mit dem Fokus auf die Vermögensverwaltung Anfang 2012. Und zweitens die Fusion der Wealth-Management-Einheiten zur globalen Superdivision Anfang 2018.

Davor und danach herrschte und herrscht bei der UBS eine Evolution der massvollen Schritte und gemässigten Anpassungen.

Lieber nicht handeln, als riskant handeln

Der 59-jährige Tessiner, eigentlich ein ausgefuchster Händler und Investmentbanker, hat sich in seiner Amtszeit als Banken-Chef erwiesen, der bei jeder anderen zur Debatte stehenden strategischen Weichenstellung die Risiken im Verhältnis zu den erwarteten Erträgen als zu hoch erachtet hat und darum lieber nichts tat.

Wobei Nichtstun in Anbetracht der komplexen Aufgabe, den Supertanker UBS durch die Fährnisse der unvorhersehbaren Entwicklungen an den globalen Finanzmärkten Ermottis Leistung natürlich nicht gerecht wird.

Die Alpha- und die Betafaktoren

Entsprechend hat Ermotti am Dienstag anlässlich der Präsentation der Zweiquartalszahlen viel Zeit damit verbracht, von «taktischen» oder auch «zunehmenden» Kostenmassnahmen zu sprechen, von Alpha- und Betafaktoren, welche Kosten und Erlöse beeinflussten und von den Steuerungsmechanismen, Schwankungen wieder auszugleichen.

Der mitunter aufregendste Teil seiner Präsentation war die in Aussicht gestellte «Strategic Review», deren Ergebnisse im dritten Quartal vorliegen sollen. Doch Ermotti wäre nicht Ermotti, wenn er die Erwartungen nicht gleich wieder im Keime erstickt hätte. «Ich denke nicht an eine Revolution, sondern an eine fortlaufende Evolution», sagte er.

Erwartungsmanagement à la Ermotti

Es werde eine Serie von Massnahmen definiert, von denen einige öffentlich gemacht würden, andere nicht. Es war Erwartungsmanagement der vorsichtigen Art, welches Ermotti – einmal mehr – betrieb.

Anschliessend liess er noch durchblicken, dass er gegenüber Akquisitionen Kooperationsmodelle wie dasjenige mit der japanischen Sumitomo Bank vorziehe. Er würden eine Reihe von konkreten Gesprächen für Zusammenarbeiten, auch in der Investmentbank oder im Infrastrukturbereich, geführt.

Mit dem Zweitquartalsresultat lieferten Ermotti und die UBS ein Statement: «Wir haben unsere Wettbewerbsfähigkeit unter Beweis gestellt, wir agieren aus einer Position der Stärke, wir sehen keinen Anlass, von unserer Strategie abzuweichen.»

Es sind immer die externen Faktoren schuld

Es ist löblich, wenn ein Grossunternehmen und seine Führungsmannschaft nicht gleich einknicken, sobald aus dem Markt kritische Stimmen über die Entwicklung des Aktienkurses laut werden.

Es kann jedoch kaum als ein Zeichen der Stärke ausgelegt werden, wenn die UBS angesichts sinkender Erträge Quartal für Quartal externe Faktoren wie passive Kunden, sinkende Zinsen und Handelsvolumina an den Märkten verantwortlich macht.

Längst gilt es als «common sense», dass diese Bedingungen die «neue Welt» in der Finanzindustrie darstellen. In der Sprache der UBS: Wenn die Betafaktoren für Wachstum nicht mehr spielen, sie tun dies seit geraumer Zeit nicht mehr, dann muss an den Alphafaktoren, also an der Strategie oder an den Kosten, stärker geschraubt werden.

Weckruf – an die Adresse eines unliebsamen Journalisten

Allein: Auch der Zweitquartalsausweis zeigt keinerlei Anzeichen für eine Art Weckruf in der UBS oder ein strategisches Umdenken von Ermotti. Vielmehr vermitteln die Zahlen und deren hauseigene Interpretation den Eindruck einer Bank, die im Moment alles daran setzt, den Druck von ihrem CEO zu nehmen, der dem Vernehmen nach auch intern in der Kritik steht.

Denn trotz eines Rekordquartals und der Position der Stärke, aus der die UBS agieren möchte, scheint das Nervenkostüm nicht allzu resistent zu sein. So liess es sich der globale Vermögensverwaltungsriese nicht nehmen, via Twitter namentlich einen einzelnen Journalisten der «Financial Times» des «Agenda Journalismus» zu bezichtigen, nachdem dieser am Dienstag korrekt über Erlösrückgänge im Wealth Management und in der Investmentbank berichtet hatte. 

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