Die Wachstumspläne vieler Banken entpuppen sich zunehmend als Spekulation und hängen davon ab, wie lange die Mittel reichen, um genügend Kundenberater zu alimentieren. Mit der Lage in Hongkong wird alles viel schwieriger.

Die Bank ist zwar britisch, hat aber eine enorme Präsenz in Asien. Geführt wird sie vom Amerikaner Bill Winters, und das Geschäft mit der begüterten Klientel treibt ein Schweizer voran: Didier von Däniken (Bild unten), ein ehemaliger, langjähriger Private Banker im Sold der Credit Suisse.

Standard Chartered ist damit im wahrsten Sinne des Wortes eine Multikulti-Bank, die noch einiges vorhat. In den nächsten drei bis fünf Jahren will das Institut seine verwalteten Privatkunden-Gelder von aktuell 65 Milliarden Dollar auf mehr als 100 Milliarden Dollar steigern.

Zusätzliche Kundenberater

Und um dieses Ziel zu erreichen, plant StanChart, wie das Unternehmen im Jargon heisst, in den nächsten Jahren je 30 bis 40 zusätzliche Kundenberater zu engagieren, wie von Däniken am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur «Reuters» erklärte.

Geschehen soll dies vor allem in der Wachstumsregion Asien, wo weltweit am meisten Menschen zu neuen Millionären und Milliardären werden. Dort verwaltet Standard Chartered derzeit umgerechnet rund 50 Milliarden Franken, was bescheiden ist im Vergleich etwa zur UBS. Die grösste Schweizer Bank brachte es per Ende 2018 auf knapp 360 Milliarden Dollar in Asien und die Credit Suisse (CS) wies damals gut 200 Milliarden Franken aus.

Nicht wie Manna vom Himmel

Dass der Erfolg solcher Wachstumsinitiativen höchst ambitioniert, um nicht zu sagen sehr spekulativ, ist, weiss man in der Branche hinlänglich. Denn trotz der Wachstumsinflation in Asien fallen die Kundengelder nicht wie Manna vom Himmel. Viele Asiaten vertrauen nach wie vor lieber einheimischen Geldhäusern oder gar keinen, weil sie als Unternehmer lieber gleich alles selber unter Kontrolle haben.

Wer in Asien tatsächlich wachsen will, muss dies entweder mittels einer Akquisition tun, wie man dies in den vergangenen zehn Jahren sehr häufig gesehen hat, als beispielsweise die Genfer Union Bancaire Privée die Konkurrentin Coutts übernahm. Oder aber man muss sehr viel Geld in zusätzliche Kundenberater investieren, die jedoch sehr teuer sind, weil es davon einfach zu wenige gibt – und darum ein unerbittlicher Abwerbungswettbewerb tobt. Vor gut einem Jahr gab die liechtensteinische VP Bank die Devise heraus, rund 75 neue Kundenberater engagieren zu wollen. Daran arbeitet sie immer noch energisch.

Reine Spekulation

Insofern entpuppen sich so sämtliche Ansagen in Sachen Wachstumsziele auf drei, fünf oder zehn Jahre als reine Spekulation und hängen letztlich davon ab, wie lange die Mittel der Banken reichen, um genügend Kundenberater zu alimentieren, die mittelfristig die notwendigen Renditen erzielen.

Dabei bringen die meisten (Privat-)Banken gerne das Argument der Langfristigkeit ins Spiel, indem sie behaupten, nicht auf Teufel komm’ raus neue Kundengelder gewinnen zu wollen, sondern einen nachhaltigen Kapitalzufluss anzustreben.

Pläne werden zu Makulatur

Was in der Theorie plausibel klingt, bleibt in der Praxis jedoch oft blosses Wunschdenken, besonders seit in Hongkong die Proteste in der Bevölkerung immer wütender ausarten und eine Lösung immer unmöglicher erscheint. Unter diesen Prämissen drohen die Wachstumspläne vieler (Privat-)Banken sich in Makulatur zu verwandeln.

Denn zunehmend unklarer wird, wie man mit Kunden aus dem chinesischen Festland verkehrt, welche Zukunft dem Finanzplatz Hongkong als Drehscheibe zum Reich der Mitte blüht, und was die vermögenden Menschen in der einstigen britischen Kronkolonie zu unternehmen gedenken, um sich und ihre Vermögenswerte sowie ihren Wohlstand zu schützen.

In welcher Situation sich manche Geldhäuser derzeit befinden, skizzierte unlängst Giorgio Pradelli, seines Zeichens CEO der Schweizer Privatbank EFG International, die auch in Asien vertreten ist. Sie musste bereits im ersten Halbjahr 2019 den Abfluss von Kundengeldern im Umfang einer halben Milliarde Franken verschmerzen.

Äusserst schwieriges Umfeld

Wie Pradelli damals gegenüber finews.ch präzisierte, haben viele Kunden aufgrund der unsicheren Situation ihre riskantesten Investments zurückgefahren, sie handeln erheblich weniger und haben auch ihre Kredite, um ihre «Trades» zu hebeln, massiv reduziert.

Insofern trifft Didier von Dänikens Feststellung durchaus zu, wonach der Branche nun eine grosse Herausforderung bevorstehe, nämlich das «Momentum» auch in einem äusserst schwierigen Umfeld aufrecht zu erhalten. Die Frage nach der Langfristigkeit wird damit aktueller denn je.

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