In unschweizerisch rascher Kadenz hat der frühere UBS-Manager Jürg Zeltner in den vergangenen Monaten diverse Massnahmen getroffen, um die Luxemburger Finanzgruppe KBL in die Champions League der Vermögensverwaltung zu hieven. Wie stehen seine Chancen?

Mit der am (heutigen) Dienstag offiziell bestätigten Übernahme der Zürcher Bank am Bellevue hat Jürg Zeltner zweifelsohne einen wichtigen Schritt vollzogen, um mit der Luxemburger Bankengruppe KBL in der Schweiz Fuss zu fassen.

Der Weg zu einer etablierten Präsenz im Ursprungsland des Private Banking und zu einem nachhaltigen Geschäftsmodell, um die Reichsten der Reichsten auf dieser Welt zu bedienen, ist allerdings selbst nach der jüngsten Erfolgsmeldung noch lang und wohl auch beschwerlich – aus verschiedenen Gründen.

Kaum je grosse Strick zerrissen

Der Bankenplatz Schweiz ist nach wie vor von Anbietern «übervölkert» und dabei von Platzhirschen dominiert, die auf eine zum Teil über 200-jährige Tradition zurückblicken können. Das ist genau das, was sich ausländische Kunden wünschen, wenn sie sich für ein Konto in Zürich, Genf oder Basel entscheiden.

Die KBL gibt es gerade mal seit 1949 – und hat in ihrer ganzen Geschichte hierzulande kaum je grosse Strick zerrissen – obschon die Schweiz der wichtigste Offshore-Finanzplatz der Welt ist. In ihren besten Zeiten verwaltete sie in der Schweiz gerade einmal 3,3 Milliarden Franken.

Zugegeben, das klassische Private Banking ist heutzutage nicht mehr das Allheilmittel in einer Kundenbeziehung. Ebenso wichtig sind heute adäquate Finanzprodukte sowie ein hohes Mass an Investment-Expertise. Beides lässt sich unter dem Begriff Asset Management subsummieren und verdeutlich gut, was heute im Umgang mit den sogenannten (Ultra-)High-Net-Worth-Individuals zählt.

Reine Platitüden?

Davon scheint die KBL noch ein ganzes Stück weit entfernt zu sein. In ihrer bisherigen Geschichte hat sich die Gruppe in Sachen Asset Management noch kaum je hervorgetan.

Stattdessen versteigt sich Zeltner in Platitüden, wenn er etwa sagt: «Wir freuen uns darauf, unseren einzigartigen beratungsorientierten Ansatz, der auf Einfachheit beruht und die Interessen und Bedürfnisse der Kunden ins Zentrum stellt, in einem der wichtigsten Märkte für Wealth Management einzuführen.»

Was soll das heissen? Oder konstruktiver gefragt: Hat heute nicht jedes Finanzinstitut einen «beratungsorientierten Ansatz und stellt die Interessen und Bedürfnisse der Kunden ins Zentrum»? Differenzierungsmerkmale sehen anders aus.

Weit entfernt vom Pictet-Modell

Zugegeben, mit der Übernahme der Bank am Bellevue erhält die KBL in Zukunft einen guten Draht zum Bellevue Asset Management, das sich seit langem mit Investments im Gesundheitssektor profiliert. Ob diese Expertise allerdings ausreicht, um einer anspruchsvollen Klientel gerecht zu werden, muss sich noch weisen.

Jedenfalls ist die KBL noch weit entfernt von dem sogenannten Pictet-Modell, das Zeltner vorschwebt – nämlich eine Bank mit einer Partner-Struktur und unternehmerischem Ansatz zu führen, wie das bei der Genfer Privatbank Pictet der Fall ist.

Pictet verfügt über eine der weltweit besten Asset-Management-Abteilungen überhaupt. Doch ist diese nicht über Nacht, sondern in mehreren Jahrzehnten und bisweilen unter harzigen Bedingungen entstanden und zu einem Wert herangewachsen, der heute seinesgleichen sucht. Hier hat die KBL noch einige Arbeit vor sich.

Die tiefen Taschen der Kataris

Das sogenannte Pictet-Modell zeichnet sich auch durch die insgesamt acht Partner aus, denen das Unternehmen gehört, und die sich durch ein extrem langfristiges Denken auszeichnen.

Langfristigkeit, die sich sowohl finanziell als auch zeitlich manifestiert, indem eine Initiative nicht wie bei manchen kotierten Banken schon nach wenigen Monaten einen Erfolg zeitigen muss. Das verleiht Pictet eine seltene Nachhaltigkeit, die dazu beigetragen hat, dass sich das Institut zu einer der weltweit besten Privatbanken entwickeln konnte.

Ob sich dies analog auf die katarischen Besitzer der KBL-Gruppe übertragen lässt, ist fraglich. Hinter dem Konzern stehen mit der Familie Al Thani die Herrscher des Ölstaats Katar. Zwar besitzen auch sie tiefe Taschen, sprich über sehr viel Investitionskapital, doch ob das Denken dabei ebenso wie bei den Genfern statt in Quartalszyklen eher in Generationen erfolgt, ist unklar.

Nicht abzusprechen ist sicherlich der Umstand, dass den katarischen Eigentümern eine gewisse Unvorhersehbarkeit vorauseilt, wie dies ganz generell bei autokratisch-organisierten Institutionen der Fall ist.

Volle Unterstützung

Vorläufig geniesst Zeltner zweifelsohne die volle Unterstützung aus Katar, so dass er in den nächsten Monaten eine einzigartige Expansionsstrategie wird verfolgen können. Mit der Bank am Bellevue und ihren bescheidenen 1,6 Milliarden Euro an Kundengeldern allein ist es allerdings noch nicht getan – die Akquisition weiterer, substanzieller Geldhäuser mit erheblich höheren Depots ist unerlässlich.

Wie weit es Zeltner gelingt, parallel dazu noch erfahrene Kundenberaterinnen und Kundenberater von der Konkurrenz abzuwerben, ist eine weitere Unbekannte. Er besitzt zwar zweifelsohne exzellente Kontakte in die UBS, wo er früher die Vermögensverwaltung verantwortet hat, doch ob sich langjährige Relationship Managers dazu motivieren lassen, mitsamt ihrer Kundenbücher unter das katarische Dach zu wechseln, wird eine spannende Beobachtung auf dem hiesigen Finanzplatz sein.

Zeltner hat es in der Hand, die nächste grosse Erfolgsgeschichte auf dem Schweizer Finanzplatz zu schreiben. Es wird allerdings kein einfaches Unterfangen sein.

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