Julius Bär wollte mit Kairos hoch hinaus – und stürzte ab. Inzwischen müht sich der dritte Bär-CEO mit der italienischen Tochter ab. Was läuft falsch?

Eine italienische Privatbank wollte Julius Bär einst zusammen mit dem Mailänder Asset Manager Kairos aufbauen, sie an die Börse bringen, zum führenden Wealth Manager für vermögende Kunden herausputzen – und nun dies: Julius Bär muss knapp 100 Millionen Franken auf der italienischen Tochter abschreiben. Kairos erlitt erneut «enttäuschende Abflüsse», hiess es am Dienstag.

Die Star-Asset-Manager aus Mailand, auf welche Julius Bär und vor allem der vormalige CEO Boris Collardi so grosse Stücke gesetzt hatten, sind zur Belastung der Zürcher Privatbank geworden.

Die Entwicklung hat sich bereits seit mehr als zwei Jahren abgezeichnet. Wie eine heisse Kartoffel hat Collardi Ende 2017 die teure Italien-Tochter an seinen Nachfolger Bernhard Hodler weiter gereicht.

Der suchte vergeblich nach Käufern – und reichte Kairos schliesslich an Philipp Rickenbacher weiter. Was nicht verkäuflich ist, muss wohl oder übel ganz geschluckt werden: Eine der ersten Amtshandlungen Rickenbachers als Bär-CEO im vergangenen September war, die Verkaufspläne von Kairos ganz zu begraben und eine «engere» Anbindung an Julius Bär anzukündigen.

Dabei hatte die «Romanza Italiana» von Julius Bär doch so schön begonnen.

Juli 2012: Erstmals werden die Kaufpläne von Julius Bär bekannt. Collardi, der praktisch gleichzeitig den Kauf von Merrill Lynch International vorantreibt, vereinbart mit den Kairos-Gründern eine schrittweise Übernahme, damals ein Mailänder Asset Manager mit 4,5 Milliarden Euro verwalteten Vermögen und über 115 Mitarbeitern.

November 2012: Der Kauf von 20 Prozent wird offiziell, zum Kaufpreis machte Julius Bär damals keine Angaben. Der Einstieg wird von grossen Ankündigungen begleitet: Eine italienische Privatbank namens Kairos Julius Bär SIM sei geplant, eine Banklizenz werde angestrebt. Ziel sei, die erste Vermögensverwaltungsadresse Italiens zu werden. Collardi schwärmte von den Gemeinsamkeiten zwischen Kairos und Julius Bär. Weil beide auf diskretionäres Portfolio Management setzten, seien die Unternehmenskulturen sehr ähnlich. CEO und Gründer Paolo Basilico bleibe an Bord.

Italien gilt plötzlich als interessanter Markt für Wealth Management. Die einheimischen Institute quälen sich noch mit den Folgen der Finanzkrise ab, die Durchdringung unter italienischen Vermögenden und Sparern mit Finanzprodukten ist noch verschwindend klein. Die Märkte befinden sich im Fieber des «Quantitative Easing».

November 2015: Kairos hat sich unter den Fittichen von Julius Bär prächtig entwickelt, die verwalteten Vermögen stiegen auf über 8 Milliarden Euro. CEO Collardi will nun weitere 60 Prozent übernehmen. Der Plan ist, Kairos später an die Börse zu bringen.

April 2016: Der Kaufpreis für den Anteil der 60 Prozent an Kairos wird bekannt: 276 Millionen Euro. Die Bewertung des Asset Managers steigt damit auf schwindelerregende 500 Millionen Franken. Doch Kairos läuft gut: Der Vorsteuergewinn für 2015 belief sich auf 56 Millionen Euro, die Bruttomarge erzielt rekordverdächtige 140 Basispunkte. Die Märkte brummen – noch. Der Börsengang steht weiterhin auf der Agenda, ein Datum steht allerdings noch nicht fest.

September 2016: Die Märkte sind volatiler, Collardi sagt, man sei etwas vom Gas gegangen. Die Kunden seien deutlich passiver geworden.

2017: Ein Spitzenjahr an der Börse. Kairos performt, die Mitarbeiter werden mit deutlich höheren Boni belohnt. Die Chance eines Börsengangs packt Collardi in diesem Jahr allerdings nicht – er beschäftigt sich bereits mit seinem Abgang zu Pictet.

Anfang 2018: Collardi hat Julius Bär verlassen. Eine der ersten Amtshandlungen seines Nachfolgers Hodler ist, die restlichen 20 Prozent von Kairos für gut 100 Millionen Franken übernehmen. Kairos habe sich hervorragend entwickelt, hiess es da noch. Und deutlich zurückhaltender: Ein Börsengang sei immer noch eine Option. Schon da wurde offensichtlich: Julius Bär fand keine Käufer für Kairos-Aktien. Die Traditionsbank hatte eine halbe Milliarde Franken für die Finanzboutique ausgegeben – und scheiterte mit den Plänen, durch den IPO eine Prämie einzufahren. Von den Plänen einer italienischen Privatbanken-Tochter ist nichts mehr übrig.

Ende 2018: Die Märkte spielen im letzten vierten Quartal verrückt. Die Kairos-Fonds tauchen. Es ranken sich Verkaufsgerüchte um die Italien-Tochter. Mit der italienischen Mediobanca zeigt ein möglicher Käufer öffentliches Interesse. Doch an den Preisvorstellungen scheitert es. Im Markt ist Kairos höchstens noch 350 Millionen Euro wert – zu wenig für Julius Bär, welche alleine rund 320 Millionen Franken Goodwill auf der Italien-Tochter hat.

April 2018: Mit Fabio Bariletti übernimmt ein neuer CEO die Geschicke von Kairos

September 2019: Die heisse Kartoffel Kairos geht an den neuen CEO Rickenbacher über. Der entscheidet kurz nach seiner Amtsübernahme: Kairos bleibt bei Bär und wird enger angebunden. Eine Folge: Die fähigen Manager verlassen Kairos, im Oktober nimmt ein ganzes Hedgefonds-Team den Hut.

November 2019: Nach dem erstmaligen 100-Millionen-Abschreiber verbleiben gemäss dem Geschäftsbericht von 2018 noch 217 Millionen Franken Kairos-Goodwill in den Bär-Büchern.

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