Tidjane Thiam ist zum letzten Mal als CEO der Credit Suisse vor die Medien getreten. Wer eine öffentliche Abrechnung erwartet hat, wurde enttäuscht. Seine Bitterkeit über den Abtritt versteckte Thiam hinter dem Spruch: «that's life».

Zum Schluss stand Tidjane Thiam alleine da, während sich alle Aufmerksamkeit und Kameras seinem Nachfolger als CEO der Credit Suisse (CS) Thomas Gottstein zuwandten.

Ein letztes Mal hat Thiam am Donnerstag die CS-Bühne im Forum St. Peter in Zürich für sich gehabt. Nach seinem erzwungenen Rücktritt in Folge der Beschattungsaffäre hatte ihm der Verwaltungsrat noch die Präsentation der Ergebnisse für das Jahr 2019 gewährt.

Das Narrativ des erfolgreichen Turnarounds

Diese blieb ohne Höhepunkte: Thiam hielt sich an das Narrativ der vergangenen letzten Quartale des erfolgreichen Turnarounds, der stabilen und qualitativ verbesserten Ertragslage, der erfolgreichen Strategie als globaler Vermögensverwalter mit starker Investmentbank. «Zum ersten Mal», so schloss der 57-Jährige als Beleg für seine erfolgreiche Amtszeit, «gelang allen Divisionen der CS ein starker Start ins Jahr 2020.»

Thiams Rückblick auf die letzten viereinhalb Jahre als CEO der zweitgrössten Schweizer Bank lässt sich als mit viel Eigenlob getränkte Erfolgsgeschichte lesen. Doch vergass er nicht, auch andere zu loben. Er freue sich, sagte er sodann, dass es seinem Team in diesem harten Wettbewerbsumfeld gelungen sei, gute Zahlen zu liefern.

Ein reines Gewissen

Das Lob galt dann vor allem seinem Nachfolger Thomas Gottstein. Wobei dieses Lob auch wieder auf ihn zurückfällt. Habe er doch Gottstein die Chance gegeben, die vom Ivorer als eigene Division aufgestellte Schweizer Einheit zu führen.

In seinen übrigen Ausführungen und Erklärungen bemühte sich Thiam sichtlich, seine Bitterkeit über den erzwungenen Abschied hinter einer Fassade der Professionalität zu verbergen.

Mit seinem Rücktritt sei er dem Wunsch des Verwaltungsrates gefolgt, was ihm auf Instagram sehr viele wohlwollende Kommentare beschert habe. «That's life», schob er noch nach und: «Ich gehe mit einem reinen Gewissen».

Enttäuschte Erwartungen

Die Untersuchungen der Kanzlei Homburger zu den Beschattungen von Iqbal Khan und Peter Goerke, beides ehemalige CS-Konzernleitungsmitglieder, hatten Thiam keine Mitwisserschaft nachweisen können. Doch hatten die Weigerung Thiams, eine Mitverantwortung für die Vorfälle auf sich zu nehmen, sowie seine angekratzte Glaubwürdigkeit und das beschädigte Image der ganzen Bank dem Verwaltungsrat keine andere Wahl gelassen, als Thiam zum Rücktritt zu bewegen.

«Ich bedauere die Ereignisse», wiederholte dieser noch einmal knapp. Erwartungen, dass er nun zur Rechtfertigung seines umstrittenen Managementstils ausholen, gar eine Beichte ablegen oder zumindest Ein- oder Zugeständnisse machen würde, selber Fehler begangen zu haben, enttäuschte Thiam.

Stattdessen gab er vielmehr seiner persönlichen Verletzung Ausdruck, dass in den Medien immer wieder Unwahrheiten über ihn geschrieben worden seien.

«Ich bin, wer ich bin»

Früher gemachte Vorwürfe, dass bestimmte Interessengruppen eine eigentliche Kampagne gegen ihn vom Zaun gerissen hätten, wiederholte Thiam diesmal nicht. Doch er machte deutlich, was er von der in die Medien getragenen Kritik hält, sein Führungsstil passe nicht zur Schweizer Mentalität: «Ich bin, wer ich bin», schloss er die Medienkonferenz.

Und Gottstein? Er soll Thiams Wunschkandidat für den Chefposten gewesen sein. Der frühere Investmentbanker steigt nun als CEO in ein deutlich grösseres Paar Schuhe – und die Anspannung war ihm anzumerken. Gottstein vergass nicht zu erwähnen, wem er diesen Karrieresprung zu verdanken hat: Thiam, «den ich zu meinen Freunden zähle».

Er sehe keinen Grund, irgendetwas an der Struktur oder der Strategie der Bank zu ändern, betonte Gottstein dann nochmals in der Traube von Journalisten, die sich unmittelbar nach dem Ende der Medienkonferenz im Foyer um ihn scharte. Derweil stand Thiam noch kurz alleine auf der Bühne, packte seine Aktentasche, um anschliessend praktisch unbemerkt seinen letzten öffentlichen CS-Anlass zu verlassen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.65%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.52%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.23%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.13%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.47%
pixel